Duisburg. In einem Mehrfamilienhaus in Duisburg organisierte Jan Böhmermann „Verafake“. Die Anwohner ahnten nichts von dem Coup. Ein Ortstermin.

In einer unscheinbaren Hinterhof-Wohnung im Duisburger Stadtteil Duissern hat TV-Satiriker Jan Böhmermann mit seiner Show „Neo Magazin Royale“ ein Stück Fernsehgeschichte geschrieben. Böhmermann hatte den „einsamen Eisenbahnfreund“ Robin, einen Schauspieler, in Vera Int-Veens Reality-Doku „Schwiegertochter gesucht“ bei RTL eingeschleust – und dafür die Wohnung an der Kardinal-Galen-Straße angemietet.

Jan Böhmermann trat nach dem Wirbel um das umstrittene Schmähgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan mit diesem Coup nach vierwöchiger Pause am Donnerstag zum ersten Mal wieder öffentlich auf. Die vorgetäuschte Suche nach der ersten Freundin für „Robin“ lief am 10. April bei RTL.

Komplett eingerichtet: Sofa, Küche, Bierkästen

„Verafake“ verbreitete sich seit der Enthüllung am Donnerstagabend rasant im Internet. Und die Vorbereitungen für den Fernseh-Coup waren wohl immens. Die Wohnung in Duisburg hatte Böhmermanns Produktionsfirma „Bildundtonfabrik“ laut Beobachtung von Anwohnern bereits im vergangenen Oktober angemietet.

Das „Schwiegertochter-gesucht“-Video, das RTL ausstrahlte, zeigt das weiße Mehrfamilienhaus mit der frisch renovierten Jugendstilfassade. An der vierspurigen Kardinal-Galen-Straße fahren die Autos vorbei. Die Wohnung von Eisenbahnfreak „Robin“, gespielt von Simon Steinhorst (30), ist in der Sendung komplett eingerichtet: Sofa, Küche, Bierkästen.

Einen Tag nachdem Böhmermann den Fake in seiner Sendung am Donnerstag auflöste, war die Wohnung schon leergeräumt, der Umzugswagen sei gerade weg, erzählten Nachbarn am Freitag. In dem weißen Laster hätten sich Teppiche, Möbel und zwei – wohl leere – Bierkästen gestapelt. „Da wird gerade etwas frei“, twitterte Böhmermanns Produktionsfirma.

Die Nachbarin hat die „Neuen“ kaum gesehen

Nachbarin Britta Kiszewski bekam von den Dreharbeiten nichts mit.
Nachbarin Britta Kiszewski bekam von den Dreharbeiten nichts mit. © BM | Stefan Eickershoff

Im Erdgeschoss sitzt Nachbarin Britta Kiszewski in ihrem kleinen vollgestellten Ladenlokal, sie verkauft Registrierkassen. Die neuen Nachbarn kamen ihr gleich ein bisschen komisch vor, sagt sie. Seit 16 Jahren arbeitet die 47-Jährige hier. Sechs Mieter wohnen im Haus: eine Wohngemeinschaft, Familien, zwei Damen mit Hund. „Die Neuen“ habe man aber nach ihrem Einzug nie gesehen. „Zwei junge Leute, unauffällig.“ Wie die ausgesehen haben, weiß die 47-Jährige schon gar nicht mehr genau. Bei ihr vorgestellt hätten sie sich jedenfalls nicht.

Durch das geöffnete Garagentor geht’s in den Innenhof zum weißen Anbau. Keine Jugendstil-Fassade, dafür Milchglas-Scheiben in der Schauspieler-Wohnung. Bis vor kurzem war sie ein Thai-Massage-Studio. „Schon etwas kurios“, sagt Britta Kiszewski. Der Hintereingang ist im düsteren Treppenhaus. Kaugummi-Papier auf Jugendstil-Fußboden, an der Klingel für die Erdgeschosswohnung ist der Name abgekratzt. Auf dem zerkratzten Briefkasten im Treppenhaus klebt ein gelbes Papierschild: R. Schulte. „Das sind die“, ist sich Britta Kiszewski sicher.

„Ich hab’ nur gedacht, schnell weg hier“

Sie hat „Neo Magazin Royale“ am Donnerstag nicht gesehen. „Ich hab’s kurz im Radio gehört“, erzählt die 47-Jährige. „Da wusste ich schon fast, dass meine Nachbarn die Schauspieler sind.“ Einen Verdacht hatte sie vorher nie. Nur einmal kam ihr etwas komisch vor. Ein Filmteam sei da gewesen. Vermutlich das RTL-Produktionsteam. „Aber da hab’ ich nur gedacht, schnell weg hier.“

Auf der anderen Seite der Straße sitzt eine 41-jährige Frau in der Sonne. Die Duisburgerin arbeitet im Haus gegenüber. „Da kann ich vom Büro aus direkt reingucken.“ Von Film-Teams hat sie nichts mitbekommen. „Das ist doch jetzt kein Scherz, oder?“ Ungläubiges Staunen. „Und ich hab’ mich immer schon gefragt, wo die die Leute für diesen Trash-Sendungen herkriegen...“

Diese Geschichte ist zuerst auf derwesten.de erschienen