Berlin. Wenn Künstliche Intelligenz mörderisch wird: Das Bremer „Tatort“-Team war mit einem etwas anderen Fall konfrontiert. Der Schnellcheck.

Das Bremer Ermittler-Duo Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen ) hatte es am Sonntag mit einem besonderen Fall zu tun. Oder besser gesagt: Mit einem besonderen Täter. Denn in „Echolot“ drehte sich alles um Künstliche Intelligenz (KI) und virtuelle Realität – quasi eine Science-Fiction-Version des „Tatorts“. Der technische Fortschritt wurde dem Opfer allerdings am Ende zum Verhängnis.

Wie realistisch war der Fall?

Vieles war reine Fiktion. Genau wie bereits in „HAL“, dem Stuttgarter „Tatort“ von Ende August. Der Berliner Cybersicherheitsexperte Sandro Gaycken sagte damals unserer Redaktion: „Rechner verfügen nur über das Wissen und die Kenntnisse, mit denen wir sie füttern. Viele Unternehmen experimentieren mit Künstlicher Intelligenz, die Erfolge sind gering.“

Ein Eigenleben entwickeln Computer nach wie vor nicht. Das war in „Echolot“ jedoch auch nur bedingt der Fall. Der Avatar „Nessa“ führte nur Befehle aus, die ihm in der Weise von einem Programmierer zuvor beigebracht wurden. Das Kombinationsvermögen von „Nessa“ dürfte das Machbare jedoch überstiegen haben.

Neuer Fall für das Bremer „Tatort“-Duo

„Echolot“ ist der mittlerweile 29. Kriminalfall für das „Tatort“-Ermittler-Duo aus Bremen. Für Schauspielerin Sabine Postel ist es sogar bereits der 34. Fall.
„Echolot“ ist der mittlerweile 29. Kriminalfall für das „Tatort“-Ermittler-Duo aus Bremen. Für Schauspielerin Sabine Postel ist es sogar bereits der 34. Fall. © RB TV | Christine Schroeder
Kriminalhauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) und ihr Kollege Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) haben es dieses Mal mit einem schweren Autounfall zu tun. Die Frage ist nur, wie es dazu kam.
Kriminalhauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) und ihr Kollege Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) haben es dieses Mal mit einem schweren Autounfall zu tun. Die Frage ist nur, wie es dazu kam. © RB TV | Christine Schroeder
Bei ihren Ermittlungen kommt aber zunächst große Verwirrung auf. Ist die vermeintlich tote Vanessa Arnold (Adina Vetter) gar nicht tot?
Bei ihren Ermittlungen kommt aber zunächst große Verwirrung auf. Ist die vermeintlich tote Vanessa Arnold (Adina Vetter) gar nicht tot? © RB TV | Christine Schroeder
Denn im Start-up-Unternehmen Golden Bird Systems angekommen, zu dessen Gründern die Tote zählte, treffen Lürsen und Stedefreund auf eine quicklebendig wirkende Vanessa Arnold.
Denn im Start-up-Unternehmen Golden Bird Systems angekommen, zu dessen Gründern die Tote zählte, treffen Lürsen und Stedefreund auf eine quicklebendig wirkende Vanessa Arnold. © RB TV | Christine Schroeder
Was sie zunächst nicht wissen: Bei der Erscheinung handelt es sich um eine digitale Version von Vanessa Arnold – einen Avatar, der auf seine Umgebung reagiert, menschliche Mimik und Gestik zeigt und im Verhalten kaum von einem echten Menschen unterschieden werden kann.
Was sie zunächst nicht wissen: Bei der Erscheinung handelt es sich um eine digitale Version von Vanessa Arnold – einen Avatar, der auf seine Umgebung reagiert, menschliche Mimik und Gestik zeigt und im Verhalten kaum von einem echten Menschen unterschieden werden kann. © RB TV | Christine Schroeder
Doch in der Gerichtsmedizin werden dann jegliche Zweifel ausgeräumt. Die Kollegen Paul Beck (Christoph Schechinger, 2.v.r.) und Kai Simon (Lasse Myhr, 2.v.l.) identifizieren die Leiche. Vanessa Arnold ist tot, nur ihre digitale Version „Nessa“, der persönliche digitale Assistent der Gründerin – eine Eins-zu-eins-Kopie ihrer selbst – lebt weiter.
Doch in der Gerichtsmedizin werden dann jegliche Zweifel ausgeräumt. Die Kollegen Paul Beck (Christoph Schechinger, 2.v.r.) und Kai Simon (Lasse Myhr, 2.v.l.) identifizieren die Leiche. Vanessa Arnold ist tot, nur ihre digitale Version „Nessa“, der persönliche digitale Assistent der Gründerin – eine Eins-zu-eins-Kopie ihrer selbst – lebt weiter. © RB TV | Christine Schroeder
Das aufwendig, über viele Jahre entwickelte Programm „Nessa“ steht kurz vor der Produkteinführung, was durch den Tod der Unternehmerin gefährdet wird.
Das aufwendig, über viele Jahre entwickelte Programm „Nessa“ steht kurz vor der Produkteinführung, was durch den Tod der Unternehmerin gefährdet wird. © RB TV | Christine Schroeder
Währenddessen konzentrieren sich die Ermittlungsarbeiten vor allem auf den Unfallwagen.
Währenddessen konzentrieren sich die Ermittlungsarbeiten vor allem auf den Unfallwagen. © RB TV | Christine Schroeder
BKA-Ermittlerin Linda Selb (Luise Wolfram, Mitte) nimmt die Software des Autos genauer unter die Lupe und findet dabei heraus, dass hier definitiv nachgeholfen wurde.
BKA-Ermittlerin Linda Selb (Luise Wolfram, Mitte) nimmt die Software des Autos genauer unter die Lupe und findet dabei heraus, dass hier definitiv nachgeholfen wurde. © RB TV | Christine Schroeder
Nicht nur für die Mitbegründer von Golden Bird Systems ist der Tod von Vanessa Arnold ein Schock.
Nicht nur für die Mitbegründer von Golden Bird Systems ist der Tod von Vanessa Arnold ein Schock. © RB TV | Christine Schroeder
Auch Lilly Arnold (Emilia Pieske), Vanessas kleine Tochter, leidet unter dem Tod.
Auch Lilly Arnold (Emilia Pieske), Vanessas kleine Tochter, leidet unter dem Tod. © RB TV | Christine Schroeder
Doch sie redet weiterhin über ein Tablet per Videoübertragung mit „Nessa“, als sei es ihre reale Mutter.
Doch sie redet weiterhin über ein Tablet per Videoübertragung mit „Nessa“, als sei es ihre reale Mutter. © RB TV | Christine Schroeder
Den Tod ihrer Mutter macht ein Besuch in der Gerichtsmedizin für das kleine Mädchen greifbar.
Den Tod ihrer Mutter macht ein Besuch in der Gerichtsmedizin für das kleine Mädchen greifbar. © RB TV | Christine Schroeder
Die Ermittlungen von Lürsen und Stedefreund konzentrieren sich auch auf die Mitarbeiter von Golden Bird Systems.
Die Ermittlungen von Lürsen und Stedefreund konzentrieren sich auch auf die Mitarbeiter von Golden Bird Systems. © RB TV | Christine Schroeder
Haben Paul Beck, Kai Simon oder David Arnold (Matthias Lier, l.) Vanessa Arnold ausgeschaltet, weil sie die Markteinführung von „Nessa“ verhindern wollte?
Haben Paul Beck, Kai Simon oder David Arnold (Matthias Lier, l.) Vanessa Arnold ausgeschaltet, weil sie die Markteinführung von „Nessa“ verhindern wollte? © RB TV | Christine Schroeder
Während der Ermittlungen kommen weitere Firmeninterna ans Licht, die den Verdacht erhärten lassen, der Mörder könnte aus den Reihen des Start-up-Unternehmens kommen.
Während der Ermittlungen kommen weitere Firmeninterna ans Licht, die den Verdacht erhärten lassen, der Mörder könnte aus den Reihen des Start-up-Unternehmens kommen. © RB TV | Christine Schroeder
Die Mitbegründer Paul Beck und Kai Simon sowie David Arnold, der Vater der kleinen Lilly, hüllen sich jedoch in Schweigen. Aber „Nessa“ könnte bei den Ermittlungen helfen.
Die Mitbegründer Paul Beck und Kai Simon sowie David Arnold, der Vater der kleinen Lilly, hüllen sich jedoch in Schweigen. Aber „Nessa“ könnte bei den Ermittlungen helfen. © RB TV | Christine Schroeder
„Nessa“ speicherte auch Daten über Vanessa Arnolds Gefühle, Stimmungen und Tagesabläufe.
„Nessa“ speicherte auch Daten über Vanessa Arnolds Gefühle, Stimmungen und Tagesabläufe. © RB TV | Christine Schroeder
Ob das letztendlich bei der Aufklärung des Falls helfen kann?
Ob das letztendlich bei der Aufklärung des Falls helfen kann? © RB TV | Christine Schroeder
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Lustigster Satz

Beim Start-up-Unternehmen Golden Bird Systems trafen die Ermittler auf „Nessa“ – und hielten sie für Vanessa Arnold.

Lürsen: Das ist ja interessant, da läuft unsere Tote.

Bester Dialog

Den amüsantesten Dialog lieferten sich Die Ermittler Lürsen und Stedefreund mit der etwas unterkühlten BKA-Spezialistin Linda Selb.

Lürsen: Jetzt machen Sie es mal nicht so spannend.

Linda Selb: Spannend?

Lürsen: Ja, das sagt man so.

Selb: Achso, Sie wollen eine These.

Lürsen: Ja, wenn Sie so wollen.

Selb: Aber das ist jetzt ironisch, ‘ne?

Stedefreund: Ja, Linda, ‘ne These, was genau passiert ist.

Selb: Warum sagt Ihr das nicht einfach?

Wie viel Bremen steckte in „Echolot“?

Ob die großen Entwickler aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz nun unbedingt aus Bremen kommen, sei mal dahingestellt. Zumindest was die Drehorte anbelangt, steckte eine Menge Bremen in der Folge. So sind die Szenen zu dem Autounfall direkt zu Beginn des „Tatorts“ im Blockland gedreht worden – flaches Land, viel Grün.

Die Hauptkulisse, das Start-up-Unternehmen Golden Bird Systems, residierte im Waller Hafengebiet in einem Backsteingebäude des alten Kaffee-HAG-Kontors. Auch nach Bremen-Nord sowie an die Bremer Schlachte – die Flaniermeile an der Weser – führte es die Ermittler. Typisches Bremen-Flair eben.

Warum der Bremer „Tatort“ besser ist als sein Ruf

Erst kürzlich ist ein neues „Tatort“-Ranking veröffentlicht worden, ermittelt aus den Einschaltquoten. Dabei landeten die Bremer Ermittler nur auf dem 17. Rang – von 26. Eine ernüchternde Bilanz. Denn der „Tatort“ aus der Hansestadt ist eigentlich deutlich besser als sein Ruf. Gut, einen zweiten Thiel und Boerne haben die Hanseaten nicht zu bieten. Denn anders als in vielen anderen „Tatorten“ steht hier nicht das Ermittler-Duo im Vordergrund. Es geht vielmehr um den Fall, um die Geschichte.

Dadurch sind zwar schnippische, witzige Sprüche wie in Münster oder Ausraster wie beim Hauptkommissar in Dortmund rar gesät, aber dafür bemühen sich die Drehbuchautoren immer wieder aktuelle Themen von gesellschaftlicher Relevanz aufzugreifen.

In diesem Fall eben das Thema Künstliche Intelligenz. Dass das erst kürzlich im Stuttgarter „Tatort“ im Mittelpunkt stand, ist wohl unter schlechtes Timing zu verbuchen.

Trotz wiederkehrender Kritik – die Bremer lieben ihren „Tatort“. Nicht umsonst ist Sabine Postel bereits zur Ehrenkommissarin der Polizei ernannt worden. Außerdem freuen sich die Bremer jedes Mal, wenn sie das „Tatort“-Team irgendwo bei Dreharbeiten entdecken – und anschließend die vertrauten Orte im Fernsehen bewundern können. Denn im Vergleich zu Köln, Berlin oder Hamburg kommen Filmarbeiten in Bremen deutlich seltener vor.

Starke Frauen ermitteln im „Tatort“

Charlotte Lindholm ermittelt seit 2002 als etwas unterkühlte LKA-Beamtin in Hannover. Gespielt wird sie von Maria Furtwängler, die zuletzt mit der Episode „Spielverderber“ etwa 10,55 Millionen Zuschauer anlockte.
Charlotte Lindholm ermittelt seit 2002 als etwas unterkühlte LKA-Beamtin in Hannover. Gespielt wird sie von Maria Furtwängler, die zuletzt mit der Episode „Spielverderber“ etwa 10,55 Millionen Zuschauer anlockte. © NDR | Marc Meyerbröker
In der Sonderepisode „Fünf Minuten Himmel“ kehrt Hauptkommissarin Berlinger nach 14 Jahren nach Freiburg zurück und meistert ihren ersten Fall: Ein Jobcenter-Mitarbeiter hat scheinbar Suizid begangen, doch schnell bestätigt sich Berlingers Gespür, dass sich mehr hinter dem Fall verbirgt.
In der Sonderepisode „Fünf Minuten Himmel“ kehrt Hauptkommissarin Berlinger nach 14 Jahren nach Freiburg zurück und meistert ihren ersten Fall: Ein Jobcenter-Mitarbeiter hat scheinbar Suizid begangen, doch schnell bestätigt sich Berlingers Gespür, dass sich mehr hinter dem Fall verbirgt. © SWR | SWR-Pressestelle/Fotoredaktion
... ihren Kollegen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) im Wiener „Tatort“.
... ihren Kollegen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) im Wiener „Tatort“. © rbb/ORF | Petro Domenigg
 Mit Christian Ulmen als Lessing (ohne Vornamen) bildet sie ein schräges Duo.
Mit Christian Ulmen als Lessing (ohne Vornamen) bildet sie ein schräges Duo. © MDR | Andreas Lander
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert ermittelt schon am „Tatort“ Ludwigshafen. Damit ist die TV-Kommissarin, gespielt von Ulrike Folkerts, nach Angaben des Südwestrundfunks eine der ersten Ermittlerinnen – und heute die dienstälteste.
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert ermittelt schon am „Tatort“ Ludwigshafen. Damit ist die TV-Kommissarin, gespielt von Ulrike Folkerts, nach Angaben des Südwestrundfunks eine der ersten Ermittlerinnen – und heute die dienstälteste. © SWR | Alexander Kluge
Für die Neu-Auflage des „Tatorts“ aus Dresden geht erstmals ein rein weibliches Ermittlerduo an den Start. Karin Gorniak und Henni Sieland, gespielt von Karin Hanczewski (r.) und Alwara Höfels (l.), sind seit dem 6. März 2016 das junge Team des MDR.
Für die Neu-Auflage des „Tatorts“ aus Dresden geht erstmals ein rein weibliches Ermittlerduo an den Start. Karin Gorniak und Henni Sieland, gespielt von Karin Hanczewski (r.) und Alwara Höfels (l.), sind seit dem 6. März 2016 das junge Team des MDR. © MDR | Andreas Wünschirs
Inga Lürsen ist seit 1997 als Hauptkommissarin in Bremen im Dienst. Gespielt wird die oft ruppige Ermittlerin von Sabine Postel. „Harte Schale, weicher Kern“ – so beschreibt die ARD ihre Rolle.
Inga Lürsen ist seit 1997 als Hauptkommissarin in Bremen im Dienst. Gespielt wird die oft ruppige Ermittlerin von Sabine Postel. „Harte Schale, weicher Kern“ – so beschreibt die ARD ihre Rolle. © Radio Bremen | Jörg Landsberg
Seit Dezember 2001 bildet Lürsen zusammen mit Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) das Ermittlerteam in den „Tatort“-Filmen von Radio Bremen.
Seit Dezember 2001 bildet Lürsen zusammen mit Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) das Ermittlerteam in den „Tatort“-Filmen von Radio Bremen. © Radio Bremen | Jörg Landsberg
Die Konstanzer Kommissarin Klara Blum gehört seit 2002 zu den „Tatort“-Ermittlerinnen. Gespielt wird Blum von Eva Mattes – allerdings nicht mehr lang: Am 4. Dezember 2016 lief die letzte Folge des Bodensee-„Tatorts“.
Die Konstanzer Kommissarin Klara Blum gehört seit 2002 zu den „Tatort“-Ermittlerinnen. Gespielt wird Blum von Eva Mattes – allerdings nicht mehr lang: Am 4. Dezember 2016 lief die letzte Folge des Bodensee-„Tatorts“. © SWR | Peter Hollenbach
Unterstützung erhält Blum von Hauptkommissar Kai Perlamm, gespielt von Sebastian Bezzel.
Unterstützung erhält Blum von Hauptkommissar Kai Perlamm, gespielt von Sebastian Bezzel. © SWR | Stephanie Schweigert
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Interessanter Aspekt

Adina Vetter spielte Vanessa Arnold und auch deren digitale Version „Nessa“.
Adina Vetter spielte Vanessa Arnold und auch deren digitale Version „Nessa“. © RB TV | Christine Schroeder

Schauspieler, die eine Leiche im „Tatort“ spielen, haben meist nicht allzu viel zu tun. Immerhin stirbt derjenige meist binnen der ersten zehn Minuten des Films. Für Schauspielerin Adina Vetter war das anders. Sie spielte zwar die verstorbene Vanessa Arnold, schlüpfte danach jedoch in die Rolle der persönlichen digitalen Assistent „Nessa“. Somit hat sie im Grunde nicht nur die Leiche, sondern auch die „Mörderin“ gespielt.