Sieben Meisterwerke aus Kunsthalle gestohlen, unter anderem von Matisse, Monet, Picasso und Gauguin - Experten erwarten Lösegeldforderung.

Rotterdam. Die Diebe kamen in der Nacht. Sie müssen ihre Tat präzise vorbereitet haben, denn als die Polizei eintraf, waren die Einbrecher mit ihrer Beute verschwunden. Bei einem der spektakulärsten Kunstraube in den Niederlanden haben Unbekannte in der Kunsthalle von Rotterdam sieben Gemälde im Millionenwert gestohlen.

Die Einbrecher stiegen zwischen drei und vier Uhr gestern Morgen in das Museum ein, das seit 7. Oktober anlässlich seines 20-jährigen Bestehens mehr als 150 Werke der bedeutendsten und einflussreichsten Künstler vom späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart zeigt. Die Polizei wurde zwar vom Sicherheitsdienst der Kunsthalle über einen Alarm informiert - zu spät. Sie hat die Ermittlungen aufgenommen und untersucht unter anderem, wie die Diebe in das Gebäude eindringen konnten. "Wir untersuchen zurzeit das Gebäude mit den vielen unterschiedlichen Ausstellungssälen. Wir haben allerdings noch keine Ahnung, wer die Täter sein könnten oder wo sich die Bilder nun befinden könnten", sagte Polizeisprecher Roland Ekkers. Allerdings können wir eine Sache sicher sagen: Der Raub war sehr gut vorbereitet."

Bei den entwendeten Bildern handelt es sich um Picassos "Tête d'Arlequin" (1971), Monets "Waterloo Bridge, London" (1901) und "Charing Cross Bridge, London", Henri Matisses "La Liseuse en Blanc et Jaune" (1919), Paul Gauguins "Girl in Front of Open Window" (1898), Meyer de Haan's "Self-Portrait" (um 1890) und Lucian Freuds "Woman with Eyes Closed" (2002).

Die Kunstwelt reagierte geschockt. Die Werke seien von "beträchtlichem Wert", sagte Mariette Maaskant von der Kunsthalle. Experten halten sie für unverkäuflich. "Damit will niemand etwas zu tun haben", sagte der Direktor des Auktionshauses Christie's in Amsterdam, Jop Ubbens. "Am wahrscheinlichsten ist, dass sie gestohlen wurden, um Lösegeld zu bekommen."

Der spektakuläre Kunstdiebstahl in Rotterdam erinnert an frühere Fälle: Im August 1911 war die "Mona Lisa", das Meisterstück von Leonardo da Vinci, plötzlich aus dem Pariser Louvre verschwunden. Es sollte zwei Jahre dauern, den Dieb zu finden: Vincenzo Peruggia, ein Angestellter, hatte das Bild von der Wand abgehängt, es auf einer Toilette versteckt und nach Dienstschluss unter dem Mantel aus dem Louvre geschmuggelt.

Im März 1990 legten zwei Diebe in Polizeiuniform das Personal des Museums Isabella Stewart Gardner in Boston herein. Das Paar erschien nachts am Museum und gab vor, einen Notruf zu verfolgen. Als die falschen Polizisten eingelassen wurden, fesselten sie zwei Aufpasser und entwendeten Kunst im Wert von 300 Millionen Dollar (230 Millionen Euro). Die Bilder von Vermeer, Rembrandt und Manet sind bis heute nicht wieder aufgetaucht.

Im Juli 1994 verschwanden aus der Kunsthalle Schirn in Frankfurt am Main drei Ölgemälde - "Nebelschwaden" von Caspar David Friedrich sowie die Bilder "Licht und Farbe" und "Schatten und Dunkelheit" von William Turner. Die Täter hatten sich im Museum einschließen lassen. Der Versicherungswert wurde mit 70 Millionen Mark (etwa 35 Millionen Euro) angegeben. Die Bilder konnten Jahre später über Hehler zurückgekauft werden. Im Mai 2003 stahl ein Alarmanlagenexperte die "Saliera" von Benvenuto Cellini aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien. Das goldene Salzfässchen hat einen Wert von etwa 40 Millionen Euro. Erst 2006 stellte sich der Dieb der Polizei und gab die "Saliera" zurück.

Im August 2004 wurden zwei Hauptwerke von Edvard Munch aus dem Museum in Oslo gestohlen. Drei Männer verschafften sich mit Schusswaffen tagsüber Zugang und konnten mit "Der Schrei" und "Madonna" entkommen. Zwei Jahre später tauchten die für 141 Millionen Dollar (108 Millionen Euro) versicherten Bilder wieder auf. Im Februar 2008 betraten drei maskierte Männer kurz vor der Schließzeit das Kunstmuseum Bührle in Zürich. Einer hielt die Wachen mit einer Pistole in Schach, die beiden anderen sammelten vier Gemälde von Cézanne, Degas, van Gogh und Monet im Gesamtwert von 163 Millionen Dollar (125 Millionen Euro) ein. 2006 wurden die Bilder von van Gogh und Monet wiedergefunden. Im Mai 2010 machte ein defektes Alarmsystem des Pariser Museums für Moderne Kunst es einem Dieb einfach. Er musste nur ein Vorhängeschloss knacken und ein Fenster einwerfen, um in das Museum zu gelangen. 15 Minuten später war er verschwunden - und mit ihm ein Picasso, ein Matisse und drei weitere Werke, deren Gesamtwert auf 123 Millionen Dollar (94 Millionen Euro) beziffert wird. Der Fall ist bis heute ungelöst.