Berlin. Sandra Maischberges Talk beschäftigte sich mit dem drastischen Anstieg der Einbrüche. Das Ergebnis: Das Problem ist häufig hausgemacht.

Als Jürgen Behr mitten in der Nacht zwei Einbrecher überrascht, wird er von ihnen mehr als eine Stunde lang mit einem Messer bedroht, getreten, geschlagen und gefesselt. Der Pfarrer aus Remscheid dachte, er würde die Nacht nicht überleben. Nicht immer verlaufen Einbrüche so brutal wie in Behrs Fall, doch auch wenn die Opfer keine körperliche Gewalt erfahren mussten, eines bleibt nach der Tat immer: die Angst, dass es wieder passiert.

„Mehr Einbrüche, mehr Kriminalität: Kann der Staat uns noch schützen?“, fragte Sandra Maischberger am Mittwochabend. Neben Pfarrer Behr diskutierten bemerkenswert harmonisch mit: Marijke Amado, Moderatorin und ebenfalls Einbruchsopfer, Sebastian Fiedler vom Bund Deutscher Kriminalbeamter, Stefan Studt, SPD-Innenminister von Schleswig-Holstein, der ehemalige Berufseinbrecher Siegfried Massat und Katja Triebel, Inhaberin eines Waffengeschäfts.

Die aktuelle Lage

6,33 Millionen Straftaten hat es im vergangenen Jahr in Deutschland gegeben – 4,1 Prozent mehr als 2014. Noch stärker ist die Zahl der Einbrüche gestiegen, eine Zunahme um fast zehn Prozent registrierte die Polizei 2015. Der Schaden: mehr als 500 Millionen Euro. Aufgeklärt wurden von den Einbrüchen rund 16 Prozent, gerade einmal zwei Prozent der Täter wurden später verurteilt.

Grund 1: Mehr Täter, weniger Personal

„Es gibt immer noch Junkies und Nachbarschaftstäter, doch die hohen Zuwächse bei den Einbruchszahlen haben wir durch reisende Täter aus dem Ausland“, sagte Kriminalkommissar Fiedler. Gleichzeitig stünde dieser Entwicklung weniger Personal im Justizapparat gegenüber. So müsse ein Beamter dauerhaft zwischen 150 und 300 Fälle bearbeiten. „Man muss der Bevölkerung auch sagen, dass wir nicht mehr in der Lage sind, für jeden einzelnen Fall eine Ermittlungskommission zu gründen.“ Stattdessen heiße es: Konzentration auf die professionellen Täter.

Die kommen meist aus Osteuropa, nutzen die europäische Freizügigkeit sowie den Schutzmechanismus Asylverfahren, gab Schleswig-Holsteins Innenminister Studt zu bedenken, betonte aber auch: „Die, die als Bürgerkriegsflüchtlinge zu uns kommen, sind nicht die, die als Tätergruppen in Erscheinung treten.“ Wohl aber würden diese sich den Flüchtlingsstrom zu Nutze machen, um darin unterzutauchen.

Grund 2: Schlechte Sicherung

Viele Einbrüche in Häuser und Wohnungen könnten verhindert werden, wenn deren Besitzer mehr in den Schutz investieren würden. Sagte einer, der weiß, wovon er redet. Siegfried Massat stieg über 40 Jahre professionell in Wohnungen, Häuser und Banken ein, saß dafür mehr als 25 Jahre in Haft. Heute ist der 73-Jährige Experte für Einbruchsicherheit und erklärte bei Maischberger, mechanische Sicherung sei zwar das A und O, doch das allein reiche nicht. „Sie können ein Bombenschloss an der Haustür haben, aber wenn das Türblatt schwach ist, nützt das gar nichts.“ Oft vergessen werde zudem eine Alarmanlage auf dem Dachboden sowie die Sicherung der Kellerfenster mit Gittern.

Lösungsvorschlag 1: Mehr Personal

„Professionellen Tätern müssen wir mit einer gut ausgestatteten Justiz begegnen“, forderte Fiedler. Die Finanzminister der Republik hätten jahrelang nicht bedacht, dass Kriminalität immer mehr koste als Kriminalitätsbekämpfung. Als positive Beispiele nannte er Bayern und Baden-Württemberg. „Ein Kriminalbeamter in München hat halb so viele Fälle auf dem Tisch wie einer in Köln, Hamburg oder Berlin“, so Fiedler. In Bayern seien die Einbruchszahlen deshalb zurückgegangen. Mit dieser Erkenntnis lief der Kriminalbeamte bei Studt offene Türen ein. „Wir müssen gesellschaftlich diskutieren, wie viele Steuergelder wir in die Sicherheit investieren wollen“, so der Minister.

Lösungsvorschlag 2: Mehr Bürgerinitiative

„Wir müssen die Leute auch ermutigen, ihre Türen besser zu verriegeln“, sagte Fiedler. In diesem Punkt könne der Staat in seinen Augen noch verpflichtender agieren. Das fand auch Ex-Einbrecher Massat: „Bei jedem Neubau, jedem Umbau sollte der Bauherr verpflichtet werden, eine Einbruchsicherung einzubauen.“ Als Basics nannte er Panzerverriegelung, sichere Fenster und Scheiben, außerdem Bewegungsmelder vor dem Haus.

Lösungsvorschlag 3: Mehr Waffen

War sich die Maischberger-Runde bis hierhin weitestgehend einig, kam gegen Ende der Sendung dann doch noch einmal eine Kontroverse auf. Waffengeschäft-Inhaberin Katja Triebel gesellte sich in die Runde und meinte: „Schusswaffen in den richtigen Händen können Leben retten.“ Sie plädierte für ein liberales Waffengesetz wie es etwa Österreich hat. Dort darf jeder Bürger ab 18 Jahren eine Schrotflinte besitzen, in Deutschland sind nur Schreckschusswaffen sowie Elektroschocker und Pfefferspray erlaubt. Doch Triebel stieß mit ihrem Vorschlag auf geschlossene Kritik. „Das wäre absolut kontraproduktiv“, sagte Massat: „Der Täter ist schneller als Sie.“ Dem pflichtete auch Pfarrer Behr bei, der seinen Peinigern damals liebend gerne „mit der Schaufel vors Knie gehauen“ hätte. „Doch das hätte mich selbst in Gefahr gebracht. Die Sekunde, die ich zögere, zögert der Täter nicht.“