Berlin. Staraufgebot im neuen ZDF-Zweiteiler: Iris Berben will Jürgen Vogel im Zweiteiler „Familie!“ zu seinem Glück zwingen. Ob das gutgeht?

Gerade erst hat seine Freundin ein Mädchen zur Welt gebracht, schon zerwühlt er mit der Kollegin das Lotterbett: Nein, Partnerpflichten und Familienglück sind dem Sternekoch Lennart fremd, womöglich auch, weil er Opfer einer verkorksten Jugend im Berliner Großbürgertum ist. Das könnte eine TV-Schmonzette werden, es wird aber blutiger Ernst.

Ein Mann kann sich zwischen zwei Frauen und zwei Welten nicht entscheiden; eine Mutter, die nie für ihn da war, versucht ihn zu bekehren und stößt an die Grenzen ihres eigenen fragwürdigen Lebensentwurfs: Regisseur Dror Zahavi wirft die großen Fragen des Zusammenlebens, der Identitätssuche und zwischenmenschlicher Beziehungen auf in seinem zweiteiligen Drama „Familie!“ und hat dafür immerhin ein publikumswirksames Ensemble versammelt. An der Spitze: Iris Berben, Jürgen Vogel und Anna Maria Mühe.

Iris Berben spielt erfolgreiche Anwältin

Vogel gibt mit dem Restaurantchef Lennart Behrwaldt einmal mehr den deformierten Burschen, auf den er abonniert scheint: fragend, verschlossen, immer im Fluchtmodus. Auf dem Motorrad oder in der Küche seines Lokals blüht er auf, das unselige Hin und Her zwischen Freundin Melanie (Mühe) und seiner Sous-Chefin Nida (Natalia Belitski) könnte für ihn immer so weitergehen, weil er sich nicht entscheiden mag.

Seine Mutter Lea (Berben), erfolgreiche Hamburger Anwältin, kommt nach Berlin, um das Leben ihres Sohns zu ordnen; natürlich kommt es zum Knall, aus dem der Film sein dramatisches Potenzial zu schöpfen versucht. Lennart soll mit Familie in die alte Berliner Villa ziehen, in der er seine Jugend verbrachte und in der seine Großmutter (Marie Anne Fliegel) vereinsamt. Lea hat sich der Karriere verschrieben, eine Ehe nie geführt.

Reiche Familie vs. herzensgutes Proletarierpaar

Iris Berben als toughe Matriarchin, das passt gut. Und ja, über der ebenso reichen wie unterkühlten Familie liegt ein dunkles Geheimnis, das sich etwas aufdringlich in Lennarts Halluzinationsschüben andeutet.

Als Kontrastprogramm setzt Zahavi den Behrwaldts die bodenständige Handwerkerfamilie von Melanie entgegen, bei der Werner Wölbern und ganz besonders Katharina Thalbach mit Lust die Klischees eines herzensguten Proletarierpaars bedienen, dem selbst Alkoholismus und Arbeitslosigkeit nichts anhaben können. Das vorhersehbare Aufeinanderprallen der Kulturen erzeugt hier und da ein paar heitere Momente – und natürlich nähert man sich an.

Familiendrama mit ein paar Längen

Dass Lennarts Geliebte Nida von einem russischen Geldeintreiber drangsaliert wird, der sich um die Spielschulden ihres Ex-Manns im fernen Litauen kümmert, setzt einen überflüssigen Krimitupfer auf die Geschichte. Die allerdings kann ihre Längen besonders im zweiten Teil nicht verbergen.

Fazit: Groß angelegtes Familiendrama mit ein paar Längen. Gut gespielt.

ZDF, 10. Oktober, 20.15 Uhr