Das Publikum feiert die Hamburger Symphoniker und ihren genesenen Dirigenten Tate beim Rathauskonzert. Brill die Entdeckung des Abends.

Hamburg. Er sei dem Tod von der Schippe gesprungen, so hat der schwer erkrankte Jeffrey Tate am Dienstag im Abendblatt-Interview gesagt. Beim sechsten Rathauskonzert seiner Hamburger Symphoniker hatte der wieder Genesene am Dienstag nun seinen ersten öffentlichen Auftritt am Pult. Die beste Nachricht vorweg: Jeffrey Tate ist offenbar wieder ganz der Alte.

Mit typisch britischem Understatement hatte der Symphoniker-Chef schon im Vorfeld verkündet, dass man eingedenk der heiklen Open-air-Akustik des Rathausinnenhofes ja doch nicht viel mehr als ein "joyful noise" (ein fröhliches Lärmen) liefern könne. Aber so heikel die Position der Kunst, eingeklemmt zwischen Börse und Rathaus, auch sein mag - die Rückkehr des Klangästheten ins musikalische Leben war natürlich alles andere als lärmend.

+++Interview mit Jeffrey Tate: "Ich habe gezweifelt, ob ich noch lebe"+++

Mit den "Matinées musicales" und den "Soirées Musicales" von Britten/Rossini standen zwei Suiten auf dem Programm, die der Substanz nach beste Unterhaltungsmusik sind, aber von Britten orchestral veredelt wurden. Dazu kamen Mozarts feinsinniges Klarinettenkonzert KV 622 und der Klassiker aller Freiluftmusiken: Händels "Feuerwerksmusik".

Was von Rossini auf Effekt komponiert wurde, wie die Rausschmeißer am Ende jeder Suite, kam in Tates Lesart gewohnt distinguiert über den Innenhof; der Klangzauber von Brittens Orchestration, besonders in der herrlichen "Canzonetta", erblühte unter seinen Händen dafür umso mehr.

Die Entdeckung des Abends war sicher die exzellente Klarinettistin Shirley Brill. Zwar musste Tate sein Orchester ab und an bis zur Unhörbarkeit abdämpfen, aber dafür drang eine Ahnung von der Feinheit ihres Spiels bis zu den hinteren Sitzreihen. Gerade die vielen Abstecher ins dunkle, tiefe Register, die in Mozarts Original stehen und die man so erst wieder zu hören bekommt, seit die Bassett-Klarinette sich durchgesetzt hat, kostete die junge israelische Musikerin mit Lust aus.

Einem "joyful noise" am nächsten kam an diesem schönen Sommerabend Händels "Feuerwerksmusik". Das Orchester, das nach Tates Worten schon "wie eine Familie" für ihn sei, hat sich auf seinen Stil inzwischen bestens eingestellt. Nur das Blech hatte mit der angelsächsischen Contenance ab und an noch seine Schwierigkeiten.

Ob es Lust auf eine Zugabe habe, fragte Tate nach vollbrachtem Konzert und einigen persönlichen Worten sein Publikum. Es hatte Lust, natürlich. Und mit Standing Ovations bezeugte das Publikum darüber hinaus seine Hoffnung auf viele weitere Konzerte mit Jeffrey Tate.