Sozial-Experiment als Reality-Show: In „Plötzlich Krieg?“ geht es um Gruppendynamik. Die Kandidaten kommen aus Hamburg und Berlin.

Wie leicht lassen sich Menschen gegeneinander aufhetzen? Diese Frage ist das Thema der Realityshow „Plötzlich Krieg? Ein Experiment“, die am Dienstag startete, am Mittwoch schon in die letzte Runde geht und die klären will: Ist Fremdenhass eine Frage der Manipulation?

Das Format, moderiert von Jochen Schropp, mag manchem Fernsehzuschauer bekannt vorkommen – auch in „Big Brother“ oder „Newtopia“ steht das Verhalten von Menschen in einer besonderen Situation im Fokus. Gleiches gilt für das RTL-Dschungelcamp – während dort allerdings jeder Teilnehmer für sich kämpft, sind es bei „Plötzlich Krieg?“ zwei Gruppen von je sechs Teilnehmern, die gegeneinander aufgehetzt werden.

Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip ausgesucht

Um sich gegenseitig fertigzumachen, müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein, wie Versuchsleiter und Psychotherapeut Christoph Lesko, der das Projekt wissenschaftlich begleitet, erklärt: Beide Gruppen müssen sich selbst für die Guten und die anderen für die Bösen halten. Zudem müssen die Gruppen davon überzeugt sein, dass die Bösen den Guten etwas wegnehmen wollen. Dass das funktioniert, hat schon George Orwell geradezu lehrstückhaft in seinem Roman „1984“ gezeigt.

Testlabor für „Plötzlich Krieg“ war ein ehemaliges Stasi-Krankenhaus in Berlin, in dem die Gruppen fünf Tage getrennt voneinander untergebracht waren. Die Teilnehmer kannten sich nicht. Per Zufallsprinzip wurden sie auf der Straße ausgewählt – vornehmlich in Berlin und Hamburg: Normale Leute, vom Fitnesstrainer über die Eventmanagerin, den Kaufmann, die Kellnerin oder den Studenten.

Entlarvende Einblicke

Das Experiment läuft so: Erst schnappt das eine Team („die Blauen“) dem anderen („die Roten“) das Frühstück weg, was die Stimmung schon mal erheblich aufheizt. Dann geht es zum Kräftemessen, wo die einen die anderen plattmachen wollen. Der Zuschauer wird unmittelbar Zeuge der zunehmenden Verrohung. So kann aus dem Spiel bitterer Ernst werden, indem etwa durch die ungleiche Verteilung von Essensrationen Missgunst und im Anschluss die Existenzfrage provoziert wird – die oder wir? Im zweiten Teil trägt die gezielte Eskalation Früchte: Die Teams Rot und Blau sind sich spinnefeind, gehen aufeinander los und lassen bis zum Schluss offen, ob es Krieg gibt oder Frieden.

Jeder der Teilnehmer sollte eigentlich wissen, dass er Teilnehmer in einer Show ist, in der es um die Macht der Manipulation geht. Umso entlarvender im Hinblick auf menschliche Verhaltensmuster erscheint es dann, dass sich die negativen Antriebe Habgier, Neid oder Revierverteidigung trotzdem auf eindrucksvolle Weise Bahn brechen.

Er moderiert die Psycho-Show: Jochen Schropp.
Er moderiert die Psycho-Show: Jochen Schropp. © dpa | Daniel Bockwoldt

Fazit: „Plötzlich Krieg?“ zeigt schlüssig auf, wie Konflikte entstehen. Eine Lehrstunde über Stigmatisierung und Diskriminierung.

ZDFneo, Mittwoch 28.10.2015, 21.45 Uhr