Marl. Das Grimme-Institut hat die Nominierten für den eigenen Preis bekanntgegeben. Darunter findet sich auch die Fälschung des Jahres 2015.
Unter den Nominierten für den Grimme-Preis finden sich auf den ersten Blick zahlreiche Überraschungen, aber genau mindestens genau so viele Fernsehsendungen, die bereits bei anderen Preis-Verleihungen ausgezeichnet wurden. Doch ein Beitrag sticht nicht nur heraus, weil er handwerklich gut gemacht war, sondern die politische Diskussion in Deutschland über Wochen bestimmte.
So ist der Beitrag über einen prominenten Fingerzeig des ehemaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis aus dem „Neo Magazin Royale“ (ZDF Neo) in der Kategorie „Innovation“ nominiert. In dem Beitrag hatte Moderator Jan Böhmermann behauptet, dem Talk-Show-Team von Günther Jauch einen gefälschten Beitrag untergejubelt zu haben. Die Neo-Magazin-Redaktion habe laut Böhmermann einen Mittelfinger in einen Ausschnitt mit Varoufakis eingebaut – der #Varoufake war geboren.
Während zahlreiche Beobachter – auch bei der ARD – glaubten, dass es sich um eine Manipulation gehandelt habe, löste Böhmermann kurze Zeit später auf, dass Yanis Varoufakis tatsächlich während einer Rede den Mittelfinger in die Luft gestreckt hatte.
Zu den bereits ausgezeichneten Serien gehört der Thriller „Deutschland 83“ um einen DDR-Spion, der vom Schauspieler Jonas Nay dargestellt wird. Gerade erst hat der 25-Jährige für seine Rollen in der RTL-Serie und im Mehrteiler „Tannbach - Schicksal eines Dorfes“ (ZDF) den Preis als bester Hauptdarsteller erhalten. Zwar war die Serie in Deutschland kein Quotenerfolg, wurde aber in den USA auf einem Bezahlsender häufig eingeschaltet und erhielt dort auch Medienpreise.
Alkohol-Talk auf Tele 5 erhält Grimme-Nominierung
Ein Einschalt-Erfolg ist im Hause Grimme aber auch kein Gradmesser. Das durfte auch der Spartensender Tele 5 erfahren. Sein längst wegen schlechter Quoten aus dem Programm genommener Talk „Der Klügere kippt nach“ mit Hella von Sinnen, Wigald Boning und „Ex-Tutti-Frutti“-Spielleiter Hugo Ego Balder darf sich ebenfalls Hoffnungen auf einen der Grimmepreise machen, die am 8. April in Marl vergeben werden.
Diese Menschen arbeiten gegen den Tod des Fernsehens
In der Reihe der 76 Nominierten finden sich auch die Romanverfilmung „Nackt unter Wölfen“ (ARD), ebenfalls Fernsehpreisträger, „Weinberg“ vom Pay-TV-Seriensender TNT, „Weissensee“ (ARD) und „Lerchenberg“ (ZDF) wieder.
Weitere preisgekrönte Serien dürfen hoffen
„Die hohe Zahl der Serieneinreichungen zeigt, dass der internationale Serientrend auch in Deutschland angekommen ist. Die Sender und Produktionsfirmen setzen verstärkt auf hochklassige Eigenproduktionen, eine Entwicklung, die sich auch bei den privaten Sendern zeigt“, sagte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach am Donnerstag in Marl. In die Endausscheidung hat es zum Beispiel auch die Vox-Serie „Club der roten Bänder“ geschafft. Sie wurde auch schon mit dem Deutschen Fernsehpreis geehrt.
Für frischen Wind sollen zwei Premieren sorgen: Neu sind die Rubrik „Journalistische Leistung“ in der Kategorie „Information & Kultur“ – nominiert sind mehrere Reporterteams – sowie die Kategorie „Kinder & Jugend“. Auch ein Special der ARD-Sendung mit der Maus, „Was ist Kinderarmut“ (WDR), ist in der Endrunde.
Das sind die Nominierten im Überblick:
Wettbewerb Fiktion/Spezial:
Die Nominierungen: Der verlorene Bruder (WDR/MDR/BR/Degeto), Die Ungehorsame (Sat.1), Ein großer Aufbruch (ZDF), Ein Mord mit Aussicht (WDR/Degeto), Eltern (SWR/ARTE), Meine Tochter Anne Frank (HR/RBB/WDR), Nachthelle (RBB), Nackt unter Wölfen (MDR/Degeto/WDR/SWR/BR), Patong Girl (ZDF), Silvia S. - Blinde Wut (ZDF), Tatort - Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes (NDR), Unterm Radar (WDR/Degeto), Unverschämtes Glück (WDR), Vorsicht vor Leuten! (WDR/Degeto)
Serien und Mehrteiler: Deutschland 83 (RTL), Lerchenberg (ZDF), Weinberg (TNT), Weissensee (MDR/Degeto)
Spezial: Jörg Himstedt (Redaktion) und Bastian Günther (Buch, Regie) für die Idee und die Umsetzung des Tatorts „Wer bin ich?“. (HR), Melika Foroutan für ihre schauspielerische Leistung in „Begierde – Mord im Zeichen des Zen“ (WDR/Degeto)
Innovation: Die Redaktionen von „Komm schon!“ (ZDF/ZDFneo), „Eichwald, MdB“ (ZDFneo) und „Im Knast (ZDFneo) für das Konzept und die Entwicklung der drei Sitcoms.
Wettbewerb Information & Kultur/Spezial
Die Nominierungen: AGORÁ - Von der Demokratie zum Markt (WDR), B-Movie - Das wilde West-Berlin der 80er-Jahre (ZDF/ARTE), Deutsche Pop Zustände - Eine Geschichte rechter Musik (ZDF/3sat), Die Folgen der Tat (WDR/SWR/NDR), Die schöne Krista (ZDF), Die Story im Ersten: Dunkles Deutschland (RBB), Eismädchen (SWR), Flucht nach Europa (ZDF/ARTE), Göttliche Lage (WDR/ARTE), Hier und Heute: Nordstadtkinder - Stefan (WDR), Night Will Fall (MDR/NDR/ARTE), Nirgendland (BR), Reportage im Ersten: Vietnam, Logn Thanh will lachen (NDR), Satiesfiktionen - Spaziergänge mit Erik Satie (WDR/ARTE), Vom Ordnen der Dinge (ZDF/ARTE), Weltbahnhof mit Kiosk (NDR)
Serien und Mehrteiler: Ab 18! (Der Junge und das Meer, Mein Name ist Khadija, Kein Weg zurück) (ZDF/3sat), Kunst und Verbrechen (ZDF/3sat)
Spezial: Volker Koepp für seine beständige Vermittlung einer Landschaft, ihrer Menschen und ihrer Kultur am Beispiel von „In Sarmatien“ (RBB), Die Redaktion und der Moderator Constantin Schreiber für „Marhaba - Ankommen in Deutschland“(N-TV)
Journalistische Leistung: Daniel Harrich, Thomas Reutter, Hans-Michael Kassel und Claudia Gladziejewski als Hauptbeteiligte und -verantwortliche für die Recherchen zu illegalen Waffenlieferungen nach Mexiko – am Beispiel der Dokumentation „Tödliche Exporte – Wie das G36 nach Mexiko kam“, des investigativen Spielfilms „Meister des Todes“ und diverser Beiträge für den „Weltspiegel“ sowie die „Report“- Sendungen des BR und SWR, Die Reporterteams von „Panorama“, die in den Beiträgen „‘Falsche Syrer‘ Wie der Innenminister Gerüchte schürt“, „Immer mehr Flüchtlinge: Wie kann man sie stoppen?“ und „Diebe, Räuber, Vergewaltiger: Gerüchte über Flüchtlinge“ mit hartnäckigen investigativen Recherchen Falschdarstellungen unterschiedlichster Art zum Thema Flüchtlinge korrigierten. (NDR), Claudia Butter und Achim Reinhardt aus der „Report“-Redaktion des SWR für monatelange Recherchen über den Fall des bayerischen Landtagsabgeordneten Günther Felbinger (Freie Wähler) (SWR)
Wettbewerb Unterhaltung/Spezial
Die Nominierungen: Bilder von dir – Konzept (NDR), Der Klügere kippt nach (Tele5), 3. Stock links – Die Kabarett-WG (BR), Kuttner + 2 (ZDFneo), Mein Kind – Dein Kind (VOX), Ponyhof (TNT Glitz), Schorsch Aigner der Mann, der Franz Beckenbauer war (WDR), Schulz in the Box, Folge „Kathmandu“ (Prosieben), Sketch History (ZDF), Soundtrack Deutschland (MDR/BR/WDR/NDR), Teamwork – Spiel mit deinem Star (Prosieben)
Spezial: Carolin Kebekus, die nicht nur in ihrer eigenen Show „Pussy Terror TV“, sondern auch in zahlreichen Moderationen, Auftritten in Comedy- und Kabarett-Shows sowie Online-Videos als mutiges Multitalent überzeugt, das zwar oft polarisiert, dessen Können aber über jeden Zweifel erhaben ist; Martina Hill, die in den unterschiedlichen Rollen ihres Formats „Knallerfrauen“ mit ihrer Vielseitigkeit, ihrer „Physical Comedy“ und einer außerordentlichen Präsenz und Energie besticht. (Sat.1)
Innovation: Das Lachen der Anderen (WDR), Neo Magazin Royale, Beitrag #Varoufake (ZDFneo), Streetphilosophy (RBB/ARTE)
Wettbewerb Kinder und Jugend/Spezial
Die Nominierungen: Der Club der roten Bänder (VOX), Der Mond und ich (ZDF/KIKA), Die Sendung mit dem Elefanten: Folge 371 „Viel und wenig“ (WDR), Die Sendung mit der Maus Spezial – Was ist Kinderarmut? (WDR), Ein Fall für die Erdmännchen: Jan & Henry und der Bilderdieb (NDR), ENE MENE BU (KIKA), logo! Extra: Flucht nach Europa – Hoffnung auf ein besseres Leben (ZDF), neuneinhalb – am Beispiel von Charlie Hebdo (WDR), pur+ Obdachlos (ZDF), Schau in meine Welt: Jonas ganz groß (RBB), Schau in meine Welt: Nusin – Ein Leben in der Arche (SWR), Schnitzeljagd von Gospel bis Hip Hop / Reihe (KIKA), Sechs auf einen Streich: Nussknacker und Mausekönig (MDR/RB), stark! Corinne – Mein Geheimnis (ZDF)
Spezial: Martin Reinl für sein herausragendes witziges Puppenspiel in zahlreichen Formaten des Kinder- und Jugendfernsehens (Jan & Henry, Woozle Goozle, Die Sendung mit dem Elefanten, Sesamstraße etc.) und seinen generationenübergreifenden Humor.
Innovation: Let’s talk – Weil Meinung zählt! (ZDF)
(ac/dpa)