Berlin. Ein sensibles Thema, mit dem sich das ZDF im Film „Ellas Entscheidung“ beschäftigt: Eine schwangere Frau steckt im Gewissenskonflikt.

Für viele steht am Anfang der Familiengründung die Frage nach dem passenden Kinderwagenmodell. Für Ella beginnt der Wunsch nach einem Kind mit Arztbesuchen. Sie schreibt keine Listen mit Wunschnamen, sie kauft keine geringelten Strampler und lässt sich auch nicht auf die Warteliste der Spitzenreiter-Kita im Viertel setzen. Sie hat andere Sorgen.

Ella ist Genträgerin der unheilbaren Erbkrankheit Duchenne. Sie und ihr Mann haben die Wahl zwischen einer „Schwangerschaft auf Probe“, die im Übertragungsfall der schweren Krankheit mit einer Abtreibung beendet werden kann, und einem Krankheitsausschlussverfahren, das den werdenden Eltern diese Tortur erspart: der Präimplantationsdiagnostik (PID). In diesem Fall werden nur die Embryonen verwendet, die keine Träger kranker Gene sind. „Wir reden hier über ein Kind, nicht über eine Entlüftungsanlage“, entfährt es Ella, als ihr Mann nach einem Arztbesuch allzu pragmatisch eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstellt.

Ellas Kind könnte sein Leben lang im Rollstuhl sitzen

„Ellas Entscheidung“ ist ein Film mit einer mächtigen Geschichte. Er setzt nicht auf Moorleichen, verschwundene Mädchen oder Serientäter auf Bewährung, wie es das ZDF üblicherweise am Montagabend tut. Der Film von Regisseurin Brigitte Maria Bertele (Drehbuch: Kristin Derfler) ist ein klassisches Fernsehdrama mit ernstem Tonfall. „Themenfilm“ werden Vertreter dieser Art oft etwas abfällig genannt (sollte ein Film also besser kein Thema haben, dafür aber möglichst viele Leichen?).

Gut, es sind durchaus (zu) viele Fakten, mit denen die Zuschauer über die PID mitsamt den vielfältigen moralisch-ethischen Implikationen konfrontiert werden. Da muss ein Kollege von Ella (Typ oberschlauer Wollpulliträger mit starken Stammtischmeinungen) halt auch mal einen minutenlangen Vortrag über die Würde des Menschen halten, was dem Film an dieser Stelle nicht nur aufgrund des Settings einen sehr lehrerzimmerhaften Ton verleiht. Kurz wähnt sich das Publikum in einem verfilmten Schulreferat, mittlerer Teil: Pro-und-Kontra-Diskussion des Sujets. Andererseits: Nicht jeder Spielfilm hat das Privileg, nach dem Abspann eine Dokumentation spendiert zu bekommen, die Fakten checkt und über den neuesten Stand der Wissenschaft referiert.

Hervorragende Schauspieler

Sehr viel anschaulicher gelingt die Sichtbarmachung der Krankheit Duchenne. Ellas Neffe, der 12-jährige Lennart, ist an den Rollstuhl gefesselt. Bei einer Operation muss seine Wirbelsäule mit zwei Titanstangen verstärkt werden, weil sie allein nicht genug Kraft hat. Die Szenen, die sich zwischen Lennart und seiner Familie abspielen, sind von rührender Glaubwürdigkeit. Mit großer Zärtlichkeit erzählen sie vom Kampf gegen das Unausweichliche. Nicht sentimental, sondern schmerzlich.

Fazit: Regisseurin Bertele kann sich für ihren Film auf hervorragende Schauspieler verlassen. Allen voran überzeugen Petra Schmidt-Schaller und Anna Schudt als ungleiches Schwesternpaar. Absolut sehenswert, doch manchmal zu viel Information.

ZDF, Montag, 30. Mai, 20.15 Uhr