Essen. Pompeji war eine florierende Stadt, bis ein Vulkanausbruch alles zerstörte. Arte begibt sich in einer Doku auf Spurensuche im CSI-Stil.

18 Stunden regnete es Bimssteine und bebte die Erde, dann begruben in Minutenschnelle glühende Gesteins- und Aschewolken aus dem Vesuv die römische Hafenstadt Pompeji in Süditalien unter sich – für fast zwei Jahrtausende. Weltberühmt sind heute ihre Gipsskulpturen. Sie entstanden durch das Ausgießen der Abdrücke, die die Körper der unglücklichen Bewohner in der konservierenden Vulkanasche hinterlassen haben. Es scheint unmöglich, doch die Arte-Doku „Pompeji, in Stein verewigt“ bringt die Toten des Jahres 79 fast CSI-mäßig zum Sprechen.

So geht Doku heute: Alles ist microfaserscharf in HD gedreht, in einer modernen Bildsprache erzählt, durchgehend wie ein Kinofilm stimmungsvoll mit Musik untermalt. Und in diesem Fall einer britischen TV-Produktion kommt noch ein gewisse Dosis des landestypischen Humors dazu, wie es dem ZDF bei seiner „Terra X“-Reihe nie passieren würde. Da werden 90 Minuten nicht zu lang. Auf die im Doku-Genre sonst üblichen übertriebene Dramatisierungen und zumeist schlecht geschauspielerte Spielszenen wird dankenswerterweise verzichtet.

Paradebeispiel für Animation

Die Filmemacher geben stattdessen ein Paradebeispiel ab, wie Computeranimationen den Blick weiten können, statt ihn auf Effekte aus dem Softwareprogramm zu verengen. Dank 3-D-Scanner konnten viele Gebäude der einstigen 12.000-Einwohner-Stadt virtuell wieder aufgebaut werden.

In diesem Pompeji können auch die düsteren Kellerräume der Sklavenscharen inspiziert werden, die den Reichen und Schönen in der Oberwelt erst ihr süßes Leben ermöglicht haben. Nebenbei erfährt man beim Blick auf das Alltagsleben, dass es bei den alten Römern bereits Fast Food gab. Oder dass der Mann sich beim Bordellbesuch per Graffiti über die Qualität der gebotenen Dienstleistung äußern konnte – Social Media anno 79.

Fünf Millionen Besucher jährlich

Das Weltkulturerbe leidet unter den Tritten von fünf Millionen Besuchern jährlich, und bereits nach den ersten Ausgrabungen im 19. Jahrhundert wurde vieles nach heutigen archäologischen Maßstäben kaputtrestauriert. Auch die berühmten Abdrücke der Toten wurden verändert. Im Computertomographen gelingt es den Forschern doch, die „toten“ Gipsabdrücke zum Sprechen zu bringen.

Warum etwa verließen 1500 Menschen die Stadt nicht, obwohl sich das Unheil schon Tage zuvor mit heftigen Erdstößen ankündigte? Die Verbliebenen stammten überwiegend aus der blühenden Hafenstadt und ihrer Umgebung, waren also keine Zugereisten, und sie wollten wohl ihre Heimat und ihre Häuser nicht im Stich lassen. Wie man darauf kommt? Ähnliche Körpermuster wie bestimmte Linien der Schädelplatten lassen auf gemeinsame regionale Herkunft schließen, und diese Linien lassen sich heutzutage unter dem Gips ermitteln – CSI eben.

Fazit: Dokumentation ohne Drama – besser geht es kaum.

• „Pompeji, in Stein verewigt“, Arte, Samstag, 10. September, 20.15 Uhr