Hamburg. Xavier Naidoo und der ESC: Nachdem der NDR die Teilnahme des Sängers zurückgezogen hat, gibt’s Kritik am Vorgehen vom ARD-Programmchef.

ARD-Programmdirektor Volker Herres hat dem NDR eine vorschnelle Nominierung Xavier Naidoos für den Eurovision Song Contest 2016 vorgeworfen. „Xavier Naidoo hat mehrfach Äußerungen getätigt, die man nicht gutheißen kann und missbilligen muss“, sagte Herres der „Welt am Sonntag“. „Ob ihn das als begnadeten Künstler, der er zweifelsohne auch ist, für eine Teilnahme am ESC disqualifiziert, ist eine Frage, die man kontrovers diskutieren kann und muss. Ich hätte es begrüßt, wenn diese Diskussion ARD-intern hätte geführt werden können, bevor mit der Nominierung Fakten geschaffen wurden“, kritisierte Herres. „So ist das alles sehr unglücklich gelaufen.“

Der NDR hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass Naidoo für Deutschland singen soll, ohne dass er sich in einem Vorentscheid gegen andere Kandidaten durchsetzen müsste. Dagegen regte sich heftiger Widerstand. Am Samstag gab der Sender schließlich bekannt, dass der 44-Jährige nun doch nicht antreten wird. Man sei von der Wucht der Kritik an Naidoo überrascht worden.

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„Die Nominierungs-Entscheidung liegt beim NDR, der den ESC allein verantwortet und in das ARD-Gemeinschaftsprogramm einbringt“, sagte Herres der Zeitung. „Dort wurde jetzt auch die Entscheidung getroffen, Naidoo als Vertreter Deutschlands beim kommenden Song Contest in Stockholm zurückzuziehen.“

Thomas Schreiber ist Unterhaltungskoordinator der ARD und beim NDR Unterhaltungschef. Er hatte die Entscheidung für Naidoo erst verteidigt – und dann zurückgenommen.
Thomas Schreiber ist Unterhaltungskoordinator der ARD und beim NDR Unterhaltungschef. Er hatte die Entscheidung für Naidoo erst verteidigt – und dann zurückgenommen. © dpa | Jörg Carstensen

ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber hatte den Rückzieher damit begründet, dass die laufenden Diskussionen dem ESC ernsthaft schaden könnten. So schnell wie möglich solle nun entschieden werden, wie der deutsche Beitrag für den Wettbewerb in Stockholm gefunden wird. Schreiber betonte zugleich: „Xavier Naidoo ist ein herausragender Sänger, der nach meiner Überzeugung weder Rassist noch homophob ist.“

Naidoo hat in der Vergangenheit mehrfach für Diskussionen gesorgt. Am Tag der Deutschen Einheit 2014 sprach er vor rechtspopulistischen Reichsbürgern, die Deutschland nicht als souveränen Staat anerkennen. 2012 rief der Text des Liedes „Wo sind sie jetzt“ von Naidoo und Kool Savas Ärger hervor. Dort geht es in sehr vulgärer Sprache um Kindermorde – Passagen wurden als schwulenfeindlich kritisiert, Homosexuelle würden mit Pädophilen gleichgesetzt.

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Der 44-Jährige gab sich nach der Absage kämpferisch. „Meine Leidenschaft für die Musik und mein Einsatz für Liebe, Freiheit, Toleranz und Miteinander wird hierdurch nicht gebremst.“ Er machte gleichzeitig klar, dass der Entschluss, nicht für Deutschland beim Grand Prix zu singen, einseitig gefasst worden sei. „Wenn sich nun kurz nach unserer vertraglichen Einigung mit dem NDR und dem Abschluss aller Vorbereitungen die Planungen der ARD durch einseitige Entscheidung geändert haben, dann ist das OK für mich.“ (dpa)