Berlin. Die fünfte Folge der ZDF-Krimireihe „Kommissarin Heller“ zeigt vor allem: Die Hauptdarsteller sind zu einem starken Team geworden.

Es ist heiß in Wiesbaden. Bei Temperaturen von 34 Grad und mehr löst sich die Teerdecke von den Straßen, warnt der Verkehrsfunk. Menschen schwitzen. Viele träumen von einem Swimmingpool oder wenigstens von einem Teich im eigenen Garten.

Andere laufen heiß: Ein Vergewaltiger steigt in die adrett möblierten Häuser der hessischen Landeshauptstadt ein, betäubt die Bewohnerinnen mit einer Spritze und fesselt sie ans Bett. Drei Mal ist das schon passiert. Diesmal wurde der Täter vom Ehemann überrascht, so scheint es: Der stadtbekannte Sternekoch liegt tot neben dem Ehebett – erstochen mit einem Sushi-Messer aus der eigenen Restaurantküche. War das die nächste Gewaltstufe eines Serientäters? Oder doch eher eine Nachahmungstat?

Krimi, der an Shakespeare erinnern will

An eine düster eskalierende Gewaltserie à la Skandinavien-Krimi mag man als Zuschauer nicht recht glauben. Schließlich ähnelt die überhitzte Hochsommeratmosphäre in der fünften Folge mit dem Titel „Hitzschlag“ (Samstag, 16. Januar, 20.15 Uhr) dieser etwas anderen ZDF-Krimireihe um Kommissarin Winnie Heller von Beginn an einem surrealen Fiebertraum: In der flirrenden Schwüle einer schlaflosen Nacht belehrt die Kommissarin (Lisa Wagner) ihre Fische im Aquarium. Und in der prallen Mittagssonne tags darauf vergleicht ihr Kollege Hendrik Verhoeven (Hans-Joachim Wagner) die Villa des Opfers mit Siegfried, dem Drachentöter aus dem Nibelungenlied: Mit einer Alarmanlage umfassend geschützt wie durch eine unverletzliche Hornhaut steht es da, bis auf die eine Stelle zwischen den Schulterblättern – in diesem Fall das Fenster zum Gästeklo. Also, so die Schlussfolgerung des Ermittlers, muss Hagen von Tronje der Mörder sein ...

Hatten sich manche Kritiker bei der letzten Folge noch beschwert, das junge Produktionsteam um „Kommissarin Heller“ habe zu wenig Ahnung von Literatur, weil es Ingeborg Bachmanns „Malina“ offenbar zu wenig kannte, um sie korrekt zu zitieren, werden sie jetzt eines Besseren belehrt. Dies ist kein Krimi im herkömmlichen Sinne, eher schon eine Zitatesammlung. Auch Shakespeare lässt grüßen mit seinem „Sommernachtstraum“, wo drei zauberhafte Vollmondnächte in der Lage sind, die Menschen um Gefühl und Verstand zu bringen.

In Wiesbaden jedenfalls passieren zur gleichen Zeit mehr eigenartige Dinge als vorstellbar. Dazu passt der äußerst knapp gehaltene Erzählton – lakonische Momentaufnahmen verbinden die einzelnen Ereignisse und unterstützen die fiebrige Stimmung der Geschichte.

Ein Dutzend starker Frauenfiguren

Die wird außerdem durch das hervorragende Zusammenspiel der beiden Stammdarsteller getragen, die sich nach anfänglichen Animositäten inzwischen zu einem idealen Ermittlerpaar zusammengerauft haben. Hendrik Verhoeven, der etwas hausbackene Mann und liebevolle Familienvater, wird niemals so schnell denken und reagieren wie seine Nachwuchskollegin. Und die etwas rabiate, taffe und wortspröde Winnie Heller macht jetzt eine Therapie – noch so ein Wunder.

Bemerkenswert an dieser Folge ist aber vor allem die große Zahl der Frauen, die Regisseurin Christiane Balthasar, Drehbuchautorin Martina Mouchot und Produzentin Regina Ziegler fast wie Primadonnen an der Kamera von Hannes Hubach defilieren lassen: Ein Dutzend weiblicher Figuren – jede auf ihre eigene Art schön, stark, selbstsicher – stehen nur halb so vielen männlichen Figuren gegenüber, die sich allesamt als echte Softies erweisen.

Fazit: Ein kurzer, surrealer Mittsommernachtstraum in der hessischen Landeshauptstadt, knapp und ironisch ins Bild gesetzt.

• ZDF, Samstag, 16. Januar, 20.15 Uhr „Kommissarin Heller: Hitzschlag“