Berlin. Der ZDF-Krimi „Dengler – Am zwölften Tag“ führt in die mafiösen Strukturen der Fleischindustrie – und liefert eine gute Mischung.

Die Bauersleute Zemke sind ein­fache Menschen, freundlich, ehrlich. Eigentlich. Sie haben ihren großen Hof im Brandenburgischen über Jahre hin mit mäßigem Erfolg betrieben, bis es nicht mehr ging. Jetzt sind sie bis über beide Ohren verschuldet und haben sich und ihren Hof ausgeliefert an den „Hühnerbaron“ genannten Carsten Osterhannes (Jörg Schüttauf). Ein Mann, der keine Gefangenen macht, wenn es um Mensch oder auch Tier geht und um seinen zu mehrenden Reichtum.

Jakob Dengler (Jannis Niewöhner) ist ein engagierter Junge, mitten in der Spätpubertät ist er, in einer Zeit, in der das Idealistische nicht selten triumphiert über den Realismus. Jakob hat sich den Tierschützern angeschlossen und macht sich eines Tages mit Freunden auf, um mit der Videokamera die bestialischen Verhältnisse auf einem Hof zu dokumentieren, auf dem offenbar Massentierhaltung betrieben wird. Es geht um Schweine. Die Jugend­lichen dringen in die Ställe ein und beginnen zu filmen. Dann geht das Licht aus. Sie sitzen in der Falle.

Der Sohn ist Tierschutzaktivist – Dengler weiß von nichts

Jakob ist Georg Denglers Sohn. Dengler (Ronald Zehrfeld) ist seit seinem Ausscheiden aus dem Bundeskriminalamt, wo er als Zielfahnder unterwegs war, privater Ermittler. Dass Jakob, der eines Tages verschwunden ist, in einer Gruppe von radikalen Tierschützern aktiv ist und sich in einem Mastbetrieb einschleicht, das weiß Dengler nicht. Schließlich lebt er getrennt von seiner Frau und meist auch fern von dem, was seinen Sohn umtreibt. Dass dieser bei seinen Recherchen ein menschliches Ohr in einem Futtertrog für Schweine findet, kann Dengler nicht wissen.

„Am zwölften Tag“ ist die Verfilmung eines Kriminalromans des Stuttgarter Autors Wolfgang Schorlau, der mit seinen Dengler-Romanen mittlerweile einen festen Platz auf den Bestsellerlisten einnimmt. Es ist nach „Die letzte Flucht“ die zweite Verfilmung eines Thrillers von Schorlau. Ging es dort um die Machenschaften der Pharmaindustrie, so geht es hier um grausame Massentierhaltung, um die mafiösen Strukturen der Fleischindustrie – und um die üblen Geschäfte mit Leiharbeitern.

16-Stunden-Schicht für Dumpingslohn

Auf dem Hof der biederen Zemkes sind sie beschäftigt, die Männer aus Rumänien, die zu Dumpinglöhnen 14 bis 16 Stunden Schicht am Tag schieben, ihrer menschlichen Würde durch Zynismus und Gewalt beraubt. Als einer von ihnen gegen die unhaltbaren Zustände aufbegehrt, sein Geld und seinen Ausweis fordert, nimmt das Drama seinen Lauf. Und Jakob Dengler sitzt mit seinen Freunden eingesperrt in einem Abstellraum, bewacht von der stiernackigen Schlägertruppe des „Hühnerbarons“.

Durch eine falsche SMS erfährt Dengler von dem Schicksal seines Sohnes, nachdem seine Exfrau ihn über dessen Verschwinden informiert hat. Doch wo befindet sich Jakob? Dengler beginnt, in der Tierschützerszene zu recherchieren, wo man ihm anfangs jedoch wenig entgegenkommt, schließlich sind die Aktionen der Tierschützer nicht immer zweifelsfrei mit dem Gesetz in Einklang zu bringen.

Doch mithilfe seiner Freundin Olga (wunderbar: die Wiener Burgschauspielerin Birgit Minichmayr), einer Hackerin von Gottes Gnaden, gelingt es Dengler, den Aufenthaltsort seines Sohnes ausfindig zu machen. Zugleich aber gilt es noch, die politisch äußerst streitbare Olga in Sicherheit zu bringen: Sie hat eine Reihe von Under­cover-Agenten des Bundeskriminalamts enttarnt – und steht jetzt mitten im Zielkreuz der nachrichtendienst­lichen Fahnder. Jene Männer, die auch ihrem ehemaligen Kollegen Dengler nicht gerade besonders wohlgesonnen gegenüberstehen.

Turbulente Actionelemente

Was sich aus diesen beiden Handlungssträngen in der Folge entwickelt, ist ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit, der Dengler nicht nur emotional zu überfordern droht.

Regisseur Lars Kraume, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, hat Wolfgang Schorlaus lite­rarische Vorlage wie schon in „Die letzte Flucht“ mit turbulenten Action­elementen angefüttert. Wenn Hackerin Olga mit nachtschwarzer Sonnenbrille durch die Szene stapft, könnte sie auch „Matrix“ entsprungen sein. Und als Dengler auf seinem Motorrad die Rolltreppe zu einer U-Bahn-Station hinunterscheppert und harmlose Passanten in Angst und Schrecken versetzt, fühlt man sich unweigerlich in die wüste Verfolgungsjagd eines James-Bond-Films versetzt.

Fazit: Das dramaturgische Konzept aus Tempo und Innehalten funktioniert. „Die Filme müssen dem Geist der Romane entsprechen“, sagt Regisseur Kraume. Das ist ihm hier mehr noch als mit der ersten Dengler-Verfilmung gelungen.

• Montag, 14. März, 20.15 Uhr, ZDF: „Dengler – Am zwölften Tag“