Zu später Stunde zeigt Arte am Donnerstag „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“. In dem Film geht es um Lebenslügen und Glück.

Normalerweise ist die 23-Uhr-Ausstrahlung seines Films für einen Regisseur die größtmögliche Strafe. Wer soll das um diese Uhrzeit denn noch gucken, fragt sich der Künstler und verflucht die Programmplaner des Senders. Es sei denn, der Fußball regiert gerade, und selbst zur Primetime wäre die Quote ein Desaster, weil auch all jene, die sich eigentlich überhaupt nicht für Fußball interessieren, tun, was alle tun: Fußball gucken.

Insofern hat es Florian Mischa Böder gar nicht mal so schlecht getroffen, zeigt Arte seine Groteske „Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“ doch erst, nachdem bei der EM in Frankreich auch das letzte Spiel des Tages (Deutschland gegen Polen) abgepfiffen ist. Womöglich steht dann tatsächlich so manchem der Sinn nach amüsantem Zerstreuungskino mit Benno Fürmann und Mavie Hörbiger. Nach schwarzem Humor und absurden Wendungen.

Gut gemachte Unterhaltung

Auf diese Wendungen und darauf, dass überhaupt mal was passiert, wartet Koralnik (Fürmann) bereits seit acht Jahren. Als Mitglied einer höchst geheimen europäischen Eliteeinheit wollte er schon längst als Auftragskiller für das Gute und Wahre in die Schlacht ziehen, allein: Nicht einen einzigen Auftrag hat er bisher gekommen. „Es passiert geopolitisch gerade so viel, und ich kann nicht verstehen, dass hier in meinem Gebiet...“ resümiert er mit wachsender Verbitterung. Inzwischen spricht er sich selbst auf den Anrufbeantworter, schaut Straßenkehrern beim Straßenkehren zu und, tja, wartet. Doch dann tritt eines Tages Rosa (Hörbiger) in sein Leben. Die junge Frau hat betrügerische Neigungen, rammt sein Auto und lässt auch sonst nicht locker. Für eine Hilfsorganisation arbeite sie, kümmere sich darum, Organspenden von Afrikanern für Afrikaner zu besorgen. Aktuell brauche sie 30 000 Euro für eine Leber ... Koralnik, eigentlich auf Abwehr, beißt an, und der Wahnsinn nimmt seinen Lauf.

„Desweilen möchte ich sie bitten, mich nicht so lange anzuschauen, weil ich, wie gesagt, undercover bin“ ist einer der schönsten Sätze in dieser ziemlich abstrusen Komödie, die vor anderthalb Jahren bei uns ins Kino kam, aber keine 1000 Zuschauer erreichte. Ein Megaflop also, der jetzt im Fernsehen eine zweite Chance bekommt. Verdientermaßen, denn die auf 80 Minuten Lauflänge verdichtete Story überzeugt mit lakonischem Tonfall und schwarzem Humor, gleitet nur selten in Slapstick ab und ist selbst dann ziemlich lustig, etwa wenn ein irrtümlich abgeschossener Zeh mit Klebeband wieder befestigt werden soll.

Anspruchsvolles Fußball-Kontrastprogramm

„Die Einsamkeit des Killers vor dem Schuss“ sei eine Geschichte über „die Unmöglichkeit, mit einer Lebenslüge glücklich zu werden“, erklärt die Arte-Programmredaktion. So hoch kann man Florian Mischa Böders kleinen feinen Film gewiss hängen. Oder ihn einfach als Abschluss eines vermutlich wieder einmal den Puls in die Höhe treibenden Fußballtages gucken. Als pure, gut gemachte Unterhaltung und heimeliges Gegenstück zu den wohl weitaus realistischeren Geheimdienstgeschichten, die Serien wie „Homeland“ erzählen.

• Donnerstag, 16. Juni, Arte, um 23 Uhr