Berlin. Tom Schilling hat im ARD-Thriller „Auf kurze Distanz“ erstmals einen Ermittler-Job. Beim Wetten bereitete er sich auf die Rolle vor.

Zwischen dem adretten Café im angesagten Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg und den finsteren Wettspelunken in Stadtteil Neukölln liegen wenige Kilometer – aber Welten. Tom Schilling (34) kennt sie nun beide. Der Schauspieler wohnt hier in der Nähe des Treffpunkts, mit der Spielerszene dagegen kam er erstmals für seinen ARD-Thriller „Auf kurze Distanz“ in Berührung.

Er kommt herein ins Café, schwarzer Mantel, Weste, schwarzer Hut, entschuldigt sich für zwei Minuten Verspätung. Keiner der Gäste guckt. Hier ist man Promis gewöhnt, und Schilling ist trotz ausgewählter Garderobe ein unauffälliger Star. Kein Posterboy wie Elyas M’Barek, kein Strahlemann wie Matthias Schweighöfer. Gerade das macht ihn in der Rolle als verdeckter Ermittler Klaus Roth so überzeugend. „Ursprünglich habe ich zugesagt, weil ich noch nie einen Polizisten gespielt habe“, sagt er.

Eine Reise in die Unterwelt des Wettgeschäfts um schnelles Geld

„Sie gehen ab sofort jeden Tag ins Galaxis und setzen“, befiehlt der Hauptkommissar in dem Film dem jungen Polizisten. Roth soll in dem Wettbüro Kontakt zur serbischen Wettmafia aufnehmen. Ihm gelingt es, das Vertrauen von Luka (Goldene-Kamera-Gewinner Edin Hasanovic) zu gewinnen, Neffe des Mafiapaten.

Eine Story um schnelles Geld, aber auch um Einsamkeit, Freundschaft und Verrat. Klaus ist alles andere als ein Held, wie man ihn sonst unter TV-Ermittlern findet. „Die Figur ist düster geworden“, sagt Schilling. „Klaus ist jemand, der liebesbedürftig ist, aber keine Liebe bekommt.“ Ausgerechnet in seiner Zielperson finde er den ersehnten Freund, der aber keiner sein darf. „Ich spiele grundsätzlich lieber Figuren, die mit sich und der Welt ringen.“

Die Wettszene – eine Welt ohne Frauen

Die Wettszene war ihm komplett fremd. „In der Vorbereitung bin ich deshalb mit Edin zum Wetten gegangen, um die Vorgänge zu begreifen.“ Er war überrascht, dass dort vom Arbeiter bis zum Literatur-Doktoranden alles vertreten war. Nur eben keine Frauen.

Regie führte Philipp Kadelbach, mit dem er bereits das preisgekrönte Weltkriegsdrama „Unsere Mütter, unsere Väter“ drehte. „Ein Wahrheitssucher“, sagt Schilling.

Im Moment sondiert er Drehbücher. Er erlaubt es sich, genau auszuwählen, auch ohne ein Polster durch Werbegeld zu haben. „Mein Lebenswandel ist nicht teuer, sodass ich nicht auf Werbeverträge angewiesen bin“, sagt der zweifache Vater.

Schilling-Fans fragen nicht nach Selfies

„Ich versuche, alles klein zu halten, um größtmögliche Unabhängigkeit zu bewahren. Außerdem glaube ich an eine Art Muse, und die fände Werbung nicht so gut.“ Er steht auf, noch immer guckt keiner so richtig. „Die Leute, die mich erkennen, fragen selten nach Selfies“, sagt er. „Sie sind meist sehr höflich.“

Gemein würden die Menschen zu ihm erst im Internet. „Ja, ich google mich selbst. Mit Vorliebe lese ich auch bösartige Kommentare über mich.“ Schilling hält nichts davon, es sich leicht zu machen.

Fazit: Kompromissloser Thriller mit dichter Atmosphäre und stimmiger Kamera. Erstklassig besetzt.

Mittwoch, 2. März, 20.15 Uhr, ARD