Berlin. . Das Doku-Drama „Letzte Ausfahrt Gera“ handelt vom NSU-Prozess in München. Lisa Wagner spielt die Hauptangeklagte, Beate Zschäpe.

Die Schauspielerin Lisa Wagner (36) verkörpert in dem ZDF-Dokudrama „Letzte Ausfahrt Gera – Acht Stunden mit Beate Zschäpe“ die mutmaßliche Rechtsterroristin. Im ZDF ist Wagner bereits seit 2013 als Fernsehkommissarin Winnie Heller zu sehen. In der ARD gehört sie zum Ermittlerteam des Münchner Tatorts. Martin Debes sprach mit Lisa Wagner über ihre Vorbereitung, ihre Meinung zu Zschäpe und die Atmosphäre in Deutschland.

Wie lange haben Sie gezögert, die Rolle anzunehmen?

Lisa Wagner: Ich habe mir eher Gedanken darüber gemacht, ob ein Dokudrama das richtige Format für so eine Geschichte ist...

...weil diese Geschichte noch gar nicht abgeschlossen ist?

Wagner: Ja. Ich fürchtete auch, dass ich so Zschäpe noch mehr Aufmerksamkeit verschaffen könnte. Was mich am Ende überzeugt hat, war, dass die Opfer zu Wort kommen und dass es ja eine Art reales Drehbuch gab, also das Protokoll der Reise zur Großmutter nach Thüringen.

Es stört Sie also nicht, dass die echte Beate Zschäpe ganz anders spricht als Sie im Film?

Wagner: Doch, schon, sie soll ja einen starken Dialekt haben. Aber es war schlicht keine Zeit, um sich vorzubereiten. Außerdem existiert keine verwertbare Tonaufnahme von ihr. Aber am Ende ist das auch nicht so wichtig. Ich habe sie im Prozess beobachtet, habe viel gelesen und dann versucht, mich in sie hineinzuversetzen, obwohl ich sie als Person privat völlig ablehne. Das ist schizophren, aber es ist mein Job.

Wie hoch schätzen Sie Ihre Verantwortung ein? Die Frau sitzt in U-Haft, aber sie ist nicht vorbestraft. Die Unschuldsvermutung gilt ...

Wagner: Ja, das war für mich ein großes Thema. Ich habe deshalb versucht, meine private Meinung völlig von der Darstellung der Frau zu trennen. Der Film ist keine Vorverurteilung, er lässt offen, ob sie schuldig ist. Sowieso gilt für meine Rolle: Innerhalb ihres Kosmos hat sie recht. Sie trauert offenkundig um ihre Freunde, selbst wenn es Mörder waren. Das wollte ich spielen, genauso wie ihre von außen absurd, ja lächerlich wirkende Haltung, mit der sie sich zum Opfer stilisiert – so, wie sie es ja gerade wieder im Prozess getan hat.

Haben Sie die Erklärung gelesen, die Beate Zschäpe über ihren Anwalt abgab?

Wagner: Selbstverständlich. Als es zuerst hieß, sie sagt aus, habe ich noch gedacht: Mensch, jetzt schafft sich unser Film selber ab. Dabei war er doch gerade fertig geworden. Doch dann hat Beate Zschäpe genau das Bild bestätigt, was wir von ihr gezeichnet haben. Die Selbstgerechtigkeit der Frau ist unfassbar.

Wenn Sie die aktuelle Debatte in Deutschland betrachten, die Anschläge auf Asylbewerber...

Wagner: ...dann fühle ich mich wie in einer schlechten Serie. Das hatten wir doch alles schon mal. Ich war zwar in den 90er-Jahren noch sehr jung, doch ich kann mich daran erinnern, wie die Asylheime brannten. Damals hat der NSU seinen Anfang genommen. Wie sich die Atmosphäre in Deutschland in den letzten Monaten verändert hat, das ist einfach hart. Ich finde, mittlerweile ist die Stimmung noch vergifteter.

K ZDF, 26. Januar, 20.15 Uhr