Berlin. Die erste Hälfte ist rum im Promi-Container. Sie hätte langweiliger nicht sein können. Warum tun sich Macher des Formats so schwer?

Melancholische Klaviermusik hallt durch die schäbige Kanalisation. Dolly Dollar, einst Busen-Star in den „Eis am Stiel“-Filmen, muss Promi Big Brother verlassen. Als erste Kandidatin hat sie nicht genügend Anrufe bekommen und ist somit raus aus dem Rennen um ein bisschen Öffentlichkeit – und 100.000 Euro.

Eine Woche lang hat Dolly Dollar ausgeharrt. Sie hat in der Kanalisation gehaust und im Luxus-Bereich Schampus geschlürft. Sie hat Konflikte weggelächelt und eigentlich immer für gute Stimmung gesorgt. Dementsprechend verdattert schauten ihre Mitkandidaten drein, als der große Bruder aus dem Off ihr Aus verkündete. Zu sehr waren sie wohl davon überzeugt, dass Isa Jank das Haus verlassen muss. Denn Schauspielerin Jank, die als biestige Clarissa von Anstetten aus der einstigen Vorabend-Seifenoper „Verbotene Liebe“ bekannt ist, geht mittlerweile den meisten ziemlich auf den Wecker.

Das war es dann aber auch mit Überraschungen. Was wird Dolly Dollar wohl zu Hause erzählen, wenn sie nach ihren Erlebnissen im Haus gefragt wird. Hm. Sie hat ein paar nette Leute kennengelernt. Sie hat im Luxus-Bereich lecker gegessen und im Gammel-Keller gehungert. Sie hat beim Schlamm-Catchen verloren und – naja – auch den Kampf um das Preisgeld. So ist das halt, einer muss ja als Erster gehen, wird sie vermutlich sagen – und ihr Leben weiter leben. War da was? Nein, nicht wirklich.

Aber warum ist das Sat1-Format so öde? Liegt es am Konzept? An den Kandidaten? Am Publikum?

Die Teilnehmer

Sat1 hat einfach kein gutes Händchen für die Kandidaten bewiesen. Man nehme ein paar Bad Boys, hübsche Mädels mit einem Hang zum Nichtbekleidetsein, eine moralische Instanz und dazu ein paar prominente „Normalos“ als hübsches Beiwerk. Fertig ist eine Gruppe, die vor Konfliktpotenzial nur so strotzt. Da kann es doch nur eine Frage der Zeit sein bis sich die erste Frau nackig macht und es zum ersten Knall zweier Alpha-Männchen kommt. Zuschauerzahlen garantiert? Denkste!

Frank freut sich über den Sieg beim Schlamm-Catchen.
Frank freut sich über den Sieg beim Schlamm-Catchen. © Sat.1 / Sat.1

So einfach gestrickt ist das Publikum dann doch nicht. Denn die Kandidaten tun genau das, was man von ihnen erwartet hat: Mario Basler macht den Macho, Ben „nicht ohne meine E-Zigarette“ Tewaag pflegt zwar seine böser-Bub-Attitüde, ist ansonsten aber so angriffslustig wie seine putzigen Mini-Kuschel-Pitbulls, die das Publikum in der Auftaktsendung kennengelernt hat. Cathy Lugner wirkt nach der von Sat.1 inszenierten Aussprache mit ihrem Ehemann Richard „Mörtel“ Lugner abwesend und deprimiert. Natascha Ochsenknecht ist krank und entschuldigt und Protzprinz Marcus von Anhalt gibt so ein dummes Zeug von sich, dass man einfach nur froh ist, wenn er den Mund hält. So macht man weder eine gute Sendung noch Quote.

Vertane Chancen

Dabei gebe es Möglichkeiten, mehr aus dem vermeintlichen Geplänkel zu machen. Was hat Prinz Marcus in der jüngsten Folge von sich gegeben? Er habe immer das Selbstbewusstsein seiner Frauen zerstört, erklärte der Ex-Zuhälter. Um es dann anschließend nach seinem Geschmack wieder aufzubauen. Hätte er so einen menschenverachtenden Mist im RTL-Dschungelcamp vom Stapel gelassen, Sonja Zietlow wäre öffentlichkeitswirksam im Dreieck gesprungen.

Sat1-Moderator Jochen Schropp hat vielleicht gerade einmal die Augenbrauen hochgezogen. Apropos Moderation: Auch hier hat der Sender eine Chance vertan. Nach dem Aus von Co-Moderatorin Cindy aus Marzahn, die in den vergangenen Staffeln nicht wirklich gut beim Publikum ankam, hätten die Macher jemand Lustigen holen können. Jemanden mit Charme und Humor. Jemanden mit Biss und Geschmack. Und wen haben sie genommen? Désirée Nick. Bravo.

Ideen vom Kindergeburtstag

Profi-Ringer und Kandidat Frank Stäbler hat im BB-Haus vermehrt gegen Regeln verstoßen. Big Brother hat sich eine ganz besondere Strafe ausgedacht: Im Ratten-Kostüm musste er für das Wohlbefinden seiner Mitkandidaten sorgen. Hat sich da jemand im Buch „So gelingt der Kindergeburtstag“ inspirieren lassen? Langweiliger geht es nicht. Sätze des Kostümierten wie „Ich mag meinen Schwanz“ machten es nicht besser. Im Gegenteil. Zur Erinnerung: Wegen eines besonders fiesen Spruchs musste Kandidatin Edona James das Big-Brother-Haus zur Strafe verlassen. Irgendwas stimmt da mit den Relationen nicht. Oder hat sich Edona noch etwas geleistet, was niemand wissen darf? Wer Quote will, sollte sein Publikum nicht veräppeln.

Die Live-Duelle

Die Idee ist ja nicht schlecht: Statt wie beim Dschungelcamp – den Vergleich muss sich Sat1 gefallen lassen – die Prüfungen respektive Duelle nur als Aufzeichnung zu präsentieren, müssen die Kandidaten bei Promi Big Brother live im Studio ran. Das ist schön für die Kandidaten, sie kommen mal wieder unter Leute. Auch das Publikum im Studio dürfte seinen Spaß haben.

Vor den Fernseh-Bildschirmen herrscht dafür gähnende Langeweile. Alles wirkt hektisch, alles muss auf den Punkt passen und funktionieren. Dementsprechend einfach gestrickt müssen die Spiele sein. Wangenspreizer wie man sie vom Zahnarzt kennt hatten die Promis am Freitagabend im Mund. Damit sollten sie Begriffe vorlesen. Sah lustig aus, hörte sich lustig an. Haha und fertig. Ein bisschen ausgeklügelter dürfen die Spiele gerne sein. Die Promis haben schließlich den ganzen Tag Zeit.

Auf geht’s also in die zweite Hälfte: Ab sofort fliegt Promi für Promi aus dem Haus. Vielleicht belebt das ja die Sendung. Es kann nur besser werden.