Berlin. Reportage-Abend in der ARD – drei Filme beleuchten Herausforderungen der Gegenwart. Themen: Atomausstieg, Justizwesen und Klimawandel.

Die Szenerie wirkt gespenstisch. Eine Industrieruine in Mecklenburg-Vorpommern, seit Jahrzehnten außer Betrieb, aber nicht menschenleer. Wer sie betreten will, braucht eine Genehmigung. An den Wänden hängen gelbe Warnschilder: „Vorsicht! Erhöhte Strahlung“. Jan Schmitt, Autor der Doku „Der große Atom-Deal“ (21.45 Uhr), ist in die Nähe von Greifswald gefahren, zum Kernkraftwerk Lubmin. 1990 wurde es stillgelegt, fünf Jahre später begann der Rückbau. Seitdem demontieren Arbeiter Schraube für Schraube die Strahlen-belasteten Hallen. Ein gigantischer Aufwand.

Das Kernkraftwerk dient Schmitt als eindrückliches Beispiel für das Paradoxon, das die Atomenergie in seinen Augen ist: „Für ein Zeitalter von gerade einmal 50 Jahren Atomstrom hinterlassen wir unzähligen Generationen eine strahlende Altlast, die erst in einer Million Jahren verglüht.“ Der Journalist aus der „Monitor“-Redaktion geht der Frage nach, ob der Staat schmutzige Deals mit den Atomkonzernen RWE, EnBW, Vattenfall und Eon geschlossen hat. Denn dass Strom aus Kernenergie billig ist, sei ein Märchen. „Die staatlichen Förderungen für die Atomenergie seit 1970 liegen bei 190 Milliarden Euro“, rechnet Swantje Fiedler vom Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft vor.

Die Konzerne haben mit Atomkraftwerken jahrzehntelang Milliardengewinne erzielt. Doch jetzt, nach dem vom Bundestag beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie, sehen sie sich in ihrer Existenz bedroht. „Der angeblich billige Atomstrom war von Anfang an ein milliardenschweres Zuschussgeschäft“, so Schmitt.

Justizsystem vor dem Kollaps

Die Atom-Reportage bildet den Auftakt zu einem ARD-Doku-Abend am Montag. Um 22.45 Uhr läuft „Erledigt!“, ein Film über das vor dem Kollaps stehende Justizsystem. Denn Deutschlands Richter schlagen Alarm: Eine gravierende Personalnot führt zu falschen Entscheidungen. Der Rechtsstaat produziert mehr Fehlurteile als je zuvor, weil sich die Richter nicht mehr genügend in die Fälle einarbeiten können.

In dieser NDR-Doku reden einige Juristen erstaunlich offen über die Probleme unseres Rechtssystems. „Hier wird auf Kante genäht. Wenn ein Kollege länger ausfällt, wissen wir nicht, wie wir das ausgleichen können“, sagt Holger Pröbstel, Richter am Erfurter Landgericht. Die Klageliste der Juristen ist lang: zu wenige Richter, schlechte Gehälter, Sparvorgaben aus den Ministerien, überlange Verfahren, riesige Aktenberge, ignorante Politiker und immer neue, schlecht gemachte Gesetze. Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, findet deutliche Worte: „Die neuen Regeln sind nicht selten so kompliziert und wenig durchdacht, dass sie in der Praxis kaum justiziabel sind. Deshalb ziehen sich manche Prozesse über Jahre hin und enden auch dann noch mit Freisprüchen oder Deals.“

Um 23.30 Uhr läuft die dritte Doku des Abends: „Letzte Chance für unser Klima“ – Filmemacher Christian Jentzsch hat schmelzende Gletscher, überschwemmte Küsten und vertrocknete Felder besucht – Orte also, an denen der Klimawandel unumkehrbar ist.

Montag, 25. Juli, ARD, ab 21.55 Uhr