Köln. Wotan Wilke Möhring und Nik Xhelilaj ziehen für RTL in Kölns Wilden Westen. Ein Besuch beim Dreh der Neuverfilmung von „Winnetou“.

MMC Filmstudio 37, in Köln Ossendorf. An der Tür steht ein Indianerkanu, drinnen im großen Saal haben sie einen großen Wigwam aufgebaut und gleich daneben einen Saloon. Geht also nicht um einen Science-Fiction-Film hier. Es geht um Western, genauer gesagt um Winnetou. In Deutschland ist das ein Unterschied, seit Pierre Brice als edler Indianer und Lex Barker als sein Blutsbruder Old Shatterhand in den 60er-Jahren über die Kinoleinwände geritten sind. Nun wird der Mythos neu verfilmt. Das ist ungefähr so, als würden sie in England die Miss- Marple-Filme noch mal drehen. Oder Pippi Langstrumpf in Schweden reanimieren.

Fleecepulli und Wildlederhose

2015 trägt Old Shatterhand Fleecepulli zu gebundener Wildlederhose und schweren Stiefeln und längeres Haar zum Dreitagebart. Mittagspause bei den Dreharbeiten ist es und kalt ist es draußen vor der Tür, an der Wotan Wilke Möhring steht. „Wir machen gleich Setfotos“, ruft jemand. Und so tauscht Möhring den Pulli gegen einen etwas schmuddeligen, langen Pelzmantel und muss niesen. „Wahrscheinlich Pferdeallergie“, scherzt er. Neben ihm lächelt Nik Xhelilaj, Albaner von Geburt, demnächst aber Apachenhäuptling von Beruf. Der neue Winnetou. Lange habe man nach ihm gesucht, erzählt Regisseur Philipp Stölzl („Der Medicus“). Gefunden hat man einen Ahnungslosen.

Nein, bestätigt Xhelilaj, er habe Winnetou nicht gekannt, als er sich für die Rolle beworben habe. „Auch kein Buch gelesen.“ Einen der Filme hat er sich später mal angesehen. „Aber nur zum Spaß. Erarbeitet habe ich mir die Figur alleine durch das Skript.“ Bei Möhring ist das natürlich anders. Mit Karl May groß geworden ist er – in Büchern und bewegten Bildern. „Ich habe sogar mal bei den Festspielen in Elspe für ein Autogramm von Winnetou angestanden.“

Zu Weihnachten 2016 auf RTL

Trotzdem ist vieles neu für ihn. Denn der Winnetou, den RTL zu Weihnachten 2016 in einem Dreiteiler über den Bildschirm reiten lassen wird, ist ein anderer geworden. „Vielschichtiger, ein harter Krieger, der die Weißen lange hasst, weil sie seine Kultur zerstören“, skizziert ihn der Regisseur. Und einer, der gern mal mit freiem Oberkörper zum Kampf antritt. Weshalb Xhelilaj auch erst einmal ordentlich trainiert hat. „Ich war viel zu dünn und musste Muskeln aufbauen.“

Geschadet hat die körperliche Fitness nicht. 63 Tage hat das Team an den Originalschauplätzen der 60er-Jahre-Filme in Kroatien gedreht, bevor es nach Köln kam. Mal bei 40 Grad im Schatten, mal bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Im Regen, mit viel Action. „Das macht physisch schon etwas mit einem“, hat Möhring festgestellt, Xhelilaj nickt. Sechs Monate hat er sich gesund ernährt – ohne Alkohol oder Süßigkeiten. In ein paar Tagen sind die Dreharbeiten abgeschlossen. „Dann werde ich erst einmal ein Bier trinken.“ Können auch zwei oder drei werden.

Dreckig ist der Western, manchmal auch düster

Nicht nur der Indianerhäuptling hat sich verändert, auch sein weißer Bruder. Geformt im wilhelminischen Deutschland kommt Shatterhand anfangs etwas steif daher, wird im Laufe der drei Teile aber immer wilder, fast zu einem Indianer. „Deshalb die langen Haare und der Bart“, erklärt Möhring. „Ist aber beides nicht echt.“

Überhaupt hat sich die Atmosphäre der Geschichte den Sehgewohnheiten des Jahres 2015 angepasst. Dreckig ist der Western, manchmal auch düster. Selbst die unvergessene Titelmelodie von Martin Böttcher haben sie neu arrangiert. „Aber ganz vorsichtig“, wie sie bei RTL versichern.

„Wir machen mit voller Ansage kein Remake“, stellt Möhring klar. „Zeitlos“ sei der Stoff, in dem es um zwei unterschiedliche, scheinbar unvereinbare Kulturen gehe. Gerade angesichts der aktuellen Weltpolitik, bei der man sich frage: „Wie kann ich eine andere Kultur begreifen? Wie kann ich die gleichberechtigt nebeneinander möglich machen?“

Erinnerungen an die Kindheit

„Alles ist viel realistischer geworden“, sagt Möhring. Auch weil man den amerikanischen Ureinwohnern auf einer ganz anderen Augenhöhe begegne als in den 60ern. Das kommt ihm ganz gelegen. Denn früher, wenn sie Cowboy und Indianer gespielt haben in Herne, wo er aufgewachsen ist, „dann war ich eigentlich immer lieber bei den Indianern“.