Konstanz. Der neue Bodensee-„Tatort“ mit dem Titel „Rebecca“ ist harte Kost. Mit einem weichen Perlmann. Die Story erinnert an den Fall Kampusch.

Eine junge Frau wird neben ihrem toten Entführer gefunden. Jahrelang hat er sie gefangen gehalten und gezwungen, sich auf ihn zu fixieren. „Ein Mädchen kann nicht ohne Erzieher sein“ – der Satz ist für die jetzt 17-jährige Rebecca zum Mantra geworden. Nur schwer finden die Kommissare Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) im neuen „Tatort“, der der vorletzte Fall vom Bodensee ist, Zugang zu dem verstörten Mädchen. Doch die Zeit drängt: Es gibt Hinweise auf ein zweites Entführungsopfer. Das Erste der ARD zeigt „Rebecca“ vom SWR am Sonntag um 20.15 Uhr.

Die Geschichte weckt Erinnerungen an die Österreicherin Natascha Kampusch, die 2006 nach acht Jahren in den Händen eines Entführers freikam. Was macht eine solche Gefangenschaft mit einem Menschen? Wie abhängig wird das Opfer von seinem Peiniger? Welches Weltbild entwickelt ein kleines Kind, dessen Alltag komplett auf seinen Entführer ausgerichtet ist? Das eine regelrechte Gehirnwäsche erhält?

Kommissar Perlmann als Therapeut

„Wie ist das, wenn man sein ganzes Leben in so einen Keller eingesperrt ist?“, fragt Rebeccas Mutter den Ermittler Perlmann. „Wissen Sie, ich glaube, manchmal ist das Gefängnis im Kopf das größere Problem“, antwortet er. „Hoffentlich kann sie sich daraus auch befreien.“ Denn Rebecca war seit ihrem zweiten Lebensjahr in einem perfiden System gefangen: Ihr Entführer hat sie zu einer „pseudoreligiös auf ihn fixierten Fanatikerin erzogen“, wie das „Tatort“-Team schreibt.

Rebecca (gespielt von Gro Swantje Kohlhof) ist nicht fähig, mit Fremden zu kommunizieren. Sie kann weder Aussagen zu ihrer eigenen Entführung machen, noch Hinweise auf ein mögliches zweites Opfer geben. Erst als sie auf Perlmann trifft, öffnet sie sich: Sie hält ihn für ihren nächsten Erzieher. Für den Kommissar bedeutet das: Er muss sich als Ermittler und gleichzeitig als empathische Therapie-Hilfe beweisen. Ein schmaler Grat, der ihm sichtlich zu schaffen macht.

Dichtes Krimi-Drama

Ihr Kollege sei in diesem Film aber besonders gut gewesen, sagt Eva Mattes. „Er steht im Mittelpunkt und hat so eine Zartheit, die nochmal ein bisschen eine andere Seite von ihm zeigt. Das gefällt mir sehr.“ Regisseur Umut Dag hat aus der Geschichte ein dichtes, intensives Krimi-Drama entwickelt, dass dem Zuschauer harte Kost zumutet – und zugleich einfühlsam und vorsichtig mit den Themen Entführung, Missbrauch und Verletzlichkeit umgeht.

„Rebecca“ ist zugleich der vorletzte „Tatort“, der vom Bodensee kommt. Im Herbst läuft mit „Wofür es sich zu leben lohnt“ die endgültig letzte Episode. Der Südwestrundfunk (SWR) hatte das Aus für Blum und Perlmann bereits Ende 2014 angekündigt. Für Eva Mattes ist das eine nachvollziehbare Entscheidung: „Ich finde, 14 Jahre sind gut und genug“, sagte sie kürzlich. „Jetzt darf auch wieder was anderes kommen.“ Ähnlich äußerte sich Sebastian Bezzel: „Ich habe über ein Jahr Zeit gehabt, mich darauf vorzubereiten. Das ist okay.“

Statt am Bodensee lässt der SWR bald im Schwarzwald ermitteln: Das neue „Tatort“-Team (mit Sitz in Freiburg statt Konstanz) besteht aus den Kommissaren Franziska Tobler (gespielt von Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner). Den Chef mit dem Namen Gernot Schöllhammer spielt Entertainer Harald Schmidt. (dpa)