Berlin. „Orange Is The New Black“, die Vierte: Auf Netflix gibt’s jetzt die neue Staffel der Kult-Serie: Erhellend, düster und schockierend.

Das Warten hat ein Ende, wir können endlich wieder in den Knast: Am Freitag hat Netflix die vierte Staffel der Kult-Serie „Orange Is The New Black“ veröffentlicht, und die 13 neuen Geschichten aus dem Frauengefängnis in Litchfield sind so düster wie erhellend, kongenial geschrieben und gespielt – und immer wieder überraschend.

In der neuen Staffel werden wir den schockierenden Grund erfahren, warum Suzanne „Crazy Eyes“ Warren in Litchfield sitzt, werden miterleben, wie eine Insassin Karriere macht, eine gefoltert wird und wie eine rückfällig wird. Wir werden mitansehen, wie eine Gefangene einen Wärter tötet und wie eine andere, eine, die wegen einer Bagatelle eingesperrt ist, von einem Aufseher getötet wird – jede Menge Mord und Totschlag also im Frauenknast.

Die bisher dunkelste Staffel von „Orange Is The New Black“

Es ist die vielleicht dunkelste Staffel bisher, die mit am meisten Drama und nur wenig Comedy. Das Frauengefängnis im US-Bundesstaat New York ist der Schließung gerade noch entgangen, jetzt soll es dem neuen privaten Betreiber auch Geld einbringen. Und so wird die heruntergekommene Anstalt einfach mal komplett überbelegt. Mehr Kriminelle auf engem Raum, zu wenig Platz, keine Privatsphäre, zu wenige Jobs und auch sonst viel Mangel sorgt für reichlich Aggression und Frustration.

Damit wirft „Orange Is The New Black“-Macherin Jenji Kohan ein Schlaglicht auf die private Gefängnis-Industrie in den USA, ein Geschäft von geschätzten fünf Milliarden Dollar. Das will in Gang gehalten werden: In keinem anderen Land der Erde sitzen mehr Menschen im Knast als in den Vereinigten Staaten von Amerika.

„Big Boo“-Darstellerin Lea DeLaria: „Diese Staffel ist schmerzhaft“

„Diese Staffel taucht noch viel tiefer ein in das Seelenleben, was es bedeutet, in einem amerikanischen Gefängnis zu sitzen“, sagt Lea DeLaria, die „Big Boo“ spielt, im Gespräch mit unserer Redaktion. „Das ist was ganz besonderes. Diese Staffel ist schmerzhaft – ich bin gespannt, was die Fans dazu sagen werden.“ Ist diese Staffel politischer als die vorherigen? „Ich finde, dass alle Staffeln politisch sind“, sagt die 58-jährige homosexuelle Aktivistin, „aber diese wirkt vielleicht politischer, weil etwas behandelt wird, was bisher nicht aufgegriffen worden ist.“

Lea DeLaria (Mitte) macht Comedy, Musik und spielt mit viel Verve Butch-Lesbe Carrie „Big Boo“ Black.
Lea DeLaria (Mitte) macht Comedy, Musik und spielt mit viel Verve Butch-Lesbe Carrie „Big Boo“ Black. © Netflix | JoJo Whilden

DeLaria spricht nicht nur vom Thema US-Justizsystem. „Ich mag ,Big Boo’, weil man diese Frau sonst nie im Fernsehen sieht. Ich habe mein ganzes Leben lang versucht, mich selbst im Fernsehen zu sehen. Ich glaube, da bin ich nicht anders als alle anderen Menschen. Das liebe ich an meiner Rolle. Es gibt Hunderte, Tausende, Millionen Butch-Lesben da draußen, die jetzt endlich mal eine ernsthafte Darstellung davon im Fernsehen sehen, wer sie sind. Und ich weiß, dass sie das so sehen, weil ich täglich hun-der-te Nachrichten von ihnen bekomme.“

„Orange Is The New Black“ ist die erfolgreichste Netflix-Eigenproduktion

Das gilt nicht nur für Lesben. Die Figuren und ihre Darstellerinnen sind jung, mittelalt und alt. Sie haben so ziemlich jede verfügbare Haut- und Haarfarbe, sind schlank, weniger schlank und richtig rund. Die einen lieben Frauen, die anderen Männer, manche schlafen mit beiden, wenn sie die Gelegenheit haben. Einige sind schlau, andere beschränkt, manche zurückhaltend, andere wiederum Anführer.

Freut sich, dass sich mehr Frauen im Fernsehen wiedererkennen können: Dascha Polanco (l.) als Dayanara.
Freut sich, dass sich mehr Frauen im Fernsehen wiedererkennen können: Dascha Polanco (l.) als Dayanara. © Netflix | JoJo Whilden

„Wir hören immer wieder von Zuschauerinnen: ,Ich bin so froh, dass ich mich in dir wiedererkennen kann, dass da jemand auf dem Bildschirm ist, der aussieht wie ich“, sagt Dascha Polanco, die als Dayanara im Gefängnis gerade das von einem Wärter gezeugte Kind zur Welt gebracht hat. Das ist der 33-Jährigen, die in der Dominikanischen Republik geboren wurde und als kleines Mädchen in die USA kam, besonders wichtig, denn: „Wir haben ja selbst keine Abbilder von uns auf dem Bildschirm gesehen.“ Jetzt kämen junge Mädchen auf sie zu und sagten: „Ich bin so froh, dass ich so aussehe wie du!“ Das, sagt Polanco, sei so überwältigend wie ergreifend, und „es hätte nicht so lange dauern dürfen“.

Es ist eine große Leistung der nach Angaben des Unternehmens erfolgreichsten Netflix-Eigenproduktion, die mindestens drei weitere Staffeln laufen soll – vielen verschiedenen Frauen die Möglichkeit zur Identifikation zu liefern. „Als Afro-Latina weiß ich, was es bedeutet, nicht vertreten zu sein, mich mit keiner Figur auf dem Bildschirm identifizieren zu können“, sagt Selenis Leyva, die in der Serie die starke, mütterliche Köchin Gloria gibt. Eine weitere große Leistung der hochgelobten Serie ist, dass sie das Film- und Fernsehgeschäft um so viele aufregende Schauspielerinnen bereichert: Das Ensemble ist so unterschiedlich wie großartig – und gerechterweise mehrfach ausgezeichnet.

Uzo Aduba ist dankbar, dass sie sie selbst sein darf

Uzo Aduba (l., mit Yael Stone als Lorna) hat für ihre Darstellung der Suzanne bereits zwei Emmys gewonnen.
Uzo Aduba (l., mit Yael Stone als Lorna) hat für ihre Darstellung der Suzanne bereits zwei Emmys gewonnen. © Netflix | JoJo Whilden

Wie auch Uzo Aduba, die die psychisch kranke Suzanne „Crazy Eyes“ Warren spielt. Die 35-Jährige hat am eigenen Leib erfahren, wie kompliziert das mit dem Selbstbild sein kann, wenn man nicht in Normen passt. „Es gab ein längeres Kapitel in meinem Leben, in dem Menschen mir immer wieder gesagt haben, ich sollte was an mir verändern“, sagt die Schauspielerin im Gespräch: „Die Zahnlücke schließen lassen, die Nase verkleinern lassen, den Hintern verkleinern, sogar meinen Namen ändern“ sei ihr vorgeschlagen worden. „Meine nigerianische Mutter hat mir zur Seite gestanden. Als ich meinen Namen ändern wollte, hat sie gesagt: ,Nein, du musst annehmen, wer du bist. Die Leute können lernen, Uzoamaka zu sagen’.“

Können sie. Hat man gesehen, als Aduba den zweiten Emmy für ihre großartige Leistung in „Orange Is The New Black“ bekommen hat. Und die Dankesrede der 35-Jährigen war ähnlich anrührend wie ihre Darstellung der Suzanne: „Danke, Jenji Kohan, dass ich ich sein darf.“

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