Essen. Nach dem Erfolg der ersten Staffel gehen die „Vorstadtweiber“ in die nächste Runde. Und wieder sind die Wiener Damen herrlich frech.

Raus aus den Knast, in den sie allesamt gewandert waren, und wieder hinein in die Wiener Vorstadt. Schließlich heißt diese Serie ja nicht „Hinter Gittern“, sondern „Vorstadtweiber“. An diesem Dienstag um 20.15 Uhr startet in der ARD die neue Staffel.

„Vorstadtweiber“, das vielleicht als Erklärung für alle, die die Damen noch nicht kennengelernt haben, ist eine österreichische TV-Serie, mit der das Erste im vergangenen Jahr überraschend gute Quoten einfuhr. Überraschend nicht nur, weil viele Kritiker im Vorfeld eindringlich vor einer Bekanntschaft mit diesem Quintett gewarnt hatten; überraschend vor allem, weil sich dienstagabends in der ARD normalerweise Nonnen und Bürgermeister bekriegen oder skurrile Mordfälle in der Eifel gelöst werden.

Im Vergleich zu den Vorstadtweibern ist das alles wie Kinderstunde. Nicoletta (Nina Proll), Maria (Gerti Drassl), Waltraud (Maria Köstlinger), Caroline (Martina Ebm) und Sabine (Adina Vatter) heißen die fünf Damen vom Stadtrand. Alle nicht hässlich, fast alle einst gut situiert. Von Beruf Vorzeigefrau der meist älteren Gatten, im Nebenjob Geliebte. Allzeit bereit, außerhalb von Boutiquen oder überteuerten Frisierläden kaum lebensfähig. Kühlem „Brosseco“ und heißem Sex nie abgeneigt, einer festen beruflichen Tätigkeit dagegen schon.

Aus Freundschaften werden Zweckgemeinschaften

In Staffel zwei aber ist alles anders. Aus Freundschaften – sofern es sie denn je gegeben hat – sind in den meisten Fällen bestenfalls Zweckgemeinschaften geworden. Und hinter den Kulissen – manchmal auch davor – kämpft jede gegen jede. Viel schlimmer noch: Das Geld wird knapp. Der Schampus fließt nicht mehr in Strömen, die Autos werden kleiner, ja manch eine muss gar die Villa gegen eine Mietwohnung tauschen. Wie peinlich. Ein wenig wirkt das so, als seien die „Desperate Housewives“ von der Wisteria Lane in die Lindenstraße gezogen. „Bevor es wieder bergauf geht, geht es erst einmal alles ganz schwer bergab“, bestätigt Drehbuchautor Uli Brée, gebürtiger Deutscher und Wahlösterreicher.

Aber auch mit weniger Geld auf dem Konto wird gelogen und betrogen, gelästert und intrigiert, dass es eine wahre Freude ist. Und manch platter Dialog klingt mit Wiener Schmäh viel besser, als er ist.

Schwieriger ist, dass Brée sich nicht damit begnügt, die zahllosen offenen Handlungsfäden der ersten Staffel wieder aufzugreifen, sondern gleich ein halbes Dutzend neue einführt. Da gibt es nicht nur zwei ungewollte Schwangerschaften und einen immer noch ungesühnten Mord, da gibt es nun auch einen dubiosen Schönheitschirurgen und Gynäkologen und eine Ex-Frau, die für jede Menge Wirbel sorgen: Männer der Vorstadtweiber verlieren Potenz, Ansehen und Job. Und eine Entführung steht auch noch im Drehbuch. Manches kann da nur angerissen werden, für Tiefe fehlt der Platz.

Nicht ganz die Qualität der ersten Staffel erreicht

So voll gepackt sind die ersten neuen Folgen, dass darunter das Tempo der Handlung manchmal ein wenig leidet. Ab Mitte der Staffel aber nimmt die Serie wieder Fahrt auf, verlässt langsam die Gefilde der Mittelmäßigkeit, findet zurück zu alter Bosheit und ihrem ganz eigenen Humor. Da verzeiht man Brée dann auch, dass er nach wie vor kaum ein Klischee auslässt und vieles in seinen Drehbüchern vorhersehbar bleibt.

Fazit: Nicht so stark wie Staffel eins. Aber vor allem dank des wunderbar besetzten Ensembles immer noch sehr unterhaltsam.

Dienstag, 10. Mai, 20.15 Uhr, ARD