Berlin. Frank Plasberg diskutierte mit seiner Runde über AfD-Erfolg und Flüchtlingskrise. Doch die Debatte verlief blass und austauschbar.

Sie wollten ja eigentlich darüber diskutieren, wie es die AfD geschafft hat, zweitstärkste Kraft im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns zu werden. Doch statt die Frage zu klären, haben die „Hart aber fair“-Gäste die Antwort gleich am lebenden Objekt demonstriert. Denn indem sie keine Antworten lieferten, sich stattdessen in Phrasen verloren wie „Das Wahlergebnis ist eine Herausforderung für alle Parteien“ (Peter Altmaier, CDU, Chef des Kanzleramts und Flüchtlingskoordinator), boten sie Talk-Gast Guido Reil (26 Jahre SPD, jetzt AfD) Vorlagen, wie die AfD sie für ihre Erfolge braucht.

Die Gesellschaft teile sich in besorgte Bürger und Gutmenschen, meinte Reil. Im Recht seien selbstverständlich die besorgten Bürger. Die Silvesternacht von Köln und die jüngsten Übergriffe beim Fest „Essen Original“ in Reils Heimatstadt würden das bestätigen. Er führte oft Gehörtes ins Feld: Deutsche Rentner lebten am Existenzminimum während Flüchtlingen ein Leben in Saus und Braus ermöglicht werde, Asylbewerber seien auf Grund ihrer Herkunft frauenfeindlich, antisemitisch und gewalttätig. Er trug seine Stammtischrede mit so viel Rage vor, dass sich kaum einer zu widersprechen wagte.

Peter Altmaier platzt der Kragen

Nur Peter Altmaier platzte dann der Kragen. Reil betreibe reinste Propaganda. Ja, es gebe Probleme und es gebe auch Gewalttäter unter den Flüchtlingen. Es sei jedoch unverantwortlich, „Hunderttausenden, die vor Leid und Elend geflohen sind, kriminelle Absichten zu unterstellen.“

Seine Tischnachbarin war es dann allerdings, die ihm einen Bärendienst erwies. Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan (SPD) wollte ihm wohl beistehen – erreichte aber nur das Gegenteil. Das größte Problem mit sexueller Gewalt gebe es in deutschen Familien, sagte sie. Auch Plasberg war der Meinung, damit betriebe Schwan „AfD-Wahlkampf par excellence“. Da ging leider auch das Argument des Berliner Politik-Professors Herfried Münkler unter, nach dem statistisch Flüchtlinge weniger Morde begingen als deutsche Bürger.

Womöglich hatte die Sendung den falschen Titel, um Parolen von rechts außen den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Fluchtpunkt Deutschland – Hat Merkel ihre Bürger überfordert?“ Rund ein Jahr ist es her, dass Kanzlerin Merkel Flüchtlingen vom Bahnhof in Budapest die Einreise nach Deutschland erlaubte. Seit einem Jahr wird über diesen Schritt und dessen Folgen diskutiert. Der Plasberg-Talk reiht sich in die Reihe ein, ohne Neues geboten zu haben.

Die AfD: Soufflé oder Hefeteig?

Immerhin habe Peter Altmaier verstanden, „dass man Menschen nicht vorschreiben kann, welche Partei sie wählen.“ Die Parteien müssten nun dem falschen Eindruck entgegentreten, es gehe in Deutschland nur noch um Flüchtlinge. Die AfD, da ist sich der CDU-Mann sicher, werde zusammenfallen wie ein Soufflé, das man zu früh aus dem Ofen holt. Auf Plasbergs Einwand, die AfD könne auch jetzt erst aufgehen wie ein Hefeteig, ging Altmaier nicht ein.

Neben Altmaier, Schwan, Politik-Professor Münkler und AfD-Mann Reil saß auch Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) in der Diskussionsrunde. Er sprach von einem „dauernden Versagen der Europäischen Union“ im Umgang mit der Flüchtlingskrise. Das humanitäre Engagement sei eine Sache, aber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe eine Einladung ausgesprochen, die falsch verstanden würde.

Merkel habe keine Strategie

Doch warum falle es der Kanzlerin so schwer, Fehler zuzugeben, wollte Frank Plasberg wissen. „Sie hat keine Strategie, Menschen spüren die Ratlosigkeit“, meinte Gesine Schwan. Und das sei das Schlimme, denn das treibe Wähler dazu, die AfD zu wählen.

Und wie könnte so eine Strategie aussehen? „Das Ziel muss sein, die Leute mit einzubeziehen“, sagte Gesine Schwan. Investitionen seien nötig, um die Integration der Flüchtlinge zu meistern. Davon profitieren sollten Asylbewerber und Bürger gleichermaßen.

Richtige Entscheidung, Flüchtlinge einreisen zu lassen

Und was hat Peter Altmaier aus dem Fall Guido Reil gelernt, wollte Frank Plasberg wissen. Da sei jemand 26 Jahre in der SPD, steigt dann aus, um sich ausgerechnet der AfD anzuschließen. „Menschen haben das Gefühl, vor Ort allein gelassen zu werden“, so Altmaier. „Und zum Teil stimmt das auch.“ Die Entscheidung, Flüchtlinge einreisen zu lassen, sei trotzdem die richtige gewesen, erklärte der Chef des Bundeskanzleramtes mit Nachdruck. Es sei eine Entscheidung im Sinne Deutschlands gewesen, eine Entscheidung im Sinne der Menschlichkeit.

So hitzig es während der Diskussion zuging, so leise hat sie geendet. Mit dem Bild des toten Flüchtlingsjungen Aylan an einem Strand in der Türkei. Der Rest war Schweigen.