Berlin. Marco Kreuzpaintner führt Regie im neuen „Polizeiruf 110“. Im Interview redet er über Heintje und was es mit dem Wetter auf sich hat.

Immer wieder haben große Kinoregisseure wie Dominik Graf („Die geliebten Schwestern“) oder Leander Haußmann („Sonnenallee“) einen „Polizeiruf 110“ gedreht. Jetzt tritt Regisseur Marco Kreuzpaintner, 38, in diese Fußstapfen. Nachdem er mit „Sommersturm“ 2004 seinen Durchbruch feierte und danach das Kinderbuch „Krabat“ verfilmte, kehrt er mit dem „Polizeiruf 110“ thematisch in seine Heimat zurück, die süddeutsche Provinz – bevor er seinen nächsten Kinofilm wieder in den USA drehen wird. Sören Kittel sprach mit Marco Kreuzpaintner über das Wetter im neuen ARD-Krimi „Und vergib uns unsere Schuld“, die Wirkung von Heintje-Liedern und die große Schuld.

Der Film ist ganz schön düster geworden. War das Absicht?

Marco Kreuzpaintner: Ja, klar, mir ist das lieber als ein Krimi light. Es kann schon zur Sache gehen. Außerdem mag ich nicht die Filme, die sich nur um den Kommissar drehen und dessen Privatleben auswalzen.

War das der Grund, den „Polizeiruf“ als Regiearbeit zu übernehmen?

Kreuzpaintner: Ich hatte das Glück, mit einer großartigen Redakteurin zusammenzuarbeiten und wollte deshalb auch diesen Polizeiruf machen. Die Arbeit mit dem Team hat einfach großen Spaß gemacht.

Im Film geht es um den Begriff der Schuld – er betrifft sowohl Verbrecher als auch Kommissar ...

Kreuzpaintner: Genau, es ist eine komplexe Geschichte, das gefiel mir daran so. Nicht einfach nur eine Leiche als Aufhänger. Ich habe mich mit Fehlurteilen von Polizisten länger beschäftigt. Und ich war erschüttert, dass es in manchen Bereichen zweistellige Prozentsätze sind.

Woran liegt das?

Kreuzpaintner: Ich habe ein paar Kommissare interviewt, und die sprachen von einem großen Erfolgsdruck und dass sie in einigen Fällen nach einem simplen Ausschlussverfahren vorgehen. Wenn es A nicht war, dann muss es B gewesen sein.

Zwischen Kommissar und vermeintlichem Täter entsteht eine sehr spezielle Beziehung ...

Kreuzpaintner: ... genau die hat mich fasziniert. Die beiden sind in ihrer Schuldfrage vereint. Beide haben mit dem Tod etwas zu tun und versuchen, sich zu entschuldigen. Der eine geht zum Pfarrer und schafft es dann doch nicht, zur Beichte zu gehen. Beim Kommissar Hanns von Meuffels kommt das Preußische durch. Als er merkt, da stimmt was nicht, muss er dem nachgehen. Er muss gegen sich selbst ermitteln.

Der Kommissar bleibt aber die meiste Zeit verschlossen. Sind das die Vorgaben der Autoren?

Kreuzpaintner: Ich habe das schon versucht, aufzubrechen. So gibt es in meinem „110“ ein paar große Ausbrüche, Momente, in denen ihn die Emotionen übermannen. Es war interessant, Matthias Brandt dahin zu führen. Es war auch für ihn ein großes Experiment.

Düster ist dieser ja auch schon, warum regnet es eigentlich ständig?

Kreuzpaintner: Das war meine Idee, ich wollte, dass der Unterschied zu den Rückblenden, zum „Sommermärchen“-Sommer 2006 mit der Fußball-WM, der Kontrast deutlich wird. Und dann regnet es permanent und zwei Menschen sind eben tot. Der Regen ist auch ein Bild für den Zustand von Kommissar Meuffels. Ein emotionales Sinnbild.

Im Film spielt das Lied „Ich bau dir ein Schloss“ von Heintje eine große Rolle. Ist das Ironie?

Kreuzpaintner: Zunächst ist es das Gegenteil von jeder Ironie. Es ist die größte Unschuld, die in diesem deutschen Schlager zu hören ist. Süß und gleichzeitig auch unerträglich. „Ich bau dir ein Schloss, so wie im Märchen/ Da wohn ich mit dir, dann ganz allein.“ Das ist so ein derart großes Versprechen. Für immer glücklich sein, ich meine, wer will das schon?

ARD, Sonntag, 17. Januar, 20.15 Uhr „Und vergib uns unsere Schuld“