Rainald Grebe inszeniert im Thalia Theater ein musikalisches Stück, das sich auf die Suche nach der heutigen „Volksmusik“ begibt.

Im großen Saal am Alstertor kennt er sich aus. Vor gut einem Jahr stand Rainald Grebe im Thalia Theater in "Die WildeWeiteWeltSchau" auf der Bühne, begleitet von Mitgliedern des Leipziger Centraltheaters. Die Revue rund ums Reisen war ein Gastspiel der Lessingtage 2012. Thalia-Intendant Joachim Lux hatte Grebe nicht nur zum Theaterfestival eingeladen. Er hatte den Musiker und Autor nach einer Vorstellung in Leipzig auch gefragt, ob er mal in seinem Haus inszenieren wolle.

Auf der Bühne sitzt Grebe meistens am Klavier, nun sitzt er an einem Tisch im Halbdunkel des Thalias auf der Ebene zwischen Parkett und Rang. Probenpause. In Hamburg hat Grebe - Kennzeichen auf der Bühne: weit aufgerissene Augen und schräge Reime sowie ab und an Indianerschmuck auf dem Kopf - im kleinen Polittbüro, im größeren CCH 2 und mit seinem Orchester der Versöhnung zuletzt vor fast 3000 Anhängern auf der Stadtparkbühne gespielt. Die Menschen folgen ihm: Der gebürtige Kölner, jüngst mit dem Deutschen Kabarettpreis 2012 ausgezeichnet, ist einer der anarchischsten und doch analytischsten Künstler unserer Zeit. Lieder wie "Brandenburg" oder "Dörte" (die nur Heinz Rudolf Kunze hörte) über die demografische und geistige Verödung zeugen davon.

"Irgendwann haben die Leute immer öfter meine Lieder mitgesungen", nennt Grebe einen Ansatz seines neuen Stücks. Es heißt "Volksmusik". "Welche Tradition hat das Lied noch bei uns?", fragt er. Auf Reisen durch Ostafrika und durch Mexiko fiel ihm auf, dass alte und junge Menschen dort viel öfter gemeinsam singen - Volkslieder.

Wo singt das deutsche Volk? Zum Zweck der "Feldforschung" hat sich Grebe beim Weihnachtssingen unter 20.000 Fans des Kult-Fußballclubs Union Berlin gemischt und ein HSV-Heimspiel besucht, das Millerntor auf St. Pauli aber ausgespart. Auch die Abteilung Ballermann und Après-Ski, sprich "Deutsche im Ausland", versucht Regisseur Grebe bei der Suche nach einem Gesangsbuch der Gegenwart zu integrieren. Mickie Krause ("Zehn nackte Friseusen"), vor allem auf Mallorca ein Hit, sei "ein großer Volksdichter", bemerkt Grebe augenzwinkernd. Indes: "Das ist ja hier keine Bumsbude."

Im Thalia singt unter Leitung Jens-Karsten Stolls ein "Hamburger Volkschor" - 16 Frauen und Männer aller Altersstufen und Herkunftsländer -, dazu Grebe mit der Kapelle der Versöhnung. Auch er hat neue Songs in petto. "Der Rahmen und die Form machen den Inhalt aus, den Gestus von Menschen. Damit spiele ich", sagt der Liedermacher. Schauspieler des Thalia-Ensembles sind nur per Einspielfilm zu sehen - als Gäste in einem anatolischen Kulturzentrum. Stattdessen gilt diesmal im Theatersaal: Mitsingen möglich.

"Volksmusik" Premiere Sa 23.3., 20.00, So 24.3., 19.00, Mi 27.3., Thalia Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, Karten zu 9,50 bis 66,-: T. 32 81 44 44

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