Köln. Sommerpause für den „Tatort“. Die vergangene Saison war besonders mörderisch. Gibt es so etwas wie eine goldene Formel für den Tatort?
Frank Tönsmann ist Redakteur beim WDR und dort unter anderem zuständig für den Dortmunder „Tatort“. Vielleicht sieht er deshalb kurz so aus, als müsse er lachen, bevor er dann doch nur lächelt. Weil gerade jemand auf dem Kölner Medienforum von einer „Krise“ beim „Tatort“ gesprochen hat, der Mutter aller ARD-Krimireihen. „Nur“ noch 9,2 Millionen Zuschauer – und damit rund 700.000 weniger als ein Jahr zuvor – haben nach Berechnungen eines deutschen Mediendienstes im Schnitt eingeschaltet. Wenn das eine Krise sei, sagt Tönsmann und lächelt dabei immer noch, „dann auf hohem Niveau“. Anschließend schüttelt er den Kopf: „Nein, wir müssen uns keine Sorgen machen.“
„Jeder Zuschauer kann sein Lieblings-Team finden“
Warum auch? Nur drei Nicht-„Tatorte“ hatten in der Saison mehr Zuschauer als der schwächste „Tatort“ („Fegefeuer“ mit Til Schweiger), der 7,78 Millionen Zuschauer lockte. Und wenn Boerne und Thiel in Münster auf Verbrecherjagd gehen, sind oft mehr als zwölf Millionen Zuschauer dabei – Regionen, in die sonst nur der Fußball vordringen kann. Verständlich, dass der „Tatort“ bei der ARD gerne „Leuchtturm“ oder „Lagerfeuer“ genannt wird.
Warum sich so viele Menschen vor dem Bildschirm versammeln, wenn zum Ausklang des Wochenendes gemordet wird, weiß Tönsmann selbst nicht so genau. „Eine goldene Formel kenne ich nicht.“ Zum Teil liege es wohl an dem „idealen Sendeplatz“, mutmaßt er, zum Teil aber auch an den „regionalen Besonderheiten“, bei denen sich die Reihe bediene. Und natürlich an den vielen verschiedenen Kommissaren, die unter einer Dachmarke ermitteln. „Jeder Zuschauer kann sein Lieblingsteam finden.“
Moderner, rauer, kantiger
Zudem sei der Tatort einerseits sehr verlässlich, auf der anderen Seite aber auch sehr variabel. So hätten es etwa die erfolgreichen Teams aus Köln und Münster ermöglicht, beim 2011 gestarteten Dortmunder Ableger „Dinge auszuprobieren“. „Da sind wir moderner, rauer, kantiger.“
Nicht nur in NRW haben sie etwas gewagt. Immer wieder ist auch in der vergangenen Saison mit dem Format experimentiert worden. Allen voran beim Hessischen Rundfunk, der Ulrich Tukur in „Wer bin ich?“ auf verschiedenen Ebenen gegen sich selbst ermitteln ließ. Was Kritiker begeisterte, viele Zuschauer aber eher verstörte. Auch nicht jedermanns Fall war der hochgelobte Weimar-„Tatort: Der treue Roy“, in dem der Täter selbst mit einer Kugel im Kopf nicht aufgibt, während sich Christian Ulmen und Nora Tschirner durch die Dichter- und Denkerstadt kalauern. Ansonsten war es oft recht düster und so mörderisch wie lange nicht mehr. Schon 107 Figuren haben laut Zählung der „Bild“ in diesem Jahr zur besten Sendezeit ihr Leben ausgehaucht.
Nun ist erst einmal Sommerpause. Am 28. August gibt es den ersten neuen Fall aus Stuttgart, eine Woche später geht es nach Wien. Höhepunkt in diesem Jahr soll allerdings die 1000. Folge sein, in der die Publikumslieblinge Maria Furtwängler und Axel Milberg gemeinsam ermitteln und die genauso heißt wie die allererste Folge 1970: „Taxi nach Leipzig“.