Essen. Das TV-Drama „Die Hebamme II“ mit Josephine Preuß in der Hauptrolle fesselt mit Spannung und Opulenz. Dazu kommen viel Blut und Wunden.

Vor zwei Jahren hat „Die Hebamme“ über fünf Millionen Zuschauer vor dem Bildschirm versammelt. Nun ist sie zurück: Im zweiten Teil verrichtet die Hebamme ihren Dienst nicht mehr in Marburg, sondern in Wien.

Hatte sich die junge Gesa (Josefine Preuß) im ersten Film erst noch zur Hebamme ausbilden lassen, so strebt sie diesmal nach Höherem: Als sie ihre an der Schwindsucht erkrankte Cousine Luise (Genija Rykova) nach Wien begleitet, damit sich die Frau dort von ihrem bekannten Vater behandeln lassen kann, ist sie umgehend fasziniert von den Heilkünsten des bekannten Medicus (Bernhard Schir).

Sie möchte bei ihm studieren. Doch das ist unmöglich. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es nicht üblich, dass Frauen in der Medizin arbeiteten. Als der Arzt bei einem Notfall Gesas großes Talent erkennt, gewährt er ihr immerhin den Status einer Gasthörerin.

Viel Blut, viele Wunden

Auch wenn der freizügige Vorspann völlig falsche Erwartungen weckt: Das aufwendige fast zwei Stunden lange Sittengemälde hat Spektakuläres zu bieten. Erst recht, als in der zweiten Hälfte die Suche nach einem Serienmörder mehr und mehr in den Vordergrund rückt.

Blutig allerdings sind viele Bilder auch schon vorher. Wer nur ungern in klaffende Wunden schaut, sollte den Film meiden. Vielleicht reicht es ja auch, die Augen in diesen Szenen zu schließen. Belohnt werden die Zuschauer mit viel Spannung, die teilweise nach der Dramaturgie eines Horrorfilms abläuft.

Wie schon in Teil eins des Romans von Kerstin Cantz, von dem sich die Verfilmung weit gelöst hat, treffen Regisseur Hannu Salonen und Autor Thorsten Wettcke die frauenfeindliche Atmosphäre jener Zeit sehr gut. Die Morde werden von den Autoritäten mehr oder weniger achselzuckend zur Kenntnis genommen, schließlich handele es sich nur um Prostituierte. Reizvoll ist auch die Figur des Medicus, selbst wenn Bernhard Schir die Rolle nicht so facettenreich anlegt wie Axel Milberg sein Pendant im ersten Teil. Die Szenen, in denen der Arzt die prähistorisch anmutenden Errungenschaften der „modernen Medizin“ vorführt, erzeugen wohliges Gruseln.

Preuß tröstet über die seichte Handlung hinweg

Interessant ist der Professor (Marcus Mittermeier), der auf „animalischen Magnetismus“ schwört und lieber mit Steinen als mit dem Skalpell arbeitet. Der alternative Heiler, bei dem sich erstaunliche Erfolge mit krachenden Niederlagen abwechseln, ist eine verblüffend aktuelle Figur.

Die Geschichte ist nicht sonderlich raffiniert. Aber das Porträt einer Heldin, die ihrer Zeit weit voraus ist und sich in einer frauenfeindlichen Männerwelt durchsetzen will, ist dank einer präsenten Josefine Preuß auch im zweiten Aufguss durchaus sehenswert.

Fazit: Die Verquickung von etwas Romantik, etwas Thrill und etwas Historie kommt offenbar an, siehe „Die Wanderhure“ (Sat.1), „Die Pilgerin“ (ZDF) oder „Die Pfeiler der Macht“ (ZDF). Schade nur, dass so viele Klischees (geplatzte Mieder und spitze Schreie während des Geburtsprozesses) bemüht werden.

• Dienstag, 16. Februar, Sat.1, 20.15 Uh r