Berlin. Malu Dreyer (SPD) und Julia Klöckner (CDU) kämpfen um den Wahlsieg in Rheinland-Pfalz. Auch im ZDF – in aufeinanderfolgenden Sendungen.

In Rheinland-Pfalz müsste man leben! Dort, so prophezeite kürzlich die FAZ, stünde den Bürger nämlich ein „Wahlkampf der Extraklasse“ ins Haus. Nun ja. Tatsache ist: Es wird ein einzigartiger Wahlkampf. Mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und ihrer christdemokratischen Herausforderin Julia Klöckner treten erstmals in Deutschland zwei Frauen im Kampf um ein Regierungsamt gegeneinander an.

Der Faktor Frau erhöht die mediale Aufmerksamkeit merklich – daran ändern auch zehn Jahre Kanzlerschaft einer Angela Merkel nichts. Am 13. März 2016 wird gewählt, doch das Werben um die Wählerstimmen hat längst begonnen. Und die Damen schenken sich nichts. Eindrucksvoller Beweis ist der TV-Doppelauftritt am Donnerstagabend im Zweiten: Auf Dreyer bei Maybrit Illner folgt unmittelbar Klöckner bei Markus Lanz. Ein Fernduell – das allerdings unter ungleichen Vorzeichen stattfindet.

Malu Dreyer hat bei Illner den schwierigeren Part

Denn Maria Luise, genannt Malu, Dreyer hat an diesem Abend zeitlich zwar den Vortritt, aber ansonsten den schwierigeren Part. Bei Maybrit Illners Talkrunde geht es um die heikle Flüchtlingsfrage: „Obergrenzen, Kontingente – was hilft den Menschen wirklich?“. Kein Gewinnerthema, keine Debatte, in der man glänzen kann. Vor allem dann, wenn man – wie Malu Dreyer – keine „einfachen Lösungen“ anbietet, sondern differenziert argumentiert.

So sitzt Malu Dreyer bei Maybrit Illner im Studio und sagt Sätze wie: „Die Grundrechte sind nicht begrenzbar.“ Oder: „Wir brauchen eine Begrenzung des Zustroms.“ Dazu müsse man auch „schlimme Dinge tun“, wie etwa mit dem nur bedingt demokratiebereiten türkischen Präsidenten Erdogan zu verhandeln. Sie kritisiert die „unsägliche Debatte über Obergrenzen“ und forderte stattdessen „Kontingente“. Das ist nicht originell, aber was ist schon originell in der aktuellen Flüchtlingsdebatte?

Malu Dreyer (54) ist seit zweieinhalb Jahren Regierungschefin im Mainzer Landtag. Als Nachfolgerin des gemütlich-knorrigen Weinköniginnen-Knutschers Kurt Beck macht sie sich seitdem daran, das durch zahlreiche Skandale und Skandälchen in der Ära ihres Vorgängers verlorene Vertrauen in die rheinland-pfälzische Dauerregierungspartei SPD zurückzuholen. Ihre persönlichen Beliebtheitswerte im Land sind bestens. Viele haben Hochachtung vor ihr, weil sie trotz ihrer Multiple-Sklerose-Erkrankung, wegen der sie zeitweise auf den Rollstuhl angewiesen ist, das stressige Regierungsamt bewältigt.

Die Umfragewerte für Dreyers SPD allerdings sind weniger gut – das Tief der Genossen im Bund wirkt sich auch auf die Landespartei aus. Dreyer muss um die Macht in Mainz bangen.

Julia Klöckner hat das Image der Ex-Weinkönigin abgelegt

Das liegt auch an ihrer Kontrahentin Julia Klöckner. Die 44-jährige CDU-Vorsitzende in Rheinland-Pfalz hat das Image der blonden Ex-Weinkönigin längst abgeschüttelt und nicht wenige Beobachter glauben, Klöckner habe im Wahlrennen die besseren Karten. Sie ist auch bundespolitisch eine Stimme, die Gehör findet, etwa in gesellschaftspolitischen Debatten. Als kürzlich ein Imam ihr als Frau den Handschlag verweigerte, nutzte sie die Aufregung geschickt für ihr Image als bodenständige Politikerin.

Ihren Wahlkampf hat sie hoch professionell organisiert. Sie hat die notorisch zerstrittene Pfalz-CDU hinter sich vereint. Julia Klöckner ist bereit für den Machtwechsel.

Bei Markus Lanz hat Julia Klöckner an diesem Abend leichtes Spiel. „Macht Politik im Moment eigentlich Spaß?“, fragt sie der Gastgeber zum Einstieg, und dies bleibt für längere Zeit seine kritischste Frage.

Lanz spielt damit natürlich auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte an. Wie Malu Dreyer will auch Julia Klöckner „den Zuzug drosseln“ und keine Obergrenze. Allerdings fordert sie keine Kontingente, sondern „Belastungsgrenzen“. Wie dies konkret aussehen soll, interessiert Lanz nicht. Der fragt stattdessen: „Sind Sie eher Merkel oder eher Seehofer?“ Das sei ja wohl „eher die schlichte Art von Frage“, kontert Klöckner schlagfertig und der Applaus ist ihr sicher.

Klöckner wirbt bei Lanz für ein Burka-Verbot

Dann wirbt Klöckner noch schnell für ihr Lieblingsthema Burka-Verbot: „Vollverschleierung ist ein Thema.“ Auch wenn die Zahl der Burka-Trägerinnen in Deutschland überschaubar ist. Es müsse „klare Spielregeln geben, klare Säulen“ in unserer Gesellschaft. Ganz ohne „law and order“ geht es nicht in der CDU.

Dreyer und Klöckner respektieren sich gegenseitig, politisch wie menschlich. Sie vermeiden im Wahlkampf persönliche Angriffe und scharfe Attacken. Beide, so heißt es, hätten lieber einen Mann als Gegner gehabt. Man wird sehen, ob es in der heißen Phase vor dem Wahltag so entspannt bleibt; etwa Anfang März, wenn es zum richtigen TV-Duell Dreyer-Klöckner kommt.

Wer von den beiden nach dem 13. März in Mainz regieren wird, hängt aber von vielen Faktoren ab: Ob es die FDP, die AfD oder die Linkspartei in den Landtag schafft, etwa. Oder für welchen Koalitionspartner sich gegebenenfalls die Grünen entscheiden. Sie regieren aktuell mit SPD-Frau Dreyer, wären aber wohl zumindest offen für Gespräche mit Klöckners CDU.

An der Spitze der rheinland-pfälzischen Grünen steht in diesem Wahlkampf übrigens ebenfalls eine Frau – Eveline Lemke. Man darf vermuten, dass sie demnächst in einer Fernsehtalkshow zu sehen sein dürfte, vielleicht sogar bei Markus Lanz. Der könnte sie dann fragen: „Sind Sie eher Dreyer oder eher Klöckner?“

Hier gibt es „Maybrit Illner“ und hier „Markus Lanz“ in der ZDF-Mediathek.