München. Jahrelang dominierten Krimis aus Skandinavien die deutschen Bestsellerlisten. Doch Krimi-Experten glauben: Der große Boom ist vorbei.

Die Plätze ganz vorne auf den deutschen Bestsellerlisten waren jahrelang oft fest in schwedischer Hand: Henning Mankells Krimis landeten auf den Spitzenrängen, ebenso die von Håkan Nesser und natürlich Stieg Larssons Millennium-Trilogie. Die großen schwedischen Krimi-Autoren lösten einen wahren Hype aus – doch der ist nach Ansicht von Krimi-Experten inzwischen vorbei.

„Der Schweden-Boom flaut langsam ab“, sagt Andreas Hoh, Leiter des Münchner Krimifestivals. „Die ganz Großen produzieren keine neuen Krimis mehr.“ Ein solcher war Henning Mankell, der im vergangenen Jahr an Krebs starb. Stieg Larsson ist schon seit 12 Jahren tot und Nesser schreibe schon länger nichts Neues mehr, sagt Hoh. „Der Boom hat wahnsinnig viele Nachahmer zur Folge gehabt und die haben an die Qualität der großen schwedischen Autoren nicht mehr rangereicht.“

Nordamerikanische Autorinnen auf dem Vormarsch

Auch Michael Roesler-Graichen, Redakteur beim „Börsenblatt“, glaubt: „Der große Hype ist vorbei“. In den aktuellen Bestenlisten fänden sich auf den ersten 25 Plätzen bis auf den posthum erschienenen Roman von Henning Mankell keine skandinavischen Krimiautoren mehr. Dennoch kämen weiterhin skandinavische Autoren auf den Markt. „Das geht auf etwas niedrigerem Niveau weiter, aber an die Stelle der bekannten Größen sind andere getreten.“

Inzwischen liegen auch nordamerikanische Autorinnen wie Karin Slaughter, Tess Gerritsen und auch wieder Joy Fielding („Lauf, Jane, lauf!“) im Trend, erklärt Festivalleiter Hoh. „Krimis aus Übersee haben eine kleine Renaissance.“

Deutsche Autoren tun sich schwer mit blutigen Geschichten

Vor allem macht Hoh auf die unterschiedlichen regionalen Vorlieben der Autoren aufmerksam. Autoren aus Deutschland täten sich schwer mit blutrünstigen Geschichten. „Da gibt es schon welche, die auch sehr brutale Krimis schreiben. Sebastian Fitzek ist das beste Beispiel“, sagt er. Aber: „Grausamkeiten sollen lieber nicht hier passieren, sondern weit weg. Vor der Haustür möchte man dann lieber die skurrilen Ermittler-Persönlichkeiten aus dem ein oder anderen Regionalkrimi.“ Der behäbige Kommissar Dimpelmoser aus Bayern lässt grüßen. (dpa)