Berlin. Es war die letzte reguläre Sendung: Zum Schluss hatten die „Zimmer frei!“-Moderatoren Westermann und Alsmann Thomas Gottschalk zu Gast.

Es ist vermutlich die erste große Sendung der deutschen Fernsehgeschichte, die ohne großes Tamtam zu Ende geht. Ein letztes Mal suchen Götz Alsmann und Christine Westermann in gewohnter Manier einen potenziellen Mitbewohner bei „Zimmer frei!“. Dazu hat sich das so verschiedene Moderatorenduo keine schwerer zu knackende Nuss eingeladen, als einen, der selbst nie aufhört zu moderieren: Thomas Gottschalk.

Eine bewusste Wahl, bei der sich einmal mehr das Konzept der Sendung bewährt. Denn sogar aus dem Showmaster kitzeln Alsmann und Westermann bei der finalen Sendung mit ihrer scheinbar wilden Mischung aus absurden Spielen, Bilderrätseln, Musik, Alkohol und gut recherchierten Fragen noch eine unentdeckte Nuance heraus.

Gäste ohne Selbstironie waren verloren

Die Kultsendung zeichnete sich immer dadurch aus, dass der Gast auf möglichst charmante Weise auf Herz und Nieren geprüft wurde. Wer da keine Selbstironie besaß, der war verloren. Und so ergeht es nun auch Thomas Gottschalk, der sich zwar gewohnt gelassen, aber erstaunlich nahbar durch die Sendung manövriert, um dann bei einem altbekannten Thema doch kurz aus der Haut zu fahren.

Zwar darf die TV-Legende zu Beginn noch mit dem charmant-fabulösen Götz Alsmann über allseits bekannte berufliche Anfänge plaudern, von Zeiten, in denen man in der Unterhaltungsbranche noch Freiheiten besaß. „Es gab damals kein Formatradio. Ich bin mit einem Stapel Platten in die Sendung gegangen, hab’ gespielt, was ich wollte, erzählt was ich wollte. So war das später im Fernsehen auch.” Doch um näher an den schillernden Gottschalk heranzutreten, braucht es die harten Fragen von Christine Westermann.

Klamotten aus der Kleidersammlung

Um das Ganze weniger wie einen Seelen-Striptease aussehen zu lassen, wechseln die Journalistin und die TV-Legende die Szenerie, rauchen Zigarre vor kubanischer Kulisse und reden über Gottschalks Kindheit. „Irgendwann, hat sie gedacht, wird der ja normal werden”, sagt der 66-Jährige über seine Mutter und ergänzt augenzwinkernd. „Da hat sie falsch gedacht.”

Dann erzählt Gottschalk, wie der Vater früh starb und die Mutter allein die drei Kinder großzog. „Ich habe immer Klamotten aus der Kleidersammlung getragen und dafür räche ich mich natürlich jetzt”, sagt der 66-Jährige selbstironisch bezogen auf seinen extravaganten Kleidungsstil. Westermann hakt nach: „Was würdest du deiner Mutter sagen, wenn du jetzt noch einmal mit ihr reden könntest?” Gottschalk entgegnet schließlich mit einem Schuss Melancholie: „Ich habe ihr eigentlich nie gesagt, wie dankbar ich dafür bin, dass sie das mit uns alles geschafft hat.”

Thomas Gottschalk musste freitags fegen

Es folgt ein Einspieler des Besuchs im Elternhaus Gottschalks im nordbayrischen Kulmbach, das er seit Jahrzehnten quasi im Originalzustand belässt. „Frau Gottschalk hat darauf Wert gelegt, dass sich die Kinder anständig anziehen – die war nachher sehr enttäuscht”, erzählt Haushälterin Sofia amüsiert. Er habe jeden Freitag die Treppen in der Diele fegen müssen, ergänzt Gottschalk und schon stellt man sich einen Lulatsch mit Goldlöckchen beim Treppenkehren unter der viel zu tief hängenden Tiffany-Lampe vor und kommt nicht umhin, laut loszulachen.

In einem weiteren Einspieler erzählt Barbara Schöneberger von einem augenöffnenden Moment, in dem Thomas Gottschalk lediglich bekleidet mit Frottee-Bademantel und Badelatschen auf ihrem Hotelbett sitzt, mit ihr unbeirrt den Plan für die abendliche „Wetten, dass..?“-Sendung durchspricht und sie dabei feststellt: „Der macht ja was her der Kerl, der ist attraktiv.”

Den eigenen Nachruf selbst redigiert

Sogar beim Thema Sterben bleibt der Showmaster in Plauderlaune. „Natürlich weiß ich, dass der Blick rückwärts inzwischen weiter ist, als der vorwärts” sagt Gottschalk. Angesprochen auf das Gerücht, dass der Bayrische Rundfunk bereits einen Nachruf auf ihn parat hat, entgegnet Gottschalk gelassen. „Die haben schon überall einen Nachruf auf mich geschrieben. Ich habe die ja teilweise selbst redigiert.”

Angefasst ist der 66-Jährige erst, als Götz Alsmann behauptet, das Outfit, das er da trage, habe doch Harald Glööckler entworfen. „Ach hör’ doch auf, ausgerechnet der Glööckler”, entgegnet Gottschalk ernsthaft pikiert und beruhigt sich erst wieder, als es ans Schieben von Bierhumpen geht.

Westermann und Alsmann waren ihrer Zeit lange voraus

Der unerwartete Wechsel zwischen ungemein intimen Gesprächen und Spielen, die den einzigen Zweck haben, sich möglichst anständig zum Affen zu machen, ist ebenso ein Erfolgsrezept, wie das Moderatorenpaar selbst. Die steif wirkende Westermann und der elegant-künstlerische Alsmann, diese Kombination aus zwei Typen, die so gar nicht zueinander passen wollen, hat sich 20 Jahre lang als Erfolgsrezept erwiesen.

Vor allem amüsiert es in der finalen Sendung also, wenn Christiane Westermann nach 700 Folgen zu unveränderter Eröffnungsmusik regelrecht ins Studio marschiert und sich offenbar auch nach 20 Jahren vor der Kamera nicht recht zu bewegen weiß, während Götz Alsmann gewohnt federleicht um sie herumscharwenzelt und immer dann mit einer neuen Idee vom Stuhl aufspringt, wenn es dem Publikum an Unterhaltung mangeln könnte. Zum Abschied bleibt kein bedrückendes, sondern ein wohliges Gefühl. Denn es scheint, als sei die Zeit stehen geblieben, mit zweien, die ihrer Zeit sehr lange weit voraus waren.

Die letzte reguläre „Zimmer frei!“-Folge mit Gast Thomas Gottschalk gibt es hier in der Mediathek.

Am kommenden Sonntag, 25. September, feiert „Zimmer frei!“ ab 22.15 Uhr im WDR eine Abschiedsparty.