1972 drehte Jerry Lewis eine Tragikomödie über den Holocaust. In der Doku „Der Clown“ erzählt er, warum er den Film nie zu Ende drehte.

Es ist eines der großen Geheimnisse der Filmgeschichte: 1972 drehte Jerry Lewis in Schweden und Paris den Film „The Day the Clown Cried“. Es sollte eine Tragikomödie ausgerechnet über den Holocaust werden. Lewis führte Regie und übernahm die Hauptrolle. Er wollte einen Clown spielen, der es schafft, Kinder im Konzentrationslager zum Lachen zu bringen. Doch der Dreh wurde abgebrochen. Lewis verschwand eines Tages vom Set und kehrte nach Amerika zurück. Über den Film verlor er fortan kein einziges Wort mehr. Was war passiert?

In der Öffentlichkeit wurde geredet und gerätselt. Es hieß, der verantwortliche Produzent habe sich (samt seinem Geld) aus dem Projekt zurückgezogen, die Rechtefrage an der Verfilmung sei problematisch gewesen und Jerry Lewis nach dem endgültigen Aus für den Film in eine tiefe Depression gefallen.

Lewis konnte die Balance zwischen Komik und Tragik nicht halten

Der Hamburger Filmemacher und NDR-Redakteur Eric Friedler hat sich auf die Spur des „Clown“-Mythos begeben. „Ich wusste von vielen anderen Kollegen, die Jerry Lewis auf den Film angesprochen hatten. Fast immer war das der Zeitpunkt, an dem er das Interview abgebrochen hat“, erzählt Friedler. Anders in diesem Fall. Friedler bekam sein Interview mit Jerry Lewis, dem beinahe 90 Jahre alten Mann. „Wir wollten ergründen, was Jerry Lewis zur Zeit der Dreharbeiten empfunden hat – und wie er sich heute fühlt, wenn er an den Film zurückdenkt“, sagt Friedler.

Tatsächlich wirkt es, als wollte die Hollywood-Ikone Lewis, bekannt für Filme wie „Der verrückte Professor“ oder „Der Ladenhüter“, sich alles von der Seele reden, was sich dort seit Jahrzehnten angesammelt hat. Den Schmerz, die Scham, die Enttäuschung. Und wer geglaubt hatte, dass ein unfertiger Film in einer Erfolgsbiografie so schlimm nun auch nicht sein könnte, der wird überrascht sein, wie sehr Lewis „The Day the Clown Cried“ als sein ganz persönliches Scheitern als Filmemacher interpretiert hat. Es gäbe keinen Tag, gesteht er, an dem er nicht an den Film denken würde.

Ein schmaler Grat, auf dem nur wenige wandern können

„Der Clown“ ist vor allem ein Film über das Scheitern geworden. Jerry Lewis, der King of Comedy, geht hart mit sich ins Gericht: „Wo ist die Comedy, wenn man 65 Kinder in die Gaskammer führt“ , fragt er aufgebracht. Es sei ihm nicht gelungen, erklärt er, die für den Film so entscheidende Balance zwischen Komik und Tragik zu halten. Dieser schmale Grat, auf dem nur wenige wandeln können. Doch ganze 25 Jahre später gewann Roberto Benigni mit „Das Leben ist schön“ einen Oscar – jener berühmten Holocausttragikomödie, in der ein Vater seinen Sohn mit komödiantischen Einlagen von den Gräueltaten im KZ abzulenken versucht. „Benigni stahl mir die Idee. Aber er hat einen großartigen Film daraus gemacht“, sagt Jerry Lewis trocken.

Fazit: Ob sein Film dem von Benigni nahegekommen wäre, ihn sogar übertroffen hätte? Man weiß es nicht. Aber man weiß nach „Der Clown“ eine ganze Menge über den Filmemacher Jerry Lewis, über geplatzte Träume und die Magie des Filmemachens.

• ARD, Mittwoch, 3. Februar, 22.45 Uhr: „Der Clown“