Hamburg. Til Schweiger jagt in Hamburg als unerbittlicher LKA-Ermittler Mafia-Clans hinterher. Helene Fischer macht diese Jagd noch spannender.

Sein Kopf steckt unter Wasser, ein paar dicke Pranken im Nacken drücken ihn ins Becken, sein Gesicht sieht schon ziemlich ramponiert aus, und die gewünschten Informationen mag er den russischen Gangstern trotz der unkomfortablen Lage nicht ausplaudern: Das sieht nicht so gut aus für LKA-Mann Nick Tschiller, und dabei sind wir doch erst in der Auftaktszene des neuen Til-Schweiger-Tatorts „Der große Schmerz“.

Den empfinden allerdings eine ganze Menge Typen in den folgenden 90 Minuten, wenn man mal alle Prügeleien und Ballereien addiert. Christian Alvart verwandelt den „Tatort“ in ein bretthartes Actionspektakel, in dem alles eine Nummer fetter und böser sein muss – die Waffen, die Explosionen und die Schurken, die sich Hamburg zur Beute machen wollen: kurdische Clans, russische Mafiosi, koksende Politiker. Ein bisschen Hollywood eben. Und sei es zum Discounterpreis.

Schlagerkönigin als Killerqueen

Mit Schlagerkönigin Helene Fischer als russischer Killerqueen mit schwarzer Perücke und knall- engen Lederklamotten ist dem NDR obendrein ein Besetzungscoup gelungen. Nicht, dass sie sich mit ihrem überwiegend unpeinlichen Auftritt gleich für den Deutschen Fernsehpreis bewerben müsste: Aber addiert man „Tatort“-Gucker, Schweiger-Fans und Fischer-Verehrer, kommt – trotz großer Schnittmenge – eine üppige Quote heraus. Die Frage ist eher, ob es dem Publikum gelingen wird, hinter der eiskalten Amazone mit der Knarre nicht ständig die keimfreie Erfolgsblondine zu sehen. Alvart lässt diese Leyla gnadenlos durch die Nacht und schweigend ihre Arbeit verrichten, und das macht die Fischer professionell; als sie dann aber doch einmal mit russischem Akzent zischen muss: „Ich bin hart und grausam“, kann man sich das Lachen kaum verkneifen.

Alvart erzählt den Kampf zwischen Tschiller und dem Clanchef Firat Astan (Erdal Yildiz) seit Beginn der Reihe als Dauergeschichte über die Folgen hinweg; einsteigen kann man indes auch jetzt noch. Am Sonntag folgt mit „Fegefeuer“ gleich die Fortsetzung. Diesmal lässt Aslan aus dem Knast heraus Tschillers Frau (Stefanie Stappenbeck) und Tochter (Luna Schweiger) entführen, Tschiller soll ihm die Freiheit bei der Verlegung in ein anderes Gefängnis ermöglichen.

Comic-artige Charaktere haben auch Humor

Die Story ist simpel gestrickt, die Figuren eindimensional wie im Comicstrip, aber das Tempo ist hoch, und spannend ist der Wettlauf gegen die Zeit durchaus. Fahri Yardin ist als Schweigers zappeliger Kollege Gümer mal wieder für die Abteilung Humor eingeteilt und beweist abermals, dass er das Talent dazu hat. „Wir sind die Guten“, muss Gümer den rasenden Tschiller erinnern. „Ich nicht mehr“, presst Til Schweiger hervor, der hier in ein paar Szenen als reuevoller Familienvater schauspielerisch absäuft. Aber das nehmen ihm seine Fans ja nicht krumm.

Fazit: Schweiger weiß, was das Publikum von ihm erwartet, und das liefert er: harten Stoff, viel Action, wenig Tiefgang. Blickt man großzügig über ein paar peinliche Dialoge hinweg.

ARD, Freitag 1. Januar 2015, 20.15 Uhr