Berlin. Jamie-Lee Kriewitz wird beim deutschen ESC-Vorentscheid hoch gehandelt. Welche Chancen haben die anderen Kandidaten? Ein Überblick.

Null Punkte und letzter Platz im vergangenen Jahr, dann das Debakel um die ESC-Teilnahme von Xavier Naidoo – nach vielen Pleiten hat die ARD den Reset-Knopf gedrückt: Alles auf Neuanfang ist das Motto. Auch das „Kümmertgate“ von 2015 soll sich nicht wiederholen. Damals hatte Andreas Kümmert den deutschen Vorentscheid gewonnen, dann aber überraschend doch nicht zum ESC fahren wollen. 2016 wurde mit allen Teilnehmer am deutschen ESC-Vorentscheid ausführlich gesprochen.

Zehn Künstler und Bands treten beim Rennen um das deutsche Ticket zum „Eurovision Song Contest“ an. Die Stilrichtungen reichen von Rock über gregorianischen Gesang bis zu aktuellem Pop. Und selbst Ralph Siegel ist mal wieder dabei. Alle wollen bei „Unser Lied für Stockholm“gewinnen und es beim größten Musikwettbewerb der Welt besser machen als Ann Sophie im vergangenen Jahr. Doch welcher Kandidat hat die besten Chancen?

Wir stellen die ESC-Favoriten vor:

Alex Diehl
Alex Diehl © dpa | Henning Kaiser

Alex Diehl: Der Singer-Songwriter hat gute Chancen auf den Sieg beim deutschen ESC-Vorentscheid. Seinen Song „Nur ein Lied“ hat Diehl unter dem Eindruck des Terrors von Paris geschrieben. Ganz im Sinne der ESC-Tradition ist es also ein Song mit Botschaft – die Hoffnung auf eine friedliche Welt. Damit konnte schon Nicoles „Ein bisschen Frieden“ 1982 überzeugen. Alex Diehl kann sich auch auf seine große Fangemeinde verlassen. In den letzten drei Monaten wurde „Nur ein Lied“ über sieben Millionen Mal auf Diehls Facebook-Seite aufgerufen.

Sänger Tobias Sammet
Sänger Tobias Sammet © dpa | Henning Kaiser

„Avantasia“: Metal kann beim ESC funktionieren. Das zeigte schon 2006 die finnische Band „Lordi“. „Avantasia“ könnte daher beim Song Contest gut abschneiden. Die Band rund um Sänger Tobias Sammet ist international erfolgreich und hat eine große Fangemeinde. Sammet ist bühnenerfahren und spielte schon mit Alice Cooper oder Klaus Meine. Ihr Song „Mystery Of A Blood Red Rose“ hat Tempo und bleibt im Ohr. Scheitern könnten sie aber am deutschen Fernsehzuschauer, dem solche Metal-Töne nicht gefallen.

Jamie-Lee Kriewitz: Schon bei „The Voice of Germany“ wurde Jamie-Lee Kriewitz als Favoritin gehandelt. Und wie erwartete gewann sie auch die Castingshow. Ob sie auch beim ESC einen Raketenstart hinlegt, wird sich zeigen. Doch die 17-Jährige gilt als Favoritint. Ein Pluspunkt ist, dass Jamie-Lee in der Masse auffällt. Sie ist bunt, verrückt und hebt sich mit ihren extravaganten Outfits im japanischen Manga-Style von ihrer Konkurrenz ab. Ihr Song „Ghost“ stand auf Platz eins der iTunes-Downloadcharts und Platz elf der Musikcharts. So weit nach oben schaffte es keines der zur Wahl stehenden ESC-Stücke.

Ella Endlich
Ella Endlich © dpa | Henning Kaiser

Ella Endlich: Das kommt einem doch bekannt vor, denkt der Zuhörer sofort: Ella Endlichs „Adrenalin“ klingt ein bisschen wie Helene Fischers „Atemlos“. Und wie der musikalische Bruder geht der Song ins Ohr. Der Song wurde von Komponisten geschrieben, die schon ESC-Beiträge für die No Angels lieferten. Doch ob das ein gutes Zeichen ist? Die No Angeles holten beim ESC im Jahr 2008 den drittletzten Platz.

Und die Chancen der anderen Kandidaten?

„Luxuslärm“, „Solange Liebe in mir wohnt“: Die Band tritt nicht mit dem bahnbrechenden ESC-Hit an. Doch die Rock-Pop-Musik von „Luxuslärm“ kommt vor allem beim jungen Publikum gut an. Möglich, dass die junge Fangemeinde alles dafür tun wird, das „Luxuslärm“ aufs Treppchen kommt.

„Joco“, „Full Moon“: Die Schwestern Josepha und Cosima Carl machen leichte Folk-Pop-Musik. Ihr Song hebt sich nicht groß von der Masse ab. Allerdings gab es beim deutschen ESC-Vorentscheid schon öfters Überraschungen und moderne Pop-Songs hatten Erfolg. (Wir erinnern uns an „Elaiza“ und „Is it right?“)

Laura Pinski, „Under The Sun We Are One“: Joker Ralph Siegel wird Laura Pinski nicht weiter helfen können. Ihr Song für den ESC reißt nicht vom Hocker, ist langweilig und unmodern.

„Gregorian“, „Master Of Chant“: Die Musik der Kloster-Pop-Kombo ist zu speziell für das ESC-Publikum. Auf einen Mix aus gregorianischen Gesängen und Pop hat keiner gewartet.

„Keøma“, „Protected“: Das Indie-Pop-Duo ist zu unbekannt. Keine Chance auf den Sieg.

„Woods of Birnam“, „Lift me up (from the Underground)“: Erfolg hat die Band um Schauspieler Christian Friedel, so hat sie den Titelsong zu Til Schweigers Kinoerfolg „Honig im Kopf“ gemacht. Doch beim ESC stehen die Chancen eher schlecht. Ihr Song plätschert so dahin und ist kein Rausreißer.

Über den deutschen ESC-Vorentscheid berichten wir am Donnerstagabend im Live Blog.