Berlin. Soja ist umstritten: Gesundheitsfördernd? Krebserregend? Umweltschädlich? Die 3sat-Serie „Richtig Gut Leben“ bringt Licht ins Dunkel.

Die einen schwören auf Soja als gesundes Nahrungsmittel, das vor Krankheiten wie Krebs schützt. Andere halten das für Humbug und denken bei der Bohne eher an Gentechnik und verheerende Umweltschäden durch Soja-Anbau. Doch was ist dran an Vorurteilen und Halbwissen? In der dritten Folge der vierteiligen 3sat-Serie „Richtig Gut Leben“ hat Moderatorin Stefanie Stappenbeck nachgefragt.

Das „Richtig Gut Leben“-Team will in seiner Sendung Faustregeln für gesundheitsbewusste, umweltbewusste und preisbewusste Konsumenten erarbeiten. In der dritten Folge hat es Soja einem Lebensmittel-Check unterzogen – und vier Vorurteile, die sich um die Bohne ranken, genauer unter die Lupe genommen:

• Vorurteil 1: Soja ist doch nur was für Vegetarier und Veganer

Tofu, Sojaschnitzel, Sojawurst und Sojamilch – was noch vor rund 20 Jahren Nischenprodukte für „Hardcore-Ökos“ waren, wie Stappenbeck sagt, findet sich heute sogar in den Regalen der Discounter. Pflanzliche Eiweiße und Fleischersatzprodukte seien mittlerweile ein Riesengeschäft, heißt es in dem Beitrag. Allein der Konsum von Sojamilch wachse jährlich um 15 Prozent. Doch ist Soja als Nahrungsmittel nur interessant für ernährungsbewusste Vegetarier und Veganer?

Nein, zeigt die Recherche von „Richtig Gut Leben“. Denn die Sojabohne steckt nicht nur in vegetarischen Schnitzeln, Würsten und Frikadellen. Im fertigen Frischeteig für Sonntagsbrötchen, in der Tiefkühlpizza, in abgepackten Keksen und anderen Süßigkeiten – überall ist Soja drin, und zwar in Form von Sojalecithin. Lecithine fungieren als Bindemittel, das heißt, sie erlauben das Mischen von Fetten mit Wasser. Mehr als zwei Drittel aller Fertigprodukte enthalten Soja, so das Ergebnis der Recherche.

So wird Tofu hergestellt: Stefanie Stappenbeck (M.) schaut sich in der Sojafabrik an, wie Sojablöcke zugeschnitten werden.
So wird Tofu hergestellt: Stefanie Stappenbeck (M.) schaut sich in der Sojafabrik an, wie Sojablöcke zugeschnitten werden. © ZDF und Nadine Grothkopp | Nadine Grothkopp

Weltweit werden jährlich 300 Millionen Tonnen Soja produziert. Doch nur ein kleiner Teil landet in Lebensmitteln. Der Großteil wird als Futtermittel verwendet. Der Anteil, der in die Lebensmittelproduktion fließt, liege bei unter zehn Prozent, schätzt Lebensmittelchemikerin Sabine Kulling.

Fazit: Nicht nur ernährungsbewusste Menschen, Vegetarier und Veganer nehmen Soja zu sich. Auch die meisten Fertigprodukte enthalten Soja. Zudem nehmen Verbraucher, die Fleisch essen, häufig indirekt Soja zu sich, weil in den Futtermitteln für die Masttiere Soja enthalten ist.

• Vorurteil 2: Soja schmeckt nach nichts

Bäh, Tofu! So richtig gut schmeckt das Sojaprodukt offenbar nicht, zeigt ein Test, bei dem Kinder reinen Tofu kosten. Soja und Genuss passt also nicht zusammen? Kochlehrer Markus Shimizu beweist das Gegenteil. Er weiß, mit welchen einfachen Mitteln er Soja zu einem schmackhaften Gericht verarbeiten kann.

Schon allein das Frittieren des Sojablocks und die dabei freigesetzten Röstaromen bewirken offenbar Wunder. In Stärke gewälzt und in Öl frittiert bekommt der Tofu zudem eine knusprige Hülle. Würzen ist nicht mehr nötig.

Geschmack durch einfachste Mittel: Beim Frittieren von Tofu werden Röstaromen freigesetzt.
Geschmack durch einfachste Mittel: Beim Frittieren von Tofu werden Röstaromen freigesetzt. © imago/ZUMA Press | imago stock&people

Wer es aufwendiger mag, kann Tofu auch fermentieren. Bei der Fermentation sorgen Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze für die Haltbarmachung der Produkte sowie die Entwicklung von Aromastoffen. Bekannt ist das Verfahren etwa durch die Käse- oder Sauerkrautherstellung – oder auch die Herstellung von Sojasoße. Gewürze? Bei der Fermentierung ebenfalls überflüssig.

Fazit: Zunächst schmeckt Soja vielleicht ein bisschen fad. Bei der Fermentation entfaltet sich aber die ganze Geschmacksvielfalt. Wer etwas Zeit investiert, kann durch einfache Mittel leckere, gesunde und gut verträgliche Speisen zubereiten.

• Vorurteil 3: Soja ist überaus gesund

„Wenn man sich mit den Gesundheitsaspekten von Soja beschäftigt, kriegt man den Eindruck, Soja kann alles: nämlich gleichzeitig Krebs verhindern und hervorrufen“, sagt Moderatorin Stappenbeck. Doch stimmt das?

Soja wird nachgesagt, bei Herzerkrankungen zu helfen und Wechseljahrsbeschwerden zu lindern. Einen wissenschaftlichen Beweis gebe es dafür jedoch nicht. Andere Forscher warnen wiederum, das die im Soja enthaltenen Isoflavone, dem Hormon Östrogen ähnliche Substanzen, sogar krebserregend sein könnten. Auch dafür gebe es keine wissenschaftlichen Beweise. Einige Studien ließen sogar den Schluss zu, dass die Aufnahme von Soja im jungen Alter zur Krebsvorbeugung beitragen könne. Auch für das Vorurteil, Soja wirke bei Männern potenzhemmend und fruchtbarkeitsmindernd, sei wissenschaftlich nicht belegt.

Eines ist jedoch weniger umstritten: die positive Wirkung von Fermentation. Und Soja wird häufig fermentiert gegessen. Das wirkt sich nicht nur positiv auf den Geschmack aus, sondern auch auf die Verträglichkeit des Produkts: Zum einen sei Fermentation so ähnlich wie eine „Vorverdauung“, erklärt Lebensmittelchemikerin Kulling. Proteine und Kohlenhydrate werden bei dem Vorgang schon abgebaut, der menschliche Darm muss weniger leisten. Zum anderen sei Soja eigentlich ein hochallergenes Lebensmittel. Fermentation bannt diese Wirkung jedoch und macht Soja verträglicher.

Fazit: Soja ist ein ganz normales Lebensmittel. Hohe Erwartungen an die Bohne – sowohl positive als auch negative – sind ungerechtfertigt.

Vorurteil 4: Soja ist genmanipuliert und eine Belastung für die Umwelt

Die größten Sojaproduzenten sind Nord- und Südamerika. Gerade Südamerika steht dabei als Umweltsünder in der Kritik. 76.000 Quadratkilometer Regenwald werden pro Jahr vernichtet, um Ackerflächen zu gewinnen – eine der schlimmsten Umweltkatastrophen weltweit.

Die gentechnische Veränderung von Soja in Nord- und Südamerika belastet die Umwelt zusätzlich stark, weil Pestizide – das bekannteste ist Glyphosat – zum Einsatz kommen, die Böden, Flüsse und Trinkwasser auf Jahre verseuchen. Die Sojasaat wird gentechnisch so verändert, dass die Pflanzen im Gegensatz zum Unkraut den Pestizideinsatz überleben. Alles andere wird vernichtet.

Wer sicher gehen will, nicht indirekt gentechnisch verändertes Soja über tierische Produkte zu sich zu nehmen, sollte zu Bioprodukten greifen oder auf die Label „Ohne Gentechnik“ und „Pro Planet“ achten.
Wer sicher gehen will, nicht indirekt gentechnisch verändertes Soja über tierische Produkte zu sich zu nehmen, sollte zu Bioprodukten greifen oder auf die Label „Ohne Gentechnik“ und „Pro Planet“ achten. © imago/Action Pictures | imago stock&people

Der Vorbehalt gegen gentechnisch verändertes Soja ist in Deutschland weit verankert, eine gesundheitsschädliche Wirkung jedoch wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Fest steht lediglich, dass der Anbau von genmanipuliertem Soja die Umwelt zerstört. In Deutschland müssen gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet werden. Ausnahme: Milch, Eier, Fleisch und andere tierische Produkte, auch wenn die Tiere ausschließlich gentechnisch verändertes Futtermittel bekommen haben.

Fazit: Wer Sojaprodukte kauft und umweltbewusst handeln will, sollte darauf achten, gentechnikfreie Produkte zu kaufen. Produkte, die gentechnisch verändertes Soja enthalten, müssen gekennzeichnet sein. Wer Soja aus biologischem Anbau und Biofleisch kauft, ist auf der sicheren Seite. Auch die Label „Pro Planet“ und „Ohne Gentechnik“ kennzeichnen Fleisch, bei dem kein gentechnisch verändertes Futtermittel zum Einsatz gekommen ist.

Die ganze Folge sehen Sie in der 3sat-Mediathek.