Eine reiche Frau beginnt eine Affäre mit einem Charmeur – und wird erpresst. Der Film „In der Falle“ bedient aber nicht nur Klischees.

Niemand hätte bei ihr damit gerechnet, sie selbst am allerwenigsten. Firmenchefin Simone Carstensen-Kleebach ist der Typ Frau, der einen Fehltritt bestenfalls vom Hörensagen kennt. Das Wort Selbstkontrolle scheint für sie erfunden. Ihr Leben spielt sich in gläsernen Büros und Vorstandsetagen ab; in der Familienvilla ließe sich ohne Probleme eine 18-Loch-Golfanlage unterbringen. Dass diese Vorzeigefrau sich auf eine Affäre einlässt, wirkt im Rückblick vollkommen absurd. Aus dem Moment heraus ist es sehr nachvollziehbar.

Die Chemie zwischen den Darstellern ist nicht nur behauptet

Regisseurin Nina Grosse nimmt sich viel Zeit, die schrittweise Annäherung zwischen der reichen verheirateten Geschäftsfrau und dem Künstlertyp mit Welterklärergestus zu erzählen. Dabei kann sie auf Schauspieler setzen, zwischen denen die Chemie nicht krampfig behauptet werden muss. Claudia Michelsen und Michael Rotschopf schaffen es, beim frühmorgendlichen Schwimmtraining zwischen Badekappen und Chlorgeruch die Funken zwischen ihren Figuren sprühen zu lassen. Dass die beiden übereinander herfallen werden, steht nach dieser Szene außer Frage – einzig das Wann und Wo muss noch geklärt werden.

In dieser Hinsicht mag das ARD-Drama „In der Falle“ reichlich vorhersehbar sein. Ungewöhnlich wird es durch den rasanten Genrewechsel, den der Film nach einer knappen Stunde vollzieht. Was als öffentlich-rechtliche Liebesverwirrung beginnt, wandelt sich in Richtung Krimi-Drama mit clever gewähltem Opfer. Denn Leon hat es weniger auf Simones Körper und ihren klugen Verstand abgesehen als auf ihre Aktienpakete.

Claudia Michelsen macht die Zerbrechlichkeit ihrer Figur deutlich

„In der Falle“ erinnert an die Geschichte um Susanne Klatten, BMW-Großaktionärin und reichste Frau Deutschlands, die 2008 in die Schlagzeilen geriet. Um ihren Liebhaber vor der italienischen Mafia zu schützen, die diesen angeblich bedrohte, half sie ihm mit mehreren Millionen Euro aus, später erstattete sie Anzeige gegen ihn. Auch Simone Carstensen-Kleebach wirft mit gefüllten Geldkoffern um sich, als wären es Stofftiere. Dafür muss der neue Mann in ihrem Herzen nicht mehr tun, als ihr eine rührende Story um einen Kunstskandal mit verhängnisvollem Ausgang zu verkaufen.

Was sich hier liest wie eine Klischeeanhäufung der übelsten Sorte – reiche Mittvierzigerin verfällt Gigolo –, befreit Claudia Michelsen aus dem Klammergriff des Heftchenromans. Sie macht die Zerbrechlichkeit ihrer Figur hinter der leistungsorientierten Fassade spürbar.

Fazit: Über Affären gibt es tausendundeine Geschichte. Überzeugende Gründe, sich den Film am Mittwochabend um 20.15 Uhr in der ARD dennoch anzusehen, sind die raffinierte Erzählweise und die Schauspielerin Claudia Michelsen.