Berlin. Drei Liechtensteiner Gründer hätten 60 Prozent ihres Umsatzes abgegeben, doch ihr Investor wollte bloß 15. Welcher „Löwe“ ist so fair?

In der freien Wirtschaft steht Gewinnmaximierung über allem? Unternehmer sind völlig rücksichtslos und nur auf den größtmöglichen Profit aus? Mag sein, dass das gelegentlich zutrifft. Mag sein, dass das auch für diesen Investor zutrifft, wenn ihm bei seinen Verhandlungen nicht gerade drei Millionen Menschen zuschauen. Doch in der neuesten Ausgabe von „Die Höhle der Löwen“ am Dienstagabend gab Event-Unternehmer Jochen Schweizer das Schmusekätzchen – zum Vorteil eines Gründerteams aus Liechtenstein.

Die Bescheidensten

Vielleicht waren sie froh, dass überhaupt jemand in „froogies“ investieren wollte; vielleicht hatten sie auch einfach keine Ahnung, wie groß der Anteil landläufig ist, den man vom Umsatz an den Investor abgibt. Jedenfalls waren Sarah Nissl-Elkuch, Philippe Nissl und Patrick Elkuch ganz schön spendabel, als sie Jochen Schweizer 60 Prozent sogenannte Royalty abgeben wollten für einen noch zu entwickelnden Drink auf Basis ihres zusatzstofffreien Fruchtpulvers.

„Das würde ich nicht machen! Das ist zu viel!“, war der Investor fast schon erschrocken. Er wolle schließlich, dass die Gründer auch etwas daran verdienen und wachsen können. „Ich dachte an 15 Prozent Royalty und zwar nur so lange, bis meine investierten 40.000 Euro zurückgeflossen sind. Danach fällt sie auf den weltweiten Standard von fünf Prozent.“

Klar, dass die Gründer da zuschlugen.

Der beste Auftritt ohne Deal

Weit weniger freigiebig waren die Gründer von „Vocier“, dem weltweit ersten Koffersystem, mit dem Anzüge knitterfrei transportiert werden können. Vinzent Wuttke und Michael Kogelnik aus Düsseldorf und Wien hinterließen bei allen „Löwen“ einen hervorragenden Eindruck – investieren wollte am Ende aber nur einer.

„Vocier“-Mitgründer Vinzent Wuttke (28) weiß, wie Anzüge in Koffern nicht knittern.
„Vocier“-Mitgründer Vinzent Wuttke (28) weiß, wie Anzüge in Koffern nicht knittern. © VOX | "Vocier"

„Ich möchte Ihnen ein Kompliment machen. Genau das braucht man“, urteilte Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer: „Wunderbar. Ganz toll!“ Aber: Er fürchtete, das Duo könnte von den Weltmarktführern überholt werden, wenn die Idee einmal bis dorthin durchgesickert sei. „Das ist das schlimmste Argument, das man machen kann“, konterte Start-up-Investor Frank Thelen: „Dann dürften wir gar keine Start-ups mehr gründen.“ Er war sicher: „Ihr seid schneller, ihr seid besser, ihr werdet gegen die Großen gewinnen.“ Aber: „Es ist nur saublöd, dass ich keine Anzüge trage.“

„DS Produkte“-Geschäftsführer Ralf Dümmel, definitiv Anzugträger, hätte hingegen gerne investiert. Allerdings wollte er statt der angebotenen fünf Prozent Firmenanteile 15 – zu viel für die Gründer. Sie lehnten ab.

Der hipste Deal

Dieses Produkt dürfte die Jutebeutel-Träger-Szene des Landes ganz wuschig machen: „Lizza“, ein Pizzateig, der alles hat, was zu einer guten Hipster-Ernährung gehört. Er besteht aus Leinsamen-, Chiasamen-, Kokos- und Flohsamenmehl, ist daher glutenfrei, super-super gesund, low carb, kalorienarm, hefefrei, ach ja, und schmecken tut er angeblich auch noch.

150.000 Euro forderten die Gründer Marc Schlegel und Matthias Kramer, um davon neue Maschinen für die Produktion zu kaufen. Im Gegenzug wollten sie zehn Prozent ihrer Firma abtreten. Maschmeyer und Thelen waren interessiert, allerdings hätten sie gerne 15 Prozent gehabt – jeder von ihnen. Am Ende kamen sie zusammen auf 25 Prozent – und die Gründer zu ihrem Investment.

Der Selbstüberschätzer des Abends

Es hätte der größte Deal in der „Die Höhle der Löwen“-Geschichte werden können. Drei Millionen Euro wollte der Schweizer Andreas Felsel haben. Schließlich plante er mit „WeCharge“ nichts Geringeres als die Revolution der Energiebranche. Blöd nur, dass keiner so richtig verstand, wie genau der 40-Jährige das umsetzen will oder was sein Unternehmen genau macht.

Konnte für „WeCharge“ keinen Investor finden: Andreas Felsl.
Konnte für „WeCharge“ keinen Investor finden: Andreas Felsl. © VOX | WeCharge

„Das ist so ein wirrer Misthaufen! Da gibt’s so viele andere, die sich viel mehr Gedanken gemacht haben“, urteilte etwa Thelen. Die Grundidee, nämlich das Problem der fehlenden Ladestationen für elektronisch betriebene Fahrzeuge zu lösen, fand er zwar gut, „aber das klingt alles noch zu sehr nach Studentenprojekt“. Als Felsel das Feld ohne Deal geräumt hatte, wurde auch Maschmeyer deutlich: „Der gründet einen Sportverein und meldet sich direkt in der Champions League an.“

Der Schau-her-wie-toll-ich-bin-Moment

Dass da nur einer in der Runde spielt, ließ Maschmeyer dann auch während der Vorstellung der nächsten Gründerin durchsickern. Die präsentierte mit „My Make-up Light“ LED-Leuchten, die sich per Saugknopf an jeden Spiegel pappen lassen. Sie sollen den täglichen Qualen jeder beautybewussten Frau ein Ende setzen, die sich mal wieder wegen des schlechten Lichts im Bad mit Make-up-Rändern, zu viel Rouge und unpassenden Farben im Gesicht herumärgern muss.

„Vor ein paar Jahren hätte ich noch den Kopf geschüttelt: Was soll der ganze Lichtkram?“, sagte Maschmeyer. „Aber durch meine Frau komme ich ja auch mit der Hollywood-Welt in Berührung und als wir bei den Beckhams zu Hause waren, dachte ich im Bad, ich stehe im Lichterladen. Ich glaube, dass Sie das Problem vieler Frauen lösen.“ Betonung auf: „Als wir mal bei den Beckhams waren“.

Der frechste Spruch

„My Beauty Light“-Gründerin Susie Armonies setzt mit ihrem Produkt das Badezimmer ins rechte Licht.
„My Beauty Light“-Gründerin Susie Armonies setzt mit ihrem Produkt das Badezimmer ins rechte Licht. © VOX | "My Beauty Light"

Die Leuchten von Susi Armonies überzeugten also schon selber, doch auch die 31-Jährige präsentierte sich als taffe Gründerin. Als Thelen testen wollte, wie das mit dem Dimmen funktioniert und nicht gleich dahinterstieg, sagte Armonies: „Das verstehen die Mädels!“ Thelen konnte es verschmerzen, schließlich hat gerade er keine Ahnung von Technik. Oder so. Den Deal gab’s am Ende aber nicht mit ihm, sondern mit Beauty-Expertin Judith Williams und Ralf Dümmel. War Armonies sicher auch recht.

Der rührendste Gründer

Auch zwei Rückschauen gönnte sich die Sendung. Und in einer davon wurde es richtig emotional. Karl-Heinz Bilz, 60 Jahre und von Beruf Sanitär- und Heizungshandwerksmeister, hatte sich vor einem Monat mit seiner „Abfluss-Fee“ erfolgreich um ein Investment beworben. Damals hatte er gerade einmal 600 von seinen Waschbeckenstöpseln mit Selbstreinigungsfunktion verkauft, mit Dümmels Hilfe wurden seitdem 350.000 Stück an 18.000 Filialen großer deutscher Händler geliefert. Der Umsatz: fünf Millionen Euro in den ersten Wochen.

Als Bilz sein Produkt im Handel stehen sah, wurde er ganz rührselig. Sogar ein paar Tränchen kullerten dem gestandenen Handwerker übers Gesicht. Das ließ auch Investor Dümmel nicht kalt. Die beiden Männer fielen sich in den Arm. Noch ein Schmusekätzchen in der rauen Wirtschaftswelt.

Die neue Jury von „Die Höhle der Löwen“

Sie sind die Investoren und Jury-Mitglieder der dritten Staffel von „Die Höhle der Löwen“: Carsten Maschmeyer (v.l.n.r., neu dabei), Judith Williams, Ralf Dümmel (Chef des internationalen Handelsunternehmens DS und ebenfalls neu dabei), Frank Thelen und Jochen Schweizer.
Sie sind die Investoren und Jury-Mitglieder der dritten Staffel von „Die Höhle der Löwen“: Carsten Maschmeyer (v.l.n.r., neu dabei), Judith Williams, Ralf Dümmel (Chef des internationalen Handelsunternehmens DS und ebenfalls neu dabei), Frank Thelen und Jochen Schweizer. © dpa | Christian Charisius
Unternehmerin Judith Williams sitzt bereits seit Staffel eins in der Jury der Gründer-Show.
Unternehmerin Judith Williams sitzt bereits seit Staffel eins in der Jury der Gründer-Show. © VOX | Bernd-Michael Maurer
Die 44-Jährige vertreibt mit der „Judith-Williams-Markenwelt“ die größte europäische Teleshopping-Marke im internationalen Verkaufsfernsehen.
Die 44-Jährige vertreibt mit der „Judith-Williams-Markenwelt“ die größte europäische Teleshopping-Marke im internationalen Verkaufsfernsehen. © imago/Spöttel Picture | Spöttel Picture
Investor Frank Thelen (40) gründet seit mehr als zwei Jahrzehnten Start-ups.
Investor Frank Thelen (40) gründet seit mehr als zwei Jahrzehnten Start-ups. © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka
Seit 2014 sucht Thelen bei „Die Höhle der Löwen“ nach neuen Investitionsmöglichkeiten.
Seit 2014 sucht Thelen bei „Die Höhle der Löwen“ nach neuen Investitionsmöglichkeiten. © VOX | Bernd-Michael Maurer
Auch Jochen Schweizer (59) ist seit der ersten Staffel einer der „Löwen“.
Auch Jochen Schweizer (59) ist seit der ersten Staffel einer der „Löwen“. © VOX | Bernd-Michael Maurer
Der ehemalige Stuntman beschäftigt bei seiner Jochen Schweizer Unternehmensgruppe mehr als 500 Mitarbeiter.
Der ehemalige Stuntman beschäftigt bei seiner Jochen Schweizer Unternehmensgruppe mehr als 500 Mitarbeiter. © imago/Lumma Foto | Lumma Foto
Neuer „Löwe“ im Team: Carsten Maschmeyer, Investor, Berater und Gründer des umstrittenen Finanzdienstleisters AWD.
Neuer „Löwe“ im Team: Carsten Maschmeyer, Investor, Berater und Gründer des umstrittenen Finanzdienstleisters AWD. © VOX | André Schrieber
Der 57-Jährige ist der Ehemann von Schauspielerin Veronica Ferres (51).
Der 57-Jährige ist der Ehemann von Schauspielerin Veronica Ferres (51). © Getty Images for BMW | Andreas Rentz
Ebenfalls neu in der Jury von „DHDL“: Ralf Dümmel, Chef des internationalen Handelsunternehmens DS Produkte GmbH.
Ebenfalls neu in der Jury von „DHDL“: Ralf Dümmel, Chef des internationalen Handelsunternehmens DS Produkte GmbH. © VOX | Stefan Gregorowius
© VOX | Benno Kraehahn
Die neuen Folgen von „Die Höhle der Löwen“ starten am 23. August um 20.15 Uhr bei Vox.
Die neuen Folgen von „Die Höhle der Löwen“ starten am 23. August um 20.15 Uhr bei Vox. © dpa | Christian Charisius
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