Berlin. . An der düsteren Erfolgsserie „Occupied“ war der Erfolgsautor Jo Nesbø beteiligt. Die Serie sorgte für diplomatische Verstimmungen.

Es hat viel diplomatisches Gebrumm gegeben um diese Serie, das kann kaum verwundern. Als sie nach einer Idee des norwegischen Erfolgsautors Jo Nesbø für das Rekordbudget von mehr als 10 Millionen Euro für den Sender TV2 verfilmt wurde, hielt man sie noch für ein politisch irreales Zukunftsschauermärchen. Als dann Monate später die ersten Ausschnitte kursierten, schaltete sich der russische Botschafter in Oslo ein. Er finde es bedauerlich, sagte Vyacheslav Pavlovsky, dass 70 Jahre nach dem Sieg gegen den Nationalsozialismus diese Serie ausgestrahlt werde, „als hätten die Autoren den heroischen Beitrag vergessen, den die Rote Armee zur Befreiung Nordnorwegens von den deutsch-faschistischen Eindringlingen geleistet hat“.

Die Norweger schalteten die erste Folge von „Okkupert“, wie die von Erik Skjoldbjærg gedrehte Staffel in der Originalsprache heißt, dennoch mit Rekordbeteiligung ein.

Was eigentlich ein Menschheitstraum ist – entpuppt sich zum Alptraum

Tatsächlich kann man nicht eben sagen, dass die Russen in dieser Geschichte gut wegkommen. Sie spielt, wie der Vorspann ankündigt, „in einer nicht allzu fernen Zukunft“. In Norwegen hat man ein Mineral namens Thorium entdeckt, mit dem sich nicht nur umweltschonend Energie erzeugen lässt, sondern das auch vollständig recyclebar ist. In den ersten Szenen verkündet Ministerpräsident Jesper Berg (Henrik Mestad) den Beginn einer neuen Zeit: Norwegen wolle vollständig aus der Öl- und Gasproduktion aussteigen. Es ist ein Menschheitstraum, das Ende von CO2-Produktion und Klimawandel. Aber stattdessen beginnt ein Alptraum.

Berg wird von russischen Milizionären entführt. In einer Videobotschaft erklärt man ihm, Russland werde mit Billigung der Europäischen Union die Öl- und Gasbohrplattformen sowie die Tankschiffe des Landes besetzen und diese erst dann wieder freigeben, wenn Norwegen zur traditionellen Energiegewinnung zurückkehre. Denn Europa und Russland hängen an Norwegens Exporten. Norwegens Energieversorgung ist also unter russischer Besatzung.

Kluge Winkelzüge in der Handlung sorgen für zusätzliche Spannung

Als das reale Russland im Frühjahr 2014 die Krim annektierte, bekam diese Fantasie symbolisches Gewicht, das die Produzenten gar nicht vorausahnen konnten. Gewiss, die Norweger hatten dem militärischen Treiben ihres Nachbarstaats im Norden immer schon mit Bauchschmerzen zugesehen. Nun aber bekam die Produktion die Qualität eines Kassandrarufs.

Das verleiht dem, was wir sehen, einen brisanten Unterton. Ein Bodyguard des Ministerpräsidenten wird durch einen Zufall in die Rolle eines diplomatischen Unterhändlers gedrängt. Moskaus Botschafterin agiert, als wäre sie die neue Staatschefin. Der tschetschenische Terrorismus findet plötzlich in Oslo einen neuen Schauplatz. Es sind die klugen Winkelzüge des Plots, die „Occupied“ zu einer so außergewöhnlichen Serie machen.

Fazit: „Occupied“ erzählt sehr beklemmend von einem Europa im latenten Kriegszustand. Einem Europa, das sich keiner wünschen kann.

Donnerstag (19. November), Arte, 20.15 und 21 Uhr