Berlin. Die Flüchtlingskrise entspannt sich. Sandra Maischberger ließ die Frage diskutieren, wie viel Anteil die Bundeskanzlerin daran hat.

Das Scheitern der ungarischen Regierung beim Referendum über die Verteilungen von Flüchtlingen in der EU ist in Europa vielerorts mit Genugtuung aufgenommen worden. Bei der Wahl hatte sich am Sonntag zwar eine überwältigende Mehrheit gegen ein automatisches Verteilungssystem ausgesprochen; allerdings war das Quorum mit einer Wahlbeteiligung von deutlich unter 50 Prozent klar verfehlt worden.

Auch abseits von Ungarn stehen die Zeichen in der Flüchtlingskrise derzeit auf Entspannung. Der EU-Türkei-Deal zeigt bereits länger Wirkung, und selbst im vergangenen Jahr kamen weniger Menschen nach Deutschland, als bisher angenommen wurde.

Diese Lage war am Mittwochabend auch Thema bei Sandra Maischberger. „Zeigt sich jetzt, dass Merkels Flüchtlingspolitik viel weitsichtiger war als alle Untergangsszenarien?“, fragte die Redaktion. Diskutiert wurde das Thema von Anton Hofreiter (Grüne), Beatrix von Storch (AfD), dem luxemburgischen Außenminister Jean Asselborn, dem ungarischen Diplomaten Gergely Pröhle und von der Journalistin Lea Rosh.

Von Storch: „Das ist Volkes Stimme“

Beatrix von Storch verlegte sich auf die üblichen Attacken gegen die Kanzlerin. „Merkel hat die Welt eingeladen, zu uns zu kommen“, sagte die stellvertretende AfD-Vorsitzende. Daher könne sie auch die Ausfälle verstehen, die von einer kleinen aber lautstarken Gruppe bei den Einheitsfeierlichkeiten in Dresden ausgingen. „Das sind unschöne Worte, aber das ist Volkes Stimme“, sagte von Storch. Als Universal-Vorschlag für alle Probleme führte sie die Befragung des Volkes an. „Natürlich wollen wir helfen, aber heimatnah“, sagte von Storch zur Flüchtlingskrise.

Die stärkste Gegenposition dazu nahm Lea Rosh ein. „Wir brauchen eine Führungspersönlichkeit wie Angela Merkel“, sagte die Journalistin. Die Kanzlerin halte Europa zusammen und das in Zeiten, in denen der Nationalismus auf dem Vormarsch sei. Die aggressive Stimmung in Dresden verurteilte Rosh. „Das ist wirklich Pöbel“, sagte sie. Geschürt werde die Aggression durch die AfD. „Diese Partei ist demokratiefeindlich, sie ist gegen unser Land.“

Asselborn: „Sie schüren Hass und Neid“

Lob für Merkels Flüchtlingspolitik kam auch von Jean Asselborn. Die Kanzlerin habe mit ihrer Entscheidung, im September 2015 die Flüchtlinge aus Ungarn nicht abzuwehren, nach all den Schrecken der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein edles Bild von Deutschland gezeichnet, sagte der luxemburgische Außenminister. Die Dresdner Ausfälle seien dagegen ein Bild, das Angst mache. An von Storch gewandt warnte Asselborn vor einem Spiel mit dem Feuer. „Sie schüren Hass und Neid. Ich hoffe, dass Sie schnell wieder verschwinden.“

Sogar Gergely Pröhle konnte der Kanzlerin etwas abgewinnen. „Wir sind am Erfolg von Angela Merkel interessiert“, sagte der frühere Botschafter Ungarns in Deutschland. Allerdings sei Deutschland unter Merkel zuletzt instabil geworden. Das müsse sich zugunsten von ganz Europa wieder ändern. Zugleich verteidigte Pröhle die ungarische Haltung in der Flüchtlingskrise: Eine Verteilungsquote werde nicht funktionieren. Zudem habe sich sein Land sehr wohl europäisch verhalten, indem es die Außengrenze der EU schütze.

Von Storch wird festgenagelt

Anton Hofreiter wollte sich zu einem direkten Lob für Angela Merkel nicht durchringen. „Es geht hier nicht um einzelne Personen“, sagte der Parteichef der Grünen. „Wenn Europa nur noch an Merkel hängt, muss man sich noch größere Sorgen machen.“ Der AfD warf er vor, eine „Fantasie von einem homogenen Volk“ zu haben. Führende Politiker der Partei würden immer wieder ausfallend werden, um die Aussagen hinterher wieder zu relativieren.

Ein gutes Beispiel für diesen Vorwurf lieferte die Gastgeberin, indem sie in ihrer 500. Sendung Beatrix von Storch bezüglich der großen AfD-These festnagelte, Merkel habe mit ihrer Politik im September 2015 einen „Flüchtlingsansturm“ ausgelöst. Ob denn diese Behauptung noch haltbar sei, jetzt da klar sei, dass die schon im Juli 2015 aufgestellte Prognose von rund 800.000 Flüchtlingen sich bewahrheitet habe und Merkel somit doch wohl kaum verantwortlich gemacht werden könne. Maischberger musste mehrfach nachhaken, bis Beatrix von Storch endlich halbwegs inhaltlich auf die Frage einging. Doch nicht etwa, indem sie die Haltlosigkeit der Behauptung einräumte. Nein, die Zahlen des Bundesinnenministeriums seien wohl falsch, befand die AfD-Politikerin.

Zur Ausgabe von „Maischberger“ in der ARD-Mediathek