Berlin. Mit einem Rückblick auf die vergangenen 16 Jahre läutet Stefan Raab seinen Abschied ein. Den kann man danach durchaus nachvollziehen.

Geduld musste man aufbringen. Denn bis bei „Best of TV Total 2015“ am Freitagabend endlich das gezeigt wurde, um das es eigentlich ging, mussten erst zwei Stunden und 20 Minuten vergehen. Doch man kann sagen: Die besten „TV Total“-Momente aller Zeiten waren die Warterei wert. Sie zeigten allerdings auch, warum Stefan Raabs Rückzug aus dem Fernsehgeschäft Sinn ergibt.

„Hier ist der Mann, der Fernsehgeschichte geschrieben hat“ – mit diesem Satz kündigte die mittlerweile ikonische Stimme aus dem Off Deutschlands letzten übriggebliebenen Late-Night-Entertainer an. Selbst Kritiker werden zugeben müssen, dass die Beschreibung nicht übertrieben ist. Seit Stefan Raab im März 1999 erstmals mit „TV Total“ auf Sendung ging, hat er das deutsche Fernsehen aufgemischt, ihm zudem eine ganze Reihe neuer Formate beschert.

Angefangen damit, dass er Prominente – oder solche, die sich dafür halten – in asiatischen Bratpfannen einen Eiskanal hinunterjagte bis zur Marathon-Spielshow „Schlag den Raab“, mit der seine TV-Karriere am 19. Dezember zu Ende geht. Sein Basislager aber blieb „TV Total“, das in den vergangenen 16 Jahren einige Highlights hervorgebracht hat. Eine Auswahl.

Raab, Will Smith und die Ukulele

Das Aufeinandertreffen des US-Schauspielers Will Smith mit dem Entertainer gehört zu den Sternstunden der Sendung. Im „Best of“ am Freitag auf ProSieben reichte es zwar nur für Platz elf der 20er-Hitliste, das Duett auf der Hotelcouch ist jedoch heute noch genauso amüsant wie 2009 – und zeigt, wann Raab am besten ist: Wenn er mit einem Instrument in der Hand auf Gesprächspartner trifft, die seine Späße mitmachen. „Men in Black“ auf der Ukulele, dazu das vorgeblich coole, aber doch eher hühnergleiche synchrone Kopfnicken der beiden – legendär.

Raab in Gefahr beim Kunstfliegen

Platz drei der ewigen Bestenliste ging an Raabs tapferes Durchstehen eines Kunstflugs. Allein die Gesichtsentgleisungen des sonst so tonangebenden Moderators lohnten das Einschalten. Diverse Pirouetten und Schrauben brachten ihn tatsächlich einmal zum Schweigen. Ebenfalls unterhaltsam: Raabs Ausflug an den McDrive-Schalter („Können Sie Ihre Bestellung bitte singen?“) oder der ungewollte Kamel-Rodeo-Ritt im Kölner Zoo. Raab im Außendienst – eine Rubrik, die in jüngerer Vergangenheit zu kurz kam.

Die Sache mit dem Nasenbeinbruch

Großspurigkeit und Stefan Raab, das ging vor allem Anfang der Nuller-Jahre Hand in Hand. Umso nötiger hatte er wohl den Dämpfer, den Box-Weltmeisterin Regina Halmich seinem Ego zugefügt haben dürfte. Vor fast acht Millionen Zuschauern stieg sie gegen Raab in den Ring und gewann nach Punkten, Nasenbeinbruch beim aufstrebenden TV-Schwergewicht inklusive. Für diesen unvergessenen Einsatz gab’s am Freitag Platz zwei im Best of.

Raabs erster Nummer-eins-Hit

Der unangefochten beste „TV Total“-Moment aller Zeiten datiert aus einer Zeit, als Raab noch als Nachwuchshoffnung galt und in der Gerichtsshow bei Richterin Barbara Salesch noch echte Fälle verhandelt wurden. Hausfrau Regina Zindler schilderte dort ihren Nachbarschaftsstreit um einen Maschendrahtzaun in so klangvollem Sächsisch, dass Raab sich herausgefordert sah, diesen O-Ton in einen Song einzubauen. „Maschen-Draht-Zaun“ ist bis heute Raabs einziger Nummer-eins-Hit als Interpret.

2015 hatte wenig große Lacher zu bieten

Das „Best of TV Total 2015“ hieße nicht so, wenn es nicht auch die witzigsten TV-Ausschnitte, Lieblingsgäste und Stand-up-Komiker dieses Jahres aufgezeigt hätte. Da wäre zum Beispiel Schauspieler Ralf Möller, der es schaffte, seinen Kollegen Arnold Schwarzenegger erstmals zu „TV Total“ zu bringen – wenn auch nur mittels Smartphone-App. Da wäre Sängerin Sarah Connor, die sich nicht an Helene Fischers „Atemlos“ traute mit der Begründung: „Ich hab’ schon mal eine deutsche Hymne verkackt.“ Oder Raabs „Männer“-Duett mit Herbert Grönemeyer.

Auch warf der Abend die ganz großen Fragen auf wie „Wo ist eigentlich der Domino Day hin?“, „Ist die Stimme aus dem Off bald arbeitslos?“, „Woher kriege ich ein Löwenbaby?“ oder „Sendet ProSieben bald nur noch Testbild?“. Man läuft leicht Gefahr zu behaupten, früher sei alles besser gewesen. Doch gerade der unmittelbare Vergleich mit den besten Momenten von 1999 bis jetzt zeigte: Es war früher tatsächlich irgendwie besser.

Deshalb braucht auch keiner ernsthaft traurig zu sein, wenn Raab am Mittwoch zum letzten Mal das Licht im „TV Total“-Studio ausmacht. Die ZDF-„Heute-Show“ hat parallel zur „Best of“-Sendung ohnehin schon mal einen Vorschlag für Raabs nächsten Karriereschritt gemacht: eine Laufbahn als Politiker. Zuzutrauen ist Raab alles.