Berlin. Am „Tatort“ Weimar sind sie ein Paar: Christian Ulmen und Nora Tschirner erzählen im Interview von Kosenamen und Gründen für Streit.

Nach zwei Feiertagsausgaben sind Nora Tschirner und Christian Ulmen mit ihrem dritten „Tatort: Der treue Roy“ am regulären Sonntag angekommen. Die Weimarer Kommissare Dorn und Lessing, die nicht nur ein Team, sondern auch ein Paar sind, haben es dieses Mal mit einer Leiche in der Hochofenschlacke eines Stahlwerks zu tun. Ein Gespräch mit den beiden Berliner Hauptdarstellern über die Höhen und Tiefen ihrer jahrelangen Freundschaft und die Erkenntnis, dass sie als Paar im achten Jahr gut funktionieren würden.

Herr Ulmen, Frau Tschirner hat Sie eben Chrissel genannt. Welchen Spitznamen haben Sie für Ihre Kollegin?

Christian Ulmen: Maiglöckchen, aber nur wenn sie gut gelaunt ist. Puma, weil ihr Duft gelegentlich von dezenter Strenge ist. Oder katholisch Mufflon. Die meisten Spitznamen für Nora stammen ehrlicherweise von meiner Mutter, weil sie sich keine Namen merken kann.
Nora Tschirner: Das gleiche Defizit hat übrigens mein Vater auch. Einmal sagte Christians Mutter zu ihm: Du drehst doch jetzt wieder mit dieser Norma Tschermau. Ich habe also meinen Vater angerufen und ihn gefragt: Papa, wie heißt der Mann, mit dem ich immer arbeite? Und er sagte: Ach, das ist doch dieser Olm.

Können Sie sich noch erinnern, was Sie übereinander gedacht haben, als Sie sich zum ersten Mal getroffen haben?

Tschirner: Ich kannte Christian zuerst aus dem Fernsehen. Ich war damals neu bei MTV und du gehörtest noch zu den coolen Leuten vom Anfang, als noch alle Englisch gesprochen haben. Ulmen: Mir haben alle schon von Nora erzählt, wir hatten auch das gleiche Management. Da wurde gesagt: Da kommt eine, die ist so toll. Eine ganz quirlige, freche Berliner Kodderschnauze. Und dann entsprach sie tatsächlich dieser Beschreibung.
Tschirner: Es hat lange gedauert, bis ich meine Angst vor Christian abgelegt hatte. Ich hatte wirklich Schiss vor ihm. Er war so klug und sarkastisch. Als wir unsere erste gemeinsame Sendung gemacht haben, war ich lange nicht sicher, ob er das nur macht, um mich zu verarschen. Mir wurde erst viel später klar, dass er mich wirklich auch gut fand.

Warum können Sie so gut zusammen arbeiten?

Ulmen: Weil sie bis heute nicht checkt, dass ich sie permanent verarsche. (lacht)
Tschirner: Das hat etwas mit unserer Humorstruktur zu tun. Wir finden ziemlich viele Dinge lustig, die sonst überhaupt niemand lustig findet.
Ulmen: Wir kannten uns schnell gut und hatten die gleichen Feinde innerhalb des Senders. Also Strukturen, gegen die wir rebelliert haben. Das verbindet.
Tschirner: Genau, der Hass verbindet. (lacht)

Gibt es auch mal Streit?

Ulmen: Ja, wir können uns erstaunlich gut aneinander reiben. In andauernder Eintracht würden wir nicht funktionieren. Reibung erzeugt Wärme. Bei mir ist das oft so. Ich komme am allerbesten mit denjenigen Menschen klar, die ich im Grunde nicht mag. In absoluter Harmonie verliere ich schnell das Interesse.
Tschirner: Lieben, Dank, mein Schnuffel. Der „Tatort“, den wir gerade abgedreht haben, war die erste Zusammenarbeit seit 15 Jahren, bei der es mal keinen Streit gab. Sonst gibt es zwischendurch immer einmal drei Tage Funkstille. So richtig Eiseskälte, wo man völlig schockiert vom anderen denkt, das war es jetzt für immer.

Streiten Sie inhaltlich oder über Persönliches?

Tschirner: Meistens sind wir dann richtig persönlich voneinander abgeschreckt. Man denkt sich: Das kannst du doch so echt nicht bringen! Wir sehen uns ja immer sehr geballt, da spielt dann auch Lagerkoller eine große Rolle. Wenn wir nicht zusammen arbeiten, schreiben wir uns meistens nur, das dafür sehr ausgiebig. Außer, wenn ich bei euch im Garten sitze und den Kühlschrank leer esse. Und dadurch ist das eine Freundschaft, an der ich sehr genau ablesen kann, wie ich mich über die Jahre weiter entwickelt habe.

Du bist aber der einzige Freund, mit dem es so knallt. Mit den Jahren haben wir Strategien entwickelt, das nicht mehr eskalieren zu lassen. Ich weiß nicht, an wem von uns beiden das liegt, das werde ich vielleicht erst wissen, wenn ich 89 bin und zurückblicke. Aber gerade kommt es mir so vor, als wäre ich einfach sehr gereift.

Leiche in Schlacke am „Tatort“ Weimar

Mord im Stahlwerk: In dem Weimarer Betrieb sind Leichenteile gefunden worden. Es ist der dritte Fall für die beiden „Tatort“-Kommissare Kira Dorn (Nora Tschirner, r.) und Lessing (Christian Ulmen, 2.v.r.). Die ARD zeigt die Krimikomödie „Der treue Roy“ am Sonntag, 24. April, um 20.15 Uhr.
Mord im Stahlwerk: In dem Weimarer Betrieb sind Leichenteile gefunden worden. Es ist der dritte Fall für die beiden „Tatort“-Kommissare Kira Dorn (Nora Tschirner, r.) und Lessing (Christian Ulmen, 2.v.r.). Die ARD zeigt die Krimikomödie „Der treue Roy“ am Sonntag, 24. April, um 20.15 Uhr. © MDR | Anke Neugebauer
Die menschlichen Überreste wurden in der Hochofenschlacke entdeckt: Das Team der Spurensicherung um Johann Ganser (Matthias Matschke, 2.v.l.) verschafft sich am Fundort einen ersten Überblick.
Die menschlichen Überreste wurden in der Hochofenschlacke entdeckt: Das Team der Spurensicherung um Johann Ganser (Matthias Matschke, 2.v.l.) verschafft sich am Fundort einen ersten Überblick. © MDR | Anke Neugebauer
Es muss Absticharbeiters Roy Weischlitz gewesen sein, der zu Tode gekommen ist.
Es muss Absticharbeiters Roy Weischlitz gewesen sein, der zu Tode gekommen ist. © MDR | Anke Neugebauer
Bei ihren Ermittlungen stellen die Kommissare bald fest, ...
Bei ihren Ermittlungen stellen die Kommissare bald fest, ... © MDR | Anke Neugebauer
... dass Roy (Florian Lukas) es nicht leicht hatte – gegen sein Leben, heißt es, sei „die spanische Inquisition eine Bachblütentherapie“ gewesen.
... dass Roy (Florian Lukas) es nicht leicht hatte – gegen sein Leben, heißt es, sei „die spanische Inquisition eine Bachblütentherapie“ gewesen. © MDR | Anke Neugebauer
Der ermordete Roy lebte mit seiner Schwester Siegrid (Fritzi Haberlandt) unter einem Dach. Nach eigener Aussage verband die beiden Geschwister ein inniges Verhältnis. Doch der Schein trügt. Siegrid machte ihren Bruder Roy ...
Der ermordete Roy lebte mit seiner Schwester Siegrid (Fritzi Haberlandt) unter einem Dach. Nach eigener Aussage verband die beiden Geschwister ein inniges Verhältnis. Doch der Schein trügt. Siegrid machte ihren Bruder Roy ... © MDR | Anke Neugebauer
... für die gescheiterte Beziehung zu ihrem Ex-Verlobten Karsten „Flamingo“ Schmöller (Thomas Wodianka, l.) verantwortlich. Durch Roys Schuld soll Karsten zuerst ein Bein verloren haben – und später den kompletten Halt.
... für die gescheiterte Beziehung zu ihrem Ex-Verlobten Karsten „Flamingo“ Schmöller (Thomas Wodianka, l.) verantwortlich. Durch Roys Schuld soll Karsten zuerst ein Bein verloren haben – und später den kompletten Halt. © MDR | Anke Neugebauer
Als Totengräber verdient sich „Flamingo“ etwas dazu; im Stahlwerk ist ihm gekündigt worden.
Als Totengräber verdient sich „Flamingo“ etwas dazu; im Stahlwerk ist ihm gekündigt worden. © MDR | Anke Neugebauer
Dem Alkohol verfallen haust „Flamingo“ in einer alten Tankstelle und hat finanzielle Probleme. Sowohl er als auch sein zwielichtiger Freund Frank Voigt (Sebastian Hülk, l.) kommen als Täter in Frage.
Dem Alkohol verfallen haust „Flamingo“ in einer alten Tankstelle und hat finanzielle Probleme. Sowohl er als auch sein zwielichtiger Freund Frank Voigt (Sebastian Hülk, l.) kommen als Täter in Frage. © MDR | Anke Neugebauer
Frank, bereits polizeilich bekannt, unterhält die Prostituierte Vanessa Fink (Nadine Boske) alias Irina Kratochvílová . Beide werden ins Präsidium geladen und verhört.
Frank, bereits polizeilich bekannt, unterhält die Prostituierte Vanessa Fink (Nadine Boske) alias Irina Kratochvílová . Beide werden ins Präsidium geladen und verhört. © MDR | Anke Neugebauer
Dorn und Lessing finden heraus, dass Irina Roy die große Liebe nur vorgegaukelt hat, um an sein Geld zu kommen.
Dorn und Lessing finden heraus, dass Irina Roy die große Liebe nur vorgegaukelt hat, um an sein Geld zu kommen. © MDR | Anke Neugebauer
Polizist Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey, l.)) zeigt Kurt Stich (Thorsten Merten) die Aufzeichnungen von Roy. Helfen sie, das Geheimnis um Roys Tod zu lösen?
Polizist Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey, l.)) zeigt Kurt Stich (Thorsten Merten) die Aufzeichnungen von Roy. Helfen sie, das Geheimnis um Roys Tod zu lösen? © MDR | Anke Neugebauer
Hauptkommissarin Dorn lässt sich auf „Undercover-Mission“ im Schönheitssalon von Siegrid die Nägel machen.
Hauptkommissarin Dorn lässt sich auf „Undercover-Mission“ im Schönheitssalon von Siegrid die Nägel machen. © MDR | Anke Neugebauer
Die Ereignisse überschlagen sich. Kira Dorn wird im Auto bedroht und fürchtet um ihr Leben.
Die Ereignisse überschlagen sich. Kira Dorn wird im Auto bedroht und fürchtet um ihr Leben. © MDR | Anke Neugebauer
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Sind Sie im Doppelpack anstrengend für andere Menschen?

Ulmen: Ich glaube, dass wir Menschen, die sich mit uns den Raum teilen, die Pest sind.
Tschirner: Wir sind übrigens tödlich beleidigt, dass der Dresdner „Tatort“ als erstes reines Frauenteam bezeichnet wird. Denn eigentlich fühlen wir uns als das erste Frauenteam, schon allein von unserem Gesprächsverhalten am Set ausgehend. Wir sind die ganze Zeit nur am rumgluckern. Ich glaube, das ist wie mit schwer erziehbaren Kindern mit uns. Aber wir kriegen das oft gar nicht mit. Dann guckt man irgendwann zwischendurch die anderen Leute an und denkt: Gott, sehen die alle müde aus.

Was macht Ihre Freundschaft aus?

Tschirner: Christian ist ein sehr guter Berater in allen Lebensthemen. Wenn ich ein persönliches Rätsel zu lösen versuche, sehne ich mich danach mit jemandem zu sprechen, der mild und trotzdem schonungslos mit mir ins Gericht geht. Christian scheut sich nicht, mir die Wahrheit zu sagen.
Ulmen: Obwohl es dafür zunächst immer einen drauf gibt, wenn man Nora die Wahrheit sagt. Da passiert dann erst langsam etwas im Hinterkopf. Bei mir ist das genau so. Wenn Nora mir einen schauspielerischen Rat gibt, rege ich mich zunächst sehr über diese Anmaßung auf, und befolge ihn dann doch. Jedes Mal.

Männer und Frauen können also doch Freunde sein?

Ulmen: Für mich ist Nora in dem Sinne keine Frau. (lacht) Das hat Helmut Dietl einmal über Angela Merkel gesagt und meinte damit, dass sie eben die Kanzlerin ist. Das ist für mich bei Nora ganz ähnlich.
Tschirner: Und Christian ist halt Chrissel. Das heißt nicht, dass ich nicht das Recht habe, rasend eifersüchtig zu sein, wenn du mit anderen Bitches drehst.

Ihre beiden Kommissare sind ein Paar. Das würde bei Ihnen nicht funktionieren?

Tschirner: Als Team funktionieren wir total gut.
Ulmen: Ich glaube, wir wären ein fantastisches Paar im achten Jahr. Streit, kein Sex, aber sonst läuft’s echt super.

• Sonntag, 24. April, ARD, 20.15 Uhr