Berlin. Bei „Sing meinen Song“ ging’s für Naidoo und Co. an die Songs von Wolfgang Niedecken. Kölsch gab’s wenig (zu hören), dafür aber Grappa.

Hatte er sich das wirklich gut überlegt, dieser Wolfgang Niedecken? Ein Mann, der mit BAP 40 Jahre Bandgeschichte geschrieben hat, dieser Maler, Sänger, Songwriter, ein Vollblutkünstler mit Bundesverdienstkreuz, der zu Köln gehört wie der Dom, der bei „Sing meinen Song“ erst zusagte, als ihm Xavier Naidoo versprach, dass er in Südafrika auch wirklich die Spiele des 1. FC Köln zu sehen bekommt – dieser Mann muss die Verwurstung seiner Kölschrock-Hymnen von „normalen“ Popmusikern erdulden? Vor seinen Augen und Ohren?

Ganz bedenkenlos scheint Niedecken jedenfalls nicht vor dieser fünften Episode der Musikshow, in der sich Samy Deluxe, Nena, Seven, Annett Louisan, The BossHoss und Xavier Naidoo an seinen Liedern abarbeiten müssen. „Ich find’s schlimm, wenn einer versucht, Kölsch zu singen, und es dann nicht schafft“, schickt Niedecken vorweg. Dabei belässt er es aber auch. Der Rheinländer weiß halt: Et hätt noch emmer joot jejange. Und es hat. Wer dazu beigetragen hat:

Die coolste Sau des Abends: Was für eine Frage?! Wolfgang Niedecken natürlich (wie fast in jeder Folge). Natürlich beinahe durchgehend mit Sonnenbrille. Er erzählt Dinge wie: „Ich bin wegen meiner Schulband von der Schule geflogen.“ Und: „Wenn die Typen von der Plattenfirma ankamen und erzählten uns was von Charts, dann haben wir gesagt, hört doch mit dem Scheiß auf, was sollen wir denn damit?“ Samy Deluxe sagt jetzt, er wäre gern von Niedecken adoptiert worden. Und vor der ersten Gesangseinlage schenkt Onkel Wolfgang seinen Mitstreitern erst mal Grappa ein. Rockstar!

Der Übersetzer: Alias Xavier Naidoo. Macht den Anfang mit der ruhigen Nummer „Songs sinn Dräume“. Mit dem großen Ziel: „Ich will, dass einmal alle Leute einen Song von BAP verstehen.“ Ach, das ging vorher nicht? Egal. Diesmal klappt es jedenfalls richtig gut. Zumindest nach einem kurzen Hänger am Anfang. BAP-Ballade in Hochdeutsch und Phil-Collins-Sound gegossen. Mit Soul-Gesang. Hätte auch von Naidoo sein können. Kann er einfach. Und Onkel Wolfgang so: „Ach, den Song kann man auch singen?“ Großer Auftakt.

Die Gefühlvolle: Nena bringt das Liebeslied „Do kanns zaubre“, gehaucht und gehüllt in Soft-Rock. Da wird selbst Onkel Wolfgang zwischendurch mal ein bisschen weich. War ja auch das Lied, das er für die Mutter seiner Kinder geschrieben hat. Und während der letzte Gitarren-Akkord verhallt, gesteht Nena: „Wolfgang, ich liebe dich.“ Hach!

Die Niedliche: Traut sich nicht ans Kölsch ran. War vielleicht auch besser so. Sonst wäre wohl auch zu viel von ihrer Annettlouisanhaftigkeit verloren gegangen. Klare, sanfte Töne, ohne viel Tamtam. So funktioniert „Verdamp lang her“ sogar, wenn’s etwas softer daherkommt. Und mit breitem Lächeln. Süß. Gab auch ein Küsschen von Onkel Wolfgang.

Der Krawallige: „Kristalnaach“ im Sprechgesang von Samy Deluxe. Oder anders: Das hat gesessen. Fetter Bass, energisch gerappt. So weit weg vom Original, und doch schlägt einem die Anti-Nazi-Botschaft ins Gesicht. Beeindruckende Adaption. Da ist selbst das verzerrte Zweitmikro á la 2000er Elektrodance gar nicht mal albern.

Und sonst so? Country-Klänge von The BossHoss zu „Alles em Lot“. Innovativ ist anders. Passt aber auch irgendwie rein. Um zu merken, dass alles andere richtig gut war.

Der Sieger: Nun ja, Käsefondue ist kein Halve Hahn – und Schweizer sollten nicht Kölsch singen. Seven versucht es trotzdem. Hat nicht so gut geklappt. Da hilft auch die fraglos furiose Stimme nichts. Trotzdem geht der Soul-Sänger am Ende des Abends mit der Blume für die beste Darbietung nach Hause. „Weil der Seven ganz dicke Eier gehabt hat“, würdigte Onkel Wolfgang. Kann man so sehen, muss man nicht. Jede Jeck ist anders. Am Ende gibt’s wieder Grappa.