Köln. ARD-Talkmasterin Anne Will weist Kritik am Niqab-Auftritt in ihrer Sendung zurück. Die Einladung von Nora Illi sei durchaus vertretbar.

Die Moderatorin Anne Will hat den Auftritt der vollverschleierten Schweizer Islamistin Nora Illi in ihrer Talkshow verteidigt. „Wir wussten, was wir tun, wenn wir Frau Illi einladen“, sagte Will der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Man habe sich gemeinsam mit der ARD vorgenommen, das Thema des „Tatort“-Krimis aufzugreifen und daraus einen Themenabend zu machen. „In diesem Kontext fand und finde ich es vertretbar, Frau Illi einzuladen“, betonte sie. Der „Tatort“ erzählte am vergangenen Sonntag von einer deutschen Schülerin, die zum Islam konvertiert ist und einen IS-Kämpfer heiraten möchte.

„Wir laden auch Gästen mit extremen Positionen ein“

Wenn man das ganze Spektrum des Themas abbilden wolle, sei es „beinahe zwingend, dass man auch eine radikalisierte Person in der Gesprächsrunde hat“. In der Sendung habe man zeigen wollen, was Illi über die diskutierte Frage denke. „Ich hätte es als journalistisches Versäumnis ersten Ranges empfunden, wenn wir genau das nicht gezeigt hätten“, sagte Will.

Den Vorwurf, nur um des bloßen Effektes willen Gäste mit extremen Positionen einzuladen, wies sie zurück: „Wir laden Gäste mit extremen Positionen nach gründlicher Abwägung ein, dann, wenn es zum Thema passt.“

Anne Will sieht Irrglauben bei Nora Illi

Als wichtig bezeichnete Will auch die Tatsache, dass vier Muslime in der Sendung waren, „die alle ihre eigene Auslegung des Islams leben und die darüber diskutierten, welche Auslegung des Islams noch zulässig ist“. Sie glaube, dass eine solche innerislamische Auseinandersetzung ein wichtiger Beitrag zu der im Moment stattfindenden Debatte sei.

Weiter sagte Will: „Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass sich irgendjemand vor dem Fernseher spontan radikalisiert hätte, als er Frau Illi gesehen hat.“ Das glatte Gegenteil sei der Fall: Man habe verstanden, welchem Irrglauben Illi aufsitze.

CDU-Mann Bosbach übt scharfe Kritik

Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der ebenfalls in der Sendung Wills zu Gast war, kritisierte den Auftritt Illis scharf. „Ich habe schon an einigen turbulenten Talkshows teilgenommen, aber solch eine offene Werbung eines Teilnehmers für den gewaltbereiten Islamismus habe ich noch nicht erlebt“, sagte der Innenexperte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der „Kölnischen Rundschau“.

Totalverhüllung und Fernsehen passten nicht zusammen, betonte Bosbach. „Es geht ja nie nur um das gesprochene Wort, es geht auch um Mimik und Gestik und die gesamte Persönlichkeit, mit der man diskutiert.“

Auch Schweizer Justiz ist „irritiert“

Der CDU-Bundestagsabgeordnete verteidigte zugleich seine Entscheidung, an der Talksendung teilzunehmen. Er habe Illi und ihren Thesen nicht widerspruchslos das Feld überlassen wollen: „Würde man aus Protest absagen, würde die Sendung von solchen Menschen dominiert, die brandgefährliche Thesen vertreten.“

Von dem Auftritt Illis, Funktionärin des Islamischen Zentralrates der Schweiz, hatte sich auch die Schweizer Justiz „irritiert“ gezeigt, die ein Vorstandsmitglied des Verbandes im Visier hat. Die 32-jährige Illi konvertierte im Alter von 18 Jahren zum Islam und zeigt sich seitdem nur mit einem Gesichtsschleier in der Öffentlichkeit. (epd)