Berlin. Schon wieder eine Neue: Das „Tatort“-Special mit Heike Makatsch ist nicht nur ressourcenschonend, sondern auch spannungsarm geraten.

Sie stellt sich gar nicht erst vor. Sie rügt am Tatort als Erstes den neuen Kollegen, dass er Spuren verwischt habe. Und im Büro tritt sie auch erst mal in einen Fettnapf, als sie ihren Arbeitsplatz bekrittelt, sie sei ja nicht behindert. Und dann ein weiterer Kollege im Rollstuhl heranrollt.

Die neue Frau Kommissarin, die nach 14 Jahren in London nach Freiburg zurückkehrt, ist ganz offenbar keine einfache Person. Schon gar nicht privat. In das Haus ihrer Mutter traut sie sich nach der Rückkehr kaum hinein. Kein Wunder, hat sie doch einst ihre Tochter hier zurückgelassen, die nun von ihrer Mama kaum etwas weiß. Und nun ist sie schon wieder schwanger, was ihre Mutter gleich böse kommentiert, diesmal könne sie das Kind nicht einfach so hier abwerfen.

Ein ressourcenschonender „Tatort“

Diese Kommissarin Ellen Berlinger ist in der „Tatort“-Folge „Fünf Minuten Himmel“ eine einzige Katastrophe. Und all ihr Seelengepäck muss Heike Makatsch auf die Schulter nehmen. Im sich immer schneller drehenden Personalkarussell des „Tatort“ ist – nach Nora Tschirner und Christian Ulmen in Weimar, die zu Weihnachten 2013 erstmals ausgestrahlt wurden – das zweite „Tatort“-Special nun der 35-Jährigen an diesem Ostermontag gewidmet. Es ist nicht ohne Ironie, dass wie damals bei Frau Tschirner auch bei Frau Makatsch die eigene Schwangerschaft einfach mit eingebaut wurde. So kurz nach dem Wahlsieg der Grünen in Baden-Württemberg geriert sich diese Folge zudem als eine Art erster „Bio-Tatort“, weil sie bewusst ressourcenschonend produziert worden ist. Nun ja.

Heike Makatsch ermittelt im „Tatort“

Heike Makatsch gibt ihren Einstand im „Tatort“. In einem einmaligen Spezial der ARD-Krimireihe am Ostermontag (28. März) ermittelt sie in Freiburg als Hauptkommissarin Ellen Berlinger. 14 Jahre hat sie als Sonderermittlerin des Bundeskriminalamtes (BKA) in London gearbeitet, ...
Heike Makatsch gibt ihren Einstand im „Tatort“. In einem einmaligen Spezial der ARD-Krimireihe am Ostermontag (28. März) ermittelt sie in Freiburg als Hauptkommissarin Ellen Berlinger. 14 Jahre hat sie als Sonderermittlerin des Bundeskriminalamtes (BKA) in London gearbeitet, ... © SWR | Ziegler Film
... nun kehrt sie erstmals in ihre Heimatstadt zurück und wird mit ihrer Vergangenheit konfrontiert: Ihre 15-jährige Tochter Niina Berlinger (Emilia Bernsdorf, l.) ist bei ihrer Großmutter Edelgard (Angela Winkler) aufgewachsen und hat ihre Mutter bisher nie kennengelernt.
... nun kehrt sie erstmals in ihre Heimatstadt zurück und wird mit ihrer Vergangenheit konfrontiert: Ihre 15-jährige Tochter Niina Berlinger (Emilia Bernsdorf, l.) ist bei ihrer Großmutter Edelgard (Angela Winkler) aufgewachsen und hat ihre Mutter bisher nie kennengelernt. © SWR | Ziegler Film
Kaum in der Uni-Stadt angekommen, wird Berlinger mit ihrem ersten Fall konfrontiert: Der Mitarbeiter eines Jobcenters wird tot aufgefunden – stranguliert mit einem Kabelbinder. Cornelia Mai (Julika Jenkins, r.) und ihre Tochter Melinda (Rosemarie Röse) sind vom Schicksal ihres Sachbearbeiters betroffen.
Kaum in der Uni-Stadt angekommen, wird Berlinger mit ihrem ersten Fall konfrontiert: Der Mitarbeiter eines Jobcenters wird tot aufgefunden – stranguliert mit einem Kabelbinder. Cornelia Mai (Julika Jenkins, r.) und ihre Tochter Melinda (Rosemarie Röse) sind vom Schicksal ihres Sachbearbeiters betroffen. © SWR | Ziegler Film
Mutter und Tochter sind darauf angewiesen, dass das Jobcenter ihre Miete zahlt, sonst wird ihre Kündigung wirksam. Doch die Zahlung ist nicht erfolgt. Der Fall gibt Rätsel auf: War es Selbstmord oder doch ein Mord?
Mutter und Tochter sind darauf angewiesen, dass das Jobcenter ihre Miete zahlt, sonst wird ihre Kündigung wirksam. Doch die Zahlung ist nicht erfolgt. Der Fall gibt Rätsel auf: War es Selbstmord oder doch ein Mord? © SWR | Ziegler Film
Was weiß Melinda über das Verhältnis ihrer Mutter zum Todesopfer?
Was weiß Melinda über das Verhältnis ihrer Mutter zum Todesopfer? © SWR | Ziegler Film
Die Ermittlungen führen in die Freiburger Immobilienbranche und zur Familie Winterle, die aus ihrer Wohnung ausziehen musste. Viele hätten ein Mordmotiv, denn der Tote hat Bescheide manipuliert und sich bestechen lassen.
Die Ermittlungen führen in die Freiburger Immobilienbranche und zur Familie Winterle, die aus ihrer Wohnung ausziehen musste. Viele hätten ein Mordmotiv, denn der Tote hat Bescheide manipuliert und sich bestechen lassen. © SWR | Ziegler Film
Eine weitere Spur führt zu einer Jugendgruppe um den Sohn des Verstorbenen. Hierzu gehört auch Niina, die Tochter der Kommissarin. Melinda und Ruth (Jochanah Mahnke, r.) – die Tochter der Familie Winterle – sind mit im Bunde.
Eine weitere Spur führt zu einer Jugendgruppe um den Sohn des Verstorbenen. Hierzu gehört auch Niina, die Tochter der Kommissarin. Melinda und Ruth (Jochanah Mahnke, r.) – die Tochter der Familie Winterle – sind mit im Bunde. © SWR | Ziegler Film
Die Jugendlichen praktizieren ein gefährliches Spiel. Harriet (Anna-Lena Klenke, r.) drückt Ruth die Luft ab – ein unter den Jugendlichen angesagten Ohnmachtsspiel „Passout Game“. Ruth bekommt epileptische Zuckungen.
Die Jugendlichen praktizieren ein gefährliches Spiel. Harriet (Anna-Lena Klenke, r.) drückt Ruth die Luft ab – ein unter den Jugendlichen angesagten Ohnmachtsspiel „Passout Game“. Ruth bekommt epileptische Zuckungen. © SWR | Ziegler Film
Währenddessen kommt es zu einem weiteren Vorfall: ...
Währenddessen kommt es zu einem weiteren Vorfall: ... © SWR | Ziegler Film
... Cornelia Mai ist aus dem Fenster gestürzt. Die Kommissarin ist bereits am Tatort ...
... Cornelia Mai ist aus dem Fenster gestürzt. Die Kommissarin ist bereits am Tatort ... © SWR | Ziegler Film
... und wird von ihrem neuen Chef des Freiburger Morddezernats Volker Gaus (Holger Kunkel, l.) und dem Kollegen Hendrik Koch (Max Thommes) unterstützt.
... und wird von ihrem neuen Chef des Freiburger Morddezernats Volker Gaus (Holger Kunkel, l.) und dem Kollegen Hendrik Koch (Max Thommes) unterstützt. © SWR | Ziegler Film
Wen hat Berlinger im Visier?
Wen hat Berlinger im Visier? © SWR | Ziegler Film
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Dem Fall hilft das wenig. Es geht um einen Mord im Jobcenter. Aber auch um Jugendliche und „Biokiffen“ – eine obskure Art, sich in die Bewusstlosigkeit zu hecheln für die titelgebenden fünf Minuten Himmel. Der Tote hat mehreren Hartz-IV-Empfängern die Miete nicht gezahlt, die deshalb ihr Heim verlieren. Verdächtige gibt es so genug. Die Ermittlungen führen da, jenseits aller beschaulichen Breisgau-Klischees, in zahllose Abgründe. Lauter menschliche Problemfälle und verhaltensauffällige Individuen. Und Jugendliche, die die Misere ihres Umfelds mit perversen Würgespielchen verdrängen.

Unnötig konfus

Von Freiburg ist hier, von ein paar Panoramen im Sonnenuntergang abgesehen, wenig zu erkennen. Und die Hamburger Regisseurin Katrin Gebbe, die 2013 in Cannes mit „Tore tanzt“ verstörte, hat das Ganze unnötig konfus und wenig spannungsfördernd inszeniert. Dass der Sohn des Toten mit der Tochter der Hauptverdächtigen was anfängt, ist nur einer von vielen schwer zu glaubenden Drehbuchzufällen. Dass die Kommissarin nicht privat, sondern im Zuge der Ermittlungen auf ihre Tochter trifft, ein anderer. Freiburg muss ganz schön klein sein, wenn hier alles und jeder zusammenhängt.

Schade für Heike Makatsch, deren Kommissarinnenfigur – samt Bühnenikone Angela Winkler als grantelnde Mutter – durchaus Potenzial für mehr Fälle hätte. Ob es die geben wird, ist aber noch nicht ausgemacht. Bislang war immer nur von einem „Special“ die Rede. Und das erweist sich eher als faules denn als Osterei. Das Ländle scheint einfach kein Glück zu haben mit seinen „Tatorten“. Nachdem Eva Mattes demnächst in Konstanz den Dienst quittiert, erweist sich auch Freiburg nicht als das rechte Pflaster für den gepflegten ARD-Krimi.

Bleibt abzuwarten, wie sich Harald Schmidt in seinem ersten Schwarzwälder Einsatz bewährt. Auf ein Bio-Etikett wird er zumindest pfeifen.

„Tatort: Fünf Minuten Himmel“: Ostermontag, ARD, 20.15 Uhr