Berlin. 22 Jahre lang hat Stefan Raab sich über viele Menschen lustig gemacht und noch mehr unterhalten. Jetzt tritt der TV-Entertainer ab.

Vielleicht muss man das noch mal sagen. Nur zur Sicherheit. Weil sich vieles, was in diesen Tagen über Stefan Raab geschrieben wird, liest wie ein Nachruf. Er ist nicht gestorben. Er hört nur auf mit dem Fernsehen. Noch dazu ganz freiwillig. Und wenn man sich die Einschaltquoten mancher seiner Shows in den letzten Monaten ansieht, dann darf man daran zweifeln, dass die große Masse der Zuschauer ihn vermissen wird. Dem Fernsehen selbst allerdings, dem wird er fehlen.

Denn einen wie Raab wird es so schnell nicht mehr geben. Wahrscheinlich würde es auch Raab selbst nicht mehr geben, wenn er erst heute zum Fernsehen käme. 1993 ist das anders. Da fällt einer wie er schnell auf. Er provoziert, ist unverschämt, ja oft auch witzig. Das alles geht damals so nur bei Viva, dem Popsender für die Pubertierenden. Vorbeigekommen ist er, um Werbejingles anzubieten, landet mit seiner großen Klappe aber schnell mit einer eigenen Sendung vor der Kamera.

22 Jahre hat Stefan Raab Hohn und Spott über Menschen ausgegossen

Vivasion heißt sie, und wer sich 20 Jahre später Ausschnitte daraus ansieht, der merkt schnell, dass er schon damals vieles von dem gemacht hat, was ihn später so erfolgreich werden ließ. Trashig ist die Kulisse, anarchisch der Humor. Und Raab selbst, damals das Haar noch voller und eine dicke Brille auf der Nase, ist sich für nichts zu blöd. Gnadenlos macht er Witze auf Kosten anderer. Moses Pelham hat ihm dafür mal auf die Nase gehauen, ein junges Mädchen namens Lisa Loch deshalb mal 70.000 Mark vor Gericht erstritten. Beides sorgte für Aufsehen, ist aber eigentlich nicht viel, für einen Mann, der 22 Jahre lang Hohn und Spott über seine Mitmenschen ausgegossen hat.

Stefan Raab geht – das bleibt in Erinnerung

Internatsschüler, Jurastudent, Metzger, Moderator, Musikproduzent – Tausendsassa Stefan Raab war schon vieles. Im Jahr 2000 trat er für Deutschland mit dem Quatsch-Lied „Wadde hadde dudde da“ beim „Grand Prix Eurovision de la Chanson“, dem Vorgänger des „Eurovision Song Contests“ an. Er belegte Platz 5.
Internatsschüler, Jurastudent, Metzger, Moderator, Musikproduzent – Tausendsassa Stefan Raab war schon vieles. Im Jahr 2000 trat er für Deutschland mit dem Quatsch-Lied „Wadde hadde dudde da“ beim „Grand Prix Eurovision de la Chanson“, dem Vorgänger des „Eurovision Song Contests“ an. Er belegte Platz 5. © REUTERS | © Reuters Photographer / Reuter
22 Jahre ist es her, dass Stefan Raab als Moderator beim Musiksender VIVA startete. Bis 1998 blieb er dort und moderierte die Sendungen „Vivasion“ und „Ma’kuck’n“. In einem Spiegel-TV-Interview sagte er 1998: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit 50 noch Fernsehen mache. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass ich mit 40 noch Fernsehen machen will.“ Stefan Raab ist im Oktober 49 Jahre alt geworden.
22 Jahre ist es her, dass Stefan Raab als Moderator beim Musiksender VIVA startete. Bis 1998 blieb er dort und moderierte die Sendungen „Vivasion“ und „Ma’kuck’n“. In einem Spiegel-TV-Interview sagte er 1998: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mit 50 noch Fernsehen mache. Eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass ich mit 40 noch Fernsehen machen will.“ Stefan Raab ist im Oktober 49 Jahre alt geworden. © imago stock&people | imago stock&people
Sportlich zeigte sich Stefan Raab 1995 in der Sendung „Aus der Rolle fallen“ im Südwestfunk.
Sportlich zeigte sich Stefan Raab 1995 in der Sendung „Aus der Rolle fallen“ im Südwestfunk. © imago/teutopress | imago stock&people
Sein bekanntestes Instrument ist – nicht zuletzt durch die Raabigramme – wohl die Ukulele. Aber Stefan Raab spielt auch Schlagzeug. Das Bild zeigt den ehemaligen VIVA-Moderator im Februar 1996.
Sein bekanntestes Instrument ist – nicht zuletzt durch die Raabigramme – wohl die Ukulele. Aber Stefan Raab spielt auch Schlagzeug. Das Bild zeigt den ehemaligen VIVA-Moderator im Februar 1996. © imago stock&people | imago/teutopress
„Angie, Angie, du bist noch schärfer als die Nolte, Angie, Angie, obwohl wenn ich die schon auch nicht wollte“, heißt es im Raabigramm, das Raab 1999 für die damalige CDU-Generalsekretärin Angela Merkel sang.
„Angie, Angie, du bist noch schärfer als die Nolte, Angie, Angie, obwohl wenn ich die schon auch nicht wollte“, heißt es im Raabigramm, das Raab 1999 für die damalige CDU-Generalsekretärin Angela Merkel sang. © imago stock&people | imago/teutopress
Stefan Raab (Mitte) posiert 1994 mit den beiden „RTL Samstag Nacht“-Stars Olli Dittrich (links) und Stefan Jürgens.
Stefan Raab (Mitte) posiert 1994 mit den beiden „RTL Samstag Nacht“-Stars Olli Dittrich (links) und Stefan Jürgens. © imago/teutopress | imago stock&people
Und auch mit dem späteren „Dschungelcamp“-Teilnehmer Walter Freiwald (links) und dem ehemaligen „Familien Duell“-Moderator Werner Schulze-Erdel ließ er sich ablichten.
Und auch mit dem späteren „Dschungelcamp“-Teilnehmer Walter Freiwald (links) und dem ehemaligen „Familien Duell“-Moderator Werner Schulze-Erdel ließ er sich ablichten. © imago/teutopress | imago/teutopress
Schalalala: 1997 landete Raab mit seiner Band unter dem Namen „Stefan Raab & die Bekloppten“ einen Hit: „Böörti Böörti Vogts“ gab es gleich in zwei Versionen, der normalen Rap- und der Schalalala-Version.
Schalalala: 1997 landete Raab mit seiner Band unter dem Namen „Stefan Raab & die Bekloppten“ einen Hit: „Böörti Böörti Vogts“ gab es gleich in zwei Versionen, der normalen Rap- und der Schalalala-Version. © imago/teutopress | imago stock&people
Noch gar nicht so lang her: Stefan Raab bei der achten Ausgabe der „TV total Stock Car Crash Challenge“ im Oktober 2012 in der Arena auf Schalke.
Noch gar nicht so lang her: Stefan Raab bei der achten Ausgabe der „TV total Stock Car Crash Challenge“ im Oktober 2012 in der Arena auf Schalke. © WAZ FotoPool | Sebastian Konopka
Im März 1999 feierte Stefan Raab mit „TV total“ Premiere. Mehr als 16 Jahre lang war die Late-Night-Show auf ProSieben zu sehen.
Im März 1999 feierte Stefan Raab mit „TV total“ Premiere. Mehr als 16 Jahre lang war die Late-Night-Show auf ProSieben zu sehen. © imago/teutopress | imago/teutopress
Mit dem „Raab der Woche“ zeichnete Stefan Raab bei „TV total“ Menschen aus, die durch eine unfreiwillig komische Szene aufgefallen waren. Das Publikum wählte dabei aus mehreren Kandidaten den Sieger aus.
Mit dem „Raab der Woche“ zeichnete Stefan Raab bei „TV total“ Menschen aus, die durch eine unfreiwillig komische Szene aufgefallen waren. Das Publikum wählte dabei aus mehreren Kandidaten den Sieger aus. © imago stock&people | imago/teutopress
Bei „Wetten dass..?“ performte Stefan Raab (2. v. re.) 2004 gemeinsam mit Michael Bully Herbig (rechts), Christian Tramitz (links) und Rick Kavanian „Space Taxi“. Das Lied war der Titel-Song zu dem Film „(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“.
Bei „Wetten dass..?“ performte Stefan Raab (2. v. re.) 2004 gemeinsam mit Michael Bully Herbig (rechts), Christian Tramitz (links) und Rick Kavanian „Space Taxi“. Das Lied war der Titel-Song zu dem Film „(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“. © imago/Scherf | imago/Scherf
Raab kann aber auch seriös: Vor der Bundestagswahl 2013 moderierte er gemeinsam mit Anne Will, Maybrit Illner und Peter Kloeppel das TV-Duell zwischen den Kanzlerkanditaten Angela Merkel und Peer Steinbrück.
Raab kann aber auch seriös: Vor der Bundestagswahl 2013 moderierte er gemeinsam mit Anne Will, Maybrit Illner und Peter Kloeppel das TV-Duell zwischen den Kanzlerkanditaten Angela Merkel und Peer Steinbrück. © REUTERS | © POOL New / Reuters
88 Kilo Killerplauze gegen 52,5 Kilo Fliegengewicht – Boxweltmeisterin Regina Halmich ließ Stefan Raab beim Showboxen 2007 ganz schön alt aussehen.
88 Kilo Killerplauze gegen 52,5 Kilo Fliegengewicht – Boxweltmeisterin Regina Halmich ließ Stefan Raab beim Showboxen 2007 ganz schön alt aussehen. © REUTERS | © Alex Grimm / Reuters
Bei der Mallorca-Ausgabe von „Wetten dass..?“ im Juni 2013 fuhr Stefan Raab die schwangere Michelle Hunziker durch die Stierkampfarena Coliseo Balear in Palma de Mallorca.
Bei der Mallorca-Ausgabe von „Wetten dass..?“ im Juni 2013 fuhr Stefan Raab die schwangere Michelle Hunziker durch die Stierkampfarena Coliseo Balear in Palma de Mallorca. © imago stock&people | imago/Revierfoto
In der Sendung durfte er auch seinen selbst entwickelten Duschkopf vorstellen – volle fünf Minuten lang. Damals sagte er selbst: „Das war keine Schleichwerbung, das war Werbung.“
In der Sendung durfte er auch seinen selbst entwickelten Duschkopf vorstellen – volle fünf Minuten lang. Damals sagte er selbst: „Das war keine Schleichwerbung, das war Werbung.“ © dpa | Henning Kaiser
Bei der deutschen Vorentscheidung des Eurovison Song Contests 2004 gewann Max Mutzke (links). Seinen Song „Can’t wait until tonight“ hat Stefan Raab geschrieben und produziert.
Bei der deutschen Vorentscheidung des Eurovison Song Contests 2004 gewann Max Mutzke (links). Seinen Song „Can’t wait until tonight“ hat Stefan Raab geschrieben und produziert. © BM | © Reuters Photographer / Reuter
Es hat geklappt: 2010 freut sich Stefan Raab mit der Siegerin des Eurovision Song Contests Lena. Beim Empfang am Flughafen Hannover lassen sich die beiden feiern.
Es hat geklappt: 2010 freut sich Stefan Raab mit der Siegerin des Eurovision Song Contests Lena. Beim Empfang am Flughafen Hannover lassen sich die beiden feiern. © imago/Future Image | imago/Future Imagev
Stefan Raab in Siegerpose – doch den Europameistertitel holte er am Ende nicht. Denn Italien gewann bei der „TV total Autoball Europameisterschaft 2012“. Im Finale verlor Raab gegen den Italiener Giovanni Zarella, Endstand: 2 : 1.
Stefan Raab in Siegerpose – doch den Europameistertitel holte er am Ende nicht. Denn Italien gewann bei der „TV total Autoball Europameisterschaft 2012“. Im Finale verlor Raab gegen den Italiener Giovanni Zarella, Endstand: 2 : 1. © imago stock&people | imago stock&people
Noch so eine Raab’sche Sportveranstaltung: Das „TV total Turmspringen“ fand 2005 zum ersten Mal statt. Zum Einzug in die Show lässt sich der Entertainer immer etwas Besonderes einfallen.
Noch so eine Raab’sche Sportveranstaltung: Das „TV total Turmspringen“ fand 2005 zum ersten Mal statt. Zum Einzug in die Show lässt sich der Entertainer immer etwas Besonderes einfallen. © imago/Kai Horstmann | imago/Kai Horstmann
An der Synchronität hätten Stefan Raab und sein Sprungpartner Elton beim Turmspringen im Jahr 2008 allerdings noch feilen müssen.
An der Synchronität hätten Stefan Raab und sein Sprungpartner Elton beim Turmspringen im Jahr 2008 allerdings noch feilen müssen. © imago/Plusphoto | imago/Plusphoto
Eher kreativ als gekonnt sprang Stefan Raab auch 2014 vom Zehn-Meter-Brett des Münchner Olympiastadions.
Eher kreativ als gekonnt sprang Stefan Raab auch 2014 vom Zehn-Meter-Brett des Münchner Olympiastadions. © imago/Plusphoto | imago stock&people
Ums Springen ging es 2010 auch bei der „TV total Wok-WM“.  Beim Sprung von der Schanze wurde die Startreihenfolge der Teilnehmer ermittelt.
Ums Springen ging es 2010 auch bei der „TV total Wok-WM“. Beim Sprung von der Schanze wurde die Startreihenfolge der Teilnehmer ermittelt. © imago/Karina Hessland | imago/Karina Hessland
Sophia Thomalla (rechts) moderierte die letzte Wok-WM im März 2015. Stefan Raab landete beim Gesamt-Medaillenspiegel aller Wok-WMs in der Kategorie Einzel-Wok auf Platz 3 hinter Georg Hackl und Joey Kelly.
Sophia Thomalla (rechts) moderierte die letzte Wok-WM im März 2015. Stefan Raab landete beim Gesamt-Medaillenspiegel aller Wok-WMs in der Kategorie Einzel-Wok auf Platz 3 hinter Georg Hackl und Joey Kelly. © imago/GEPA | imago stock&people
Die Wok-WM fand 2003 zum ersten Mal statt. Stefan Raab gewann damals das Rennen im Einerwok. In der Kategorie Viererwok gewann der Sänger Sasha mit seiner Band „Dick Brave and the Backbeats“. Beim Wok-Sport fahren die Teilnehmer mit modifizierten asiatischen Woks ein Rennen auf einer Rennrodel- und Bobbahn.
Die Wok-WM fand 2003 zum ersten Mal statt. Stefan Raab gewann damals das Rennen im Einerwok. In der Kategorie Viererwok gewann der Sänger Sasha mit seiner Band „Dick Brave and the Backbeats“. Beim Wok-Sport fahren die Teilnehmer mit modifizierten asiatischen Woks ein Rennen auf einer Rennrodel- und Bobbahn. © BM | Alex GrimmB921
Nun ist es soweit. Raab beendet seine Karriere. Am 20. Oktober 2015, knapp zwei Monate vor seinem vorerst letzten Auftritt auf der großen Bühne, nahm er in Köln den Ehrenpreis bei der Verleihung des Deutschen Comedypreises entgegen.
Nun ist es soweit. Raab beendet seine Karriere. Am 20. Oktober 2015, knapp zwei Monate vor seinem vorerst letzten Auftritt auf der großen Bühne, nahm er in Köln den Ehrenpreis bei der Verleihung des Deutschen Comedypreises entgegen. © dpa | Henning Kaiser
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1998 wechselt er zu ProSieben. Mittlerweile kennt man ihn in der Branche. So richtig ernst aber nehmen ihn viele noch immer nicht. Man hält ihn für den neuen Hofnarren des Senders. Bodenständig, volksnah, oft auch populistisch, einer, der mit der Dampframme draufhaut wo Kollege Harald Schmidt, der andere große Lästerer jener Tage, mit dem Skalpell seziert. Und Raab tut lange Zeit wenig, um diese Einschätzung zu ändern. Präsentiert mit seinem Nussknacker-Lächeln in jeder Folge „TV Total“ ein paar kuriose Schnipsel aus dem großen Fernseh-Universum, singt mal ein Spottlied, das er Raabigramm nennt, oder sprengt eine Pressekonferenz mit unverschämten Fragen.

TV Total wurde zur Keimzelle deutscher Fernsehunterhaltung

Nach und nach wird TV Total zu einer Keimzelle der deutschen Fernseh-Unterhaltung und Raab zum Sendergesicht von ProSieben. Er singt mit James Brown, spielt Ukulele mit Will Smith und bringt Kylie Minogue die kölsche Sprache näher. Raab entdeckt Elton, Max Mutzke und Stefanie Heinzmann. Er lädt zu Casting-Shows und politischen Talkrunden. Er lässt sich im Boxring von Regina Hallmich verprügeln, erfindet die Wok-WM, das Turmspringen für Nicht-Turmspringer und TV-Pokernächte.

Er tritt zum Autofußball an oder bei „Schlag den Raab“, einer Sendung, die nicht nur dem totgesagten Samstagabend im TV neues Leben einhaucht, sondern auch zeigt, wie unglaublich ehrgeizig dieser Mann ist. Raab kann vieles, verlieren kann er nicht. Es geht ihm nicht um das Geld, er würde genauso verbissen kämpfen, wenn es um 50 statt um 500.000 Euro Siegprämie ginge.

Man kann Stefan Raab albern und unverschämt nennen, aber nicht dumm

Man muss ihn nicht mögen. Man kann ihn albern nennen, unverschämt oder unsensibel. und findet für alles genügend Belege. Aber dumm ist er nicht. Und – vielleicht noch wichtiger – er hat das, was man gerne als „guten Riecher“ bezeichnet. So einer macht aus einem dahingesächselten „Maschendrahtzaun“ oder dem Spruch von Kanzler Schröder „Hol mir mal ‘ne Flasche Bier“ Songs, die sich millionenfach verkaufen. „Einfach“ sei das gewesen, haben viele gelästert. Wahrscheinlich, weil sie sich geärgert haben, dass sie selber nicht auf die Idee gekommen sind.

Überhaupt die Musik. Jahrelang hat sich Raab an den Eurovisions Song Contest herangepirscht. Hat 1998 Guildo Horn hingeschickt und zwei Jahre später unter dem Namen Alf Igel höchstpersönlich „Wadde hadde dudde da?“ gefragt. Was immerhin für Platz fünf reicht. Es wirkt, als mache er sich lustig über den Schlagerwettbewerb, dabei nimmt er ihn ernster, als die meisten glauben.

Vom Eurovision Song Contest zum Kanzlerduell

Das zeigt sich zehn Jahr später. Die ARD hat ihn 2010 zähneknirschend ins Boot geholt, weil sie nicht mehr weiterweiß. Raab entwickelt ein neues Konzept, mit dem er Lena entdeckt, die in Oslo sensationell für Deutschland siegt. Als sie zurückkommen am nächsten Tag, als Hannover Lena feiert, da sagt Raab nur: „Wir haben beschlossen, dass Lena nächstes Jahr wieder antritt.“ Und wer in dieser Sekunde auf den ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber sieht, der ahnt, was passiert ist. Der Hofnarr diktiert plötzlich die Regeln.

Spätestens seitdem nimmt man Raab ernst. Und vielleicht hat er es nur deshalb 2013 bis zum Kanzlerduell geschafft, wo er mit Kollegen der anderen großen Sender die Kandidaten zur Bundestagswahl befragen darf und das überraschend gut macht. Raab sei seriös geworden, bescheinigen ihm viele anschließend. Und liegen wieder einmal daneben. Das mit Abstand Lustigste für ihn sei gewesen, Moderator beim TV-Kanzlerduell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück gewesen zu sein, hat Raab vor einigen Wochen bei der Entgegennahme des Deutschen Comedy-Preises gesagt: „Da könnte ich mich heute noch drüber beömmeln.“

Über Raabs Privatleben weiß die Öffentlichkeit fast nichts

So viel man über Stefan Raabs Karriere schreiben kann, so wenig weiß man über sein Privatleben, das er völlig abschottet. Von einer Frau und zwei Töchtern, mit denen er in Köln lebt, ist die Rede und davon, dass er gerne selber fliegt. Klar ist nur, dass er reich ist. Aber das ist er schon lange, das ist kein Grund, jetzt aufzuhören.

Warum also dann? Jedenfalls nicht, weil ProSieben ihn nicht mehr will. Im Gegenteil. Auch wenn die Quoten einiger seiner Shows zuletzt rückläufig waren, hätte er bei seinem Haussender wohl in Rente gehen können. Man habe ihm einen neuen Vertrag angeboten, bestätigt Senderchef Wolfgang Link. Und es ist nicht anzunehmen, dass er schlechter dotiert war, als der letzte, bei dem Raabs Firma angeblich 185 Millionen Euro für fünf Jahre Showproduktion bekommen hat.

Vielleicht hört Stefan Raab auf, weil er das immer so geplant hatte

Vielleicht hört er auf, weil er schon immer ein Gespür dafür hatte, wann es Zeit war, sich zurückzuziehen. Und wer ihn gesehen in den letzten Monaten, der konnte schon manchmal das Gefühl bekommen, dass dort einer vor der Kamera steht, der weiß, dass er eigentlich nicht mehr gebraucht wird auf dem Rummelplatz Fernsehen. Weil vieles von dem, was er anzubieten hat, mittlerweile auch woanders zu bekommen ist – bei Youtube, Facebook, Twitter oder Instagram, wo jede Panne binnen Minuten veröffentlicht wird.

Vielleicht aber hört er auch auf, weil er das immer so geplant hatte. Schon 1999 sagt er in einem Interview mit „Spiegel TV“: „Ich möchte nicht irgendwann mal meinen Kindern erzählen müssen: Guck mal, da im Fernsehen ist der Papa, der macht da den lustigen Onkel, damit er euch was zum Anziehen kaufen kann.“ Und öfter schon hat der 49-Jährige betont: „Ich kann mir nicht vorstellen, mit 50 noch im Fernsehen zu sein.“

Wo er stattdessen sein will, weiß man bisher nicht. Denn Raab macht, was er im Fernsehen nie macht: Er schweigt. Eine Gala wollte er nicht. Am Mittwoch bittet er zur 2243. und letzten Ausgabe von „TV Total“, am kommenden Samstag fordert er zum letzen Mal „Schlag den Raab“. Sollten dabei Tränen fließen, wäre das eine Überraschung. Für das Fernsehen wird es trotzdem ein trauriger Abend.

Mittwoch, 16. Dezember, 23.10 Uhr, ProSieben: letzte Folge „TV Total“

Samstag, 19. Dezember, 20.15 Uhr, ProSieben: letzte Ausgabe „Schlag den Raab“