Berlin. Ein Video zeigt, wie die russische Jury eine Probe des ESC verfolgt. Und lässt Rückschlüsse auf die Wertung zu. Hat das Konsequenzen?

Womöglich wirbelt ein wenig zu viel Transparenz der russischen Jury das erste Halbfinale des Eurovision Song Contest (ESC) durcheinander. Denn ein im Netz veröffentlichtes Video von der Generalprobe der Show lässt eindeutige Rückschlüsse darauf zu, ob den Jurymitgliedern die Auftritte der Kandidaten gefallen haben oder nicht.

Die Wertungsrichterin Anastasia Stotskaya hat beim Livestreaming-Dienst Periscope den Clip hochgeladen, der sie und ihre vier Jurykollegen in einem kleinen Büro zeigt. Sie sitzen an einem Tisch, haben die Kugelschreiber gezückt und verfolgen auf dem Fernseher die Generalprobe, die bereits am Montagabend in Stockholm über die Bühne ging. Nur einige Zuschauer im Publikum und die Jurys der Teilnehmerländer bekommen diese Bilder eigentlich zu sehen.

Jubelausbrüche beim Auftritt von Armenien

Vor der Jurorin Stotskaya liegt einer der offiziellen Stimmzettel. Sie verdeckt das Blatt zwar mit der rechten Hand, doch das gelingt mehr schlecht als recht. Denn hinter einigen der 18 Ländern des ersten Halbfinales hat sie zwar noch keinen Rang eingetragen, dafür aber ein Plus- oder Minus-Zeichen, das die Tendenz erkennen lässt.

Die Niederlande bekommen ein dickes Plus: Der Singer-Songwriter Douwe Bob hat der Jurorin offenbar gut gefallen. Ungarn und Finnland kommen hingegen schlecht weg, diese Teilnehmer hat Stotskaya mit einem Minus markiert. Die verwackelten Bilder zeigen offenbar auch ein Plus hinter Griechenland, der Song „Utopian Land“ von Argo hat wohl gefallen.

Beim Auftritt der Sängerin für Armenien Iveta Mukuchyan bricht regelrechter Jubel aus. Die Jurymitglieder machen keinen Hehl daraus, dass ihnen die Performance gefällt. „Wow“, schallt es durch das kleine Büro.

Die Offenheit könnte Konsequenzen haben. Das Video beschäftigt nun auch die Europäische Rundfunkunion (EBU), die die Regeln des Wettbewerbs verantwortet. Vorgabe ist, dass die Jurywertung bis zum Finale am kommenden Samstag nicht bekannt wird. Die EBU hat daher auf Twitter angekündigt, sich zu dem Jury-Video zu äußern.

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Beim ESC gehen insgesamt 42 Länder ins Rennen. Im ersten Halbfinale am Dienstagabend (10. Mai) treten 18 Kandidaten gegeneinander an, ebenso im zweiten Halbfinale am Donnerstag, bei dem auch deutsche Zuschauer stimmberechtigt sind.

Die Regelmacher hatten das System in diesem Jahr radikal geändert: Im Finale am Samstag werden die Wertungen der Länderjurys und der Fernsehzuschauer getrennt vorgetragen. Damit kann jedes Land 24 Punkte vergeben: 12 durch das Publikum – und 12 durch die Jury.