Hamburg . In Thailand gerät das Leben des Versicherungsangestellten Holger Lenz (Ulrich Tukur) aus der Bahn. Der Grund ist sein toter Vater.

Grauer Anzug, graues Büro, grauer Alltag: Der Versicherungsangestellte Holger Lenz (Ulrich Tukur) hat sich im Mittelmaß eingerichtet. Er leidet keine materielle Not, führt aber auch nicht gerade ein erfülltes Leben und ist für seine Mitmenschen im besten Falle Luft. Seine Frau Ilona (Steffi Kühnert) hat eine Affäre, das Verhältnis zu seinem 17-jährigen Sohn Linus (Simon Jensen) ist zerrüttet – der junge Mann ist schwul und hält seinen Alten für einen „homophoben Spießer“.

Die Dinge ändern sich, als Lenz erfährt, dass sein Vater in Thailand gestorben ist. 20 Jahre lang hatten sie keinen Kontakt. Der Kommunist setzte sich nach dem Niedergang der DDR nach Asien ab. In Thailand hinterlässt er nun als Erbe eine Wohnung im Badeort Pattaya. Holger Lenz macht sich auf die Reise, um diese zu einem guten Preis zu verkaufen.

Odyssee durch eine fremde Welt

Was er dort erlebt und wie er sich dort verändert, erzählt die ARD-Tragikomödie „Herr Lenz reist in den Frühling“ von Autor Karl-Heinz Käfer und Regisseur Andreas Kleinert. 2003 wurden sie für ihr großartiges Alzheimer-Drama „Mein Vater“ (mit Götz George) in den USA mit dem Fernsehpreis Emmy ausgezeichnet. So weit wird es in diesem Fall wohl nicht kommen, dafür ist der Film letztlich zu konventionell ausgefallen. Gelungen ist er dennoch.

Mit der Ankunft von Lenz in Pattaya nimmt die Story Fahrt auf. Die brillante Kameraführung des zweifachen Grimme-Preisträgers Johann Feindt führt den Zuschauer mitten hinein in den Trubel der Straßen. Die Hitze, der Lärm und der für Westler ungewohnte Alltag sind für den Zuschauer spürbar.

Fast fängt man selber an, so zu schwitzen wie der vollkommen überforderte Holger Lenz. Überall locken ihn Sex-Angebote, die Stadt scheint ausschließlich aus Strip-Lokalen, Massage-Salons und Bordellen zu bestehen. Und mittendrin liegt sein Erbe: Die von ihm erhoffte Luxusunterkunft entpuppt sich als Bruchbude.

Lenz lernt eine neue Welt kennen

Lenz wird langsam locker, kommt mit Land und Leuten zunehmend besser zurecht. Er findet heraus, dass sein Vater eine Frau in Thailand hatte und trifft auf seinen Halbbruder, der jetzt allerdings als Frau lebt, sowie auf weitere Mitglieder der Familie. Lenz lernt eine neue Welt, andere Lebensentwürfe kennen und entwickelt in der Ferne unter anderem endlich eine tolerante Haltung gegenüber der Lebensweise seines Sohnes.

Ulrich Tukur spielt das alles hervorragend. Oft gibt er im Fernsehen starke Charaktere, historische Persönlichkeiten, Machertypen – da ist er hier als Antiheld fast gegen den Strich besetzt. Aber das passt perfekt. Angenehm auch, dass sein Herr Lenz auf dem Selbstfindungstrip wider Willen nicht zu einem komplett anderen Menschen wird. Stattdessen justiert er zwei, drei wichtige Einstellungen und wird dadurch – so viel sei verraten – ein nicht mehr ganz so graues Leben führen.

Fazit: Ein Selbstfindungstrip in die Ferne ist nicht die originellste Idee, aber die Story wird klug und inspirierend erzählt. Ganz stark: Ulrich Tukur.

Mittwoch, 20. Juli, ARD, 20.15 Uhr