Berlin. Wie weit darf oder muss ein Polizist gehen, um Leben zu retten? Seelsorgerin Lena Fauch muss sich diesmal den großen Fragen stellen.

Genau drei Jahre ist es her, dass der Ehemann von Lena Fauch als SEK-Beamter bei einem Polizeieinsatz ums Leben kam, erschossen durch einen Querschläger. Dass die evangelische Pfarrerin da gereizt reagiert, als ihr Telefon klingelt und sie zu einem neuen Tatort gerufen wird, während sie vor seinem Grab steht, ist nur verständlich. „Ständig erreichbar zu sein“ geht ihr auf die Nerven. Ihr Missmut bleibt als Grundton erhalten. Und zeigt Veronica Ferres in ihrem vierten und vorerst letzten Fall von einer ungewohnten Seite: Als Polizeiseelsorgerin Lena Fauch will sie niemandem gefallen, sie spielt eine überzeugende Figur, die sich – durch die eigene Trauer in ihren Gefühlsregungen begrenzt – immer wieder in eine seelsorgerische Professionalität rettet.

Tatsächlich gibt es ziemlich viele Opfer, um die sich Lena Fauch kümmern muss, als bei einem bewaffneten Überfall auf einen Supermarkt ein Polizist ums Leben kommt. Nicht nur die Ehefrau des Toten ist verstört. Seine Kollegin (Natalia Belitski), die den Tod womöglich hätte verhindern können, gerät massiv unter Druck. Und auch die junge Geisel Anna (Anna Lena Klenke) und deren Mutter, die Supermarktleiterin Melanie Knapp (Bettina Mittendorfer), reagieren äußerst eigenartig, wenn nicht traumatisiert. Oder haben sie etwas zu verheimlichen?

Ein Krimi mit unerwarteter moralischer Tiefe

Was als einfacher Krimi daherkommt, mit typischen Zutaten wie der Jagd nach dem richtigen Täter, entwickelt sich mit der Zeit zu einem Drama mit unerwarteter philosophischer Tiefe. Keiner ist gut, keiner ist böse. Die Menschen schlittern sozusagen in eine Ausnahmesituation, aus der keiner unbeschädigt wieder herauskommt – auch die Polizisten nicht, die doch bloß ihren Job machen. Und schon gar nicht Lena Fauch, die mit ihrer pastoralen Unnachgiebigkeit zwischen alle Fronten gerät.

Schließlich geht es in „Du sollst nicht töten“ um die komplexe moralische Frage, wann und ob der „finale Rettungsschuss“, zu dem die Polizei berechtigt ist, überhaupt angewendet werden darf. Der Film zeigt die moralische Gratwanderung zwischen dem, was polizeilich erlaubt ist, und dem, was am Ende jeder Einzelne mit seinem Gewissen vereinbaren muss.

Film hat philosophische Tiefe

Die Auseinandersetzung mit dieser Frage bleibt spannend, obwohl schon auf der Hälfte der Strecke zu erkennen ist, auf welchem ­Holzweg die Ermittler unterwegs sind. Und dass die Geschichte – trotz vielleicht einiger Drehungen zu viel – atmosphärisch dicht und sehr stimmig wirkt, liegt vor allem an Martin Weinhart, der nicht nur ein erfahrener Krimiregisseur („Unter Verdacht“, „Ein starkes Team“) ist. Diesen Film konnte er auch nach eigenem Drehbuch inszenieren, offenkundig zum Vorteil.

Fazit: Ein als Krimi getarntes, spannendes Drama mit unerwartet philosophischer Tiefe.

Sendetermin: Montag, 5. September, ZDF, um 20.15 Uhr