Köln. Seit 30 Jahren ist die Serie „Lindenstraße“ fester Bestandteil des ARD-Sonntags. Zum Jubiläum an diesem Sonntag wird vieles anders.

Mutter Beimer brät bei Frust noch immer Spiegeleier, Dr. Dressler gilt nach wie vor als moralische Instanz und im „Akropolis“ versammeln sich allabendlich die Nachbarn: Wer die „Lindenstraße“ nur früher geguckt hat, wird auch heute noch vieles wiedererkennen. Am 8. Dezember 1985 strahlte die ARD die Serie zum ersten Mal aus. Der eigentliche Jahrestag ist dieses Mal ein Dienstag. Die Jubiläumsfolge zum 30-jährigen Bestehen läuft aber natürlich wie gewohnt an einem Sonntag (6. Dezember).

Was tun bei Frust? Spiegeleier braten. Das jedenfalls macht Schauspielerin Marie-Luise Marjan alias Helga Beimer.
Was tun bei Frust? Spiegeleier braten. Das jedenfalls macht Schauspielerin Marie-Luise Marjan alias Helga Beimer. © dpa | Uwe Anspach

Bei aller Beständigkeit hat sich in der Dauerserie auch einiges geändert im Laufe der Zeit. Viele Schauspieler kamen und gingen – allein 262 Hauptrollen gab es in der Seriengeschichte, Stars wie Til Schweiger nutzten die „Lindenstraße“ als Karrieresprungbrett. Diejenigen, die seit den Anfängen bis heute dabei geblieben sind, sind zusammen mit den Zuschauern gealtert, etwa Marie-Luise Marjan, Joachim Hermann Luger, Georg Uecker und Ludwig Haas. Moritz A. Sachs startete mit sieben Jahren in der ersten Folge als Klausi Beimer – inzwischen ist der Sohn von Helga Beimer zwei Mal geschieden und wohnt als alleinerziehender Vater in der „Lindenstraße“.

Früher sahen die Sendung im Schnitt 12 Millionen Zuschauer

Mitte der 1980er Jahre, als es nur wenige TV-Programme gab, war die „Lindenstraße“ montagmorgens geradezu Pflicht-Gesprächsthema in Büros und auf dem Pausenhof. Immerhin hatten durchschnittlich zwölf Millionen Menschen die Folge am Sonntagabend gesehen. Und Anlass zur Diskussion gab die Serie in den ersten Jahren immer wieder: Der legendäre Schwulenkuss zwischen Carsten Flöter und Robert Engel zum Beispiel war ein Dammbruch im deutschen Fernsehen, und die „Lindenstraße“ war auch die erste TV-Serie, die Aids thematisierte.

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„Das Wichtigste in den 30 Jahren war die Freiheit, die wir hatten, solche Tabus erzählen zu dürfen“, sagt Produzent Hans W. Geißendörfer rückblickend. Heute sind Tabubrüche in der Serie nur noch schwerlich möglich: Angesichts der Vielzahl der Sender und unzähliger Reality-Formate ist im Fernsehen kaum noch etwas tabu. Nach WDR-Angaben schalten im Schnitt noch 2,5 Millionen Zuschauer sonntags um 18.50 Uhr die „Lindenstraße“ ein, hinzu kommen Abrufe über Mediatheken, Internet-Livestream und App.

Flüchtlingsthema soll mehr Raum in der Serie bekommen

Ihrem Anspruch, aktuelle Themen aufzugreifen, ist die Serie treugeblieben. Damit sei sie ein Stückchen „Sitten- und Sozialgeschichte Deutschlands“, sagt ARD-Programmdirektor Volker Herres. „Die „Lindenstraße“ hat bewiesen, dass man ein Breitenmedium mit gesellschaftlicher Relevanz verbinden kann.“

Highlights aus 30 Jahren Lindenstraße

„Herzlich Willkommen“: In der ersten Folge gibt es vorweihnachtliche Hausmusik bei Familie Beimer (v.l.: Moritz A. Sachs, Joachim Hermann Luger, Marie-Luise Marjan, Ina Bleiweiß, Christian Kahrmann). Mutter Beimer (mit Flöte) und ihr Sohn Klaus (vorne links) sind bis heute mit dabei.
„Herzlich Willkommen“: In der ersten Folge gibt es vorweihnachtliche Hausmusik bei Familie Beimer (v.l.: Moritz A. Sachs, Joachim Hermann Luger, Marie-Luise Marjan, Ina Bleiweiß, Christian Kahrmann). Mutter Beimer (mit Flöte) und ihr Sohn Klaus (vorne links) sind bis heute mit dabei. © dpa | WDR/Engelmeier
Der Erfinder der „Lindenstraße“, Hans W. Geißendörfer, nahm sich die real existierende Lindenstraße in Ummendorf bei Biberach in Oberschwaben zum Vorbild. Die Serie spielt n München, der Drehort aber ist Köln-Bocklemünd.
Der Erfinder der „Lindenstraße“, Hans W. Geißendörfer, nahm sich die real existierende Lindenstraße in Ummendorf bei Biberach in Oberschwaben zum Vorbild. Die Serie spielt n München, der Drehort aber ist Köln-Bocklemünd. © ARD/WDR
Dem sozialkritischen Anspruch ihrer Serie kamen die Macher nach: in Folge 68 geben sich Gerd (Günter Barto) und Carsten (Georg Uecker) den ersten schwulen Kuss im deutschen Fernsehen.
Dem sozialkritischen Anspruch ihrer Serie kamen die Macher nach: in Folge 68 geben sich Gerd (Günter Barto) und Carsten (Georg Uecker) den ersten schwulen Kuss im deutschen Fernsehen. © ARD/WDR
Ebenfalls ein Thema der Serie: Drogenmissbrauch. In Folge 270 fleht Frank (Christoph Wortberg, rechts) Carsten (Georg Uecker) an, ihm den
Ebenfalls ein Thema der Serie: Drogenmissbrauch. In Folge 270 fleht Frank (Christoph Wortberg, rechts) Carsten (Georg Uecker) an, ihm den "goldenen Schuss" zu geben, der Entzug ist härter als erwartet. © ARD/WDR
Auch die Probleme von Arbeitslosigkeit werden aufgegriffen: In Folge 374 macht sich Anna (Irene Fischer) Sorgen um Hans (Joachim Hermann Ludger), der immer noch keinen neuen Job gefunden hat.
Auch die Probleme von Arbeitslosigkeit werden aufgegriffen: In Folge 374 macht sich Anna (Irene Fischer) Sorgen um Hans (Joachim Hermann Ludger), der immer noch keinen neuen Job gefunden hat. © ARD/WDR
Manche Schauspieler sind von ganz klein auf dabei: Sarah (Julia Stark) wird am 22. Oktober 1987 als Tochter von Anna (Irene Fischer) und Friedhelm Ziegler (Arnfried Lerche) in München geboren (Folge 100).
Manche Schauspieler sind von ganz klein auf dabei: Sarah (Julia Stark) wird am 22. Oktober 1987 als Tochter von Anna (Irene Fischer) und Friedhelm Ziegler (Arnfried Lerche) in München geboren (Folge 100). © ARD/WDR
Etwa 23 Jahre später, in Folge 1293, bespricht sie mit ihrer Film-Mutter ihre Sorgen.
Etwa 23 Jahre später, in Folge 1293, bespricht sie mit ihrer Film-Mutter ihre Sorgen. © ARD/WDR
Auch Iffi (Rebecca Siemoneit-Barum) und Klaus Beimer (Moritz A. Sachs) sind, bis auf kurze Unterbrechungen, seit Kindheitstagen mit dabei und lassen die Zuschauer an ihrem Großwerden teilhaben.
Auch Iffi (Rebecca Siemoneit-Barum) und Klaus Beimer (Moritz A. Sachs) sind, bis auf kurze Unterbrechungen, seit Kindheitstagen mit dabei und lassen die Zuschauer an ihrem Großwerden teilhaben. © ARD/WDR
Klaus Beimer (Moritz A. Sachs, rechts) hat eine schwere Phase in seiner Jugend und wendet sich der rechtsextremen Szene zu. In Folge 375 wird er in eine rechtsradikale Vereinigung aufgenommen.
Klaus Beimer (Moritz A. Sachs, rechts) hat eine schwere Phase in seiner Jugend und wendet sich der rechtsextremen Szene zu. In Folge 375 wird er in eine rechtsradikale Vereinigung aufgenommen. © ARD/WDR
Iffi (Rebecca Siemoneit-Barum) verliebt sich derweil in Momo (Moritz Zielke), und ab Folge 441 sind sie stolze Eltern ihres Sohnes Nicolai
Iffi (Rebecca Siemoneit-Barum) verliebt sich derweil in Momo (Moritz Zielke), und ab Folge 441 sind sie stolze Eltern ihres Sohnes Nicolai "Nico" Zenker. © ARD/WDR
Til Schweiger war von Folge 220 bis 294 als Jo Zenker dabei. In Folge 281 schenkt ihm Walze (Nadine Spruß) ein Pazifismus-T-Shirt zum Geburtstag. Nach dem erfolgreichen Kino-Debüt Schweigers mit „Manta, Manta“ verließ er die Lindenstraße.
Til Schweiger war von Folge 220 bis 294 als Jo Zenker dabei. In Folge 281 schenkt ihm Walze (Nadine Spruß) ein Pazifismus-T-Shirt zum Geburtstag. Nach dem erfolgreichen Kino-Debüt Schweigers mit „Manta, Manta“ verließ er die Lindenstraße. © ARD/WDR
Der „Penner Harry“ (Harry Rowohlt, hier zusammen mit  Ludwig Haas und Amorn Surangkanjanajai) spielte über 18 Jahre in der Lindenstraße mit. Der Schauspieler starb erst vor kurzem.
Der „Penner Harry“ (Harry Rowohlt, hier zusammen mit Ludwig Haas und Amorn Surangkanjanajai) spielte über 18 Jahre in der Lindenstraße mit. Der Schauspieler starb erst vor kurzem. © ARD/WDR
Auch legendär: das Restaurant „Akropolis“ der Familie Sarikakis. In der Folge 258 feiern Carsten und Zorro mit Familie Sarikakis (v.l.: Thorsten Nindel, Kostas Papanastasiou, Georg Uecker, Hermes Hodolides und Domna Adamopoulou).
Auch legendär: das Restaurant „Akropolis“ der Familie Sarikakis. In der Folge 258 feiern Carsten und Zorro mit Familie Sarikakis (v.l.: Thorsten Nindel, Kostas Papanastasiou, Georg Uecker, Hermes Hodolides und Domna Adamopoulou). © ARD/WDR
Ebenfalls mit dabei von Beginn an bis heute: Dr. Ludwig Dressler (Ludwig Haas), hier in Folge 1558...
Ebenfalls mit dabei von Beginn an bis heute: Dr. Ludwig Dressler (Ludwig Haas), hier in Folge 1558... © ARD/WDR
...sowie Mutter Beimer (Marie-Luise Marjan, zusammen mit Bill Mockridge).
...sowie Mutter Beimer (Marie-Luise Marjan, zusammen mit Bill Mockridge). © ARD/WDR
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Als Spiegel der jüngsten Entwicklung soll das Thema Flüchtlinge bald breiten Raum in der Serie einnehmen. „Da geht es nicht um einen Bericht über ein abgefackeltes Wohnheim, sondern das wird ein richtig großer Handlungsstrang, mit dem Schwerpunkt „Leute, habt keine Angst, die Flüchtlinge können uns auch viel bringen““, erläutert Geißendörfer.

Live-Sendung zum Jubiläum

Der 74-jährige Erfinder der „Lindenstraße“ will sich schrittweise aus der Serie zurückziehen. Als Nachfolgerin steht seine Tochter Hana bereit, die seit Anfang 2015 zusammen mit ihrem Vater als Produzentin tätig ist. „Herz und Seele der „Lindenstraße“ werden bleiben“, versichert Hana Geißendörfer, die beim Start der Serie gerade mal ein Jahr alt war.

So sahen die Schauspieler in der ersten Folge aus: Tochter Marion Beimer (Ina Bleiweiß, l.), Mutter Helga Beimer (Marie-Luise Marjan), Vater Hans Beimer (Joachim Hermann Luger) und die Söhne Klausi Beimer (Moritz A. Sachs, vorn Mitte) und sein älterer Bruder Benny Beimer (Christian Kahrmann).
So sahen die Schauspieler in der ersten Folge aus: Tochter Marion Beimer (Ina Bleiweiß, l.), Mutter Helga Beimer (Marie-Luise Marjan), Vater Hans Beimer (Joachim Hermann Luger) und die Söhne Klausi Beimer (Moritz A. Sachs, vorn Mitte) und sein älterer Bruder Benny Beimer (Christian Kahrmann). © dpa | WDR/Hornung

Um zusätzliche Zuschauer zu gewinnen, setzen die „Lindenstraße“-Macher vor allem auf soziale Medien. Zielgruppe sind dabei weniger ganz neue, als vielmehr ehemalige Zuschauer, die zwischenzeitlich abgesprungen sind. Die Hoffnung: Wem auffällt, dass er sich trotz jahrelanger Abstinenz recht schnell in der „Lindenstraße“ zurechtfinden würde, der schaltet sie vielleicht mal wieder ein.

Bei der Jubiläumssendung am 6. Dezember gibt es übrigens eine Premiere: Die Folge wird live gespielt. (dpa)