Karin Henkel bringt Ödön von Horváths “Glaube Liebe Hoffnung“ ab 22.11. auf die Bühne des Schauspielhauses.

Hamburg. Das spannungsreiche Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft bleibt in dieser Spielzeit ein beherrschendes Thema am Schauspielhaus. Für die Premiere am 22. November erarbeitet derzeit Karin Henkel Ödön von Horváths "Glaube Liebe Hoffnung". Die junge Elisabeth erleidet in dem Stück, das Horváth 1932 nach einem wahren Fall mithilfe des Gerichtsreporters Lukas Kristl verfasst hat, ein zeitloses Schicksal von sozialer Ausgrenzung.

Die Regisseurin selbst äußert sich nicht zum Stand der Arbeit. "Die Dinge sind für sie höchst komplex. Das macht es schwierig, sie auf einfache Formeln zu bringen", sagt an ihrer Stelle Dramaturgin Stephanie Lubbe, die mit Henkel auch schon bei "Medea" zusammengearbeitet hat. Henkel schraubt und feilt bis zum Tag der Premiere an der Inszenierung. Manchmal ändern sich da Dinge auch noch am Tag vor der Premiere. Eine Methode, die bislang in ihren Inszenierungen von "Medea", "Komödie der Verführung" und "Minna von Barnhelm" am Schauspielhaus aufging.

In "Glaube Liebe Hoffnung" lassen sich aktuelle Krisenphänomene wie die verbreitete Angst vor Statusverlust unschwer wiedererkennen. Die Korsettvertreterin Elisabeth wird ohne Wandergewerbeschein erwischt und zu einer Strafe in exakt der Höhe verurteilt, die ein solcher Schein üblicherweise kostet. Um das Geld aufzutreiben, will sie zu Lebzeiten ihre Leiche für die Forschung zur Verfügung stellen. Der Präparator leiht ihr daraufhin mitleidig das Geld. Elisabeth begleicht ihre Strafe, doch der Schwindel fliegt auf. Sie wird erneut verurteilt. Die junge Frau gerät in einen ausweglosen Kreislauf aus Lügen und existenzieller Not. Auch die zart keimende Liebe zu einem Schutzpolizisten kann sie nicht erlösen. Für ihn gefährdet der Kontakt zu einer Vorbestraften den ersehnten Karriereschub.

Gerichtsreporter Kritzl regte Horváth an, eine Geschichte über die kleinen Paragraphen und ihre Wirkung auf den Menschen zu schreiben. Horváth weitete den Stoff anthropologisch aus, um sich mit seinem großen Thema, dem Kampf von Individuum und Gesellschaft auseinanderzusetzen. "Die Frage ist, wie kann eine Gesellschaft funktionieren, wenn die Mitglieder sich untereinander bekämpfen", sagt Stephanie Lubbe.

Regisseurin Henkel ist dafür bekannt, über Frauenfiguren noch einmal anders nachzudenken. In Jana Schulz hat sie hierfür eine ideale Schauspielerin gefunden, die die Rolle mit einem sehr ernsten, identifikatorischen Ansatz angeht. Elisabeth wird bei ihr nicht bloß das Opfer sein. "Sie wird schlecht behandelt, aber sie weiß auch auszuteilen und nutzt die Mechanismen der Gesellschaft", so Lubbe. Um dies deutlicher zu dokumentieren hat das künstlerische Team die letztgültige Fassung um Szenen aus anderen Fassungen ergänzt.

Die Inszenierung des - so der Untertitel - "kleinen Totentanzes" nimmt Horváth und seine literarische Zielbestimmung "Erkenne Dich selbst!" beim Wort. Der Erneuerer des Volksstücks wollte eine Synthese aus Ernst und Ironie schaffen. Seine "Komödien" hat er mit einer "Gebrauchsanweisung" versehen. "Milieubilder und Naturalismus sind verboten", sagt Stephanie Lubbe. Der Text ist zwar im Dialekt geschrieben, soll aber mit einem intensiven Bemühen um das Hochdeutsche gesprochen werden.

Wie stets bei Horváth ist auch "Glaube Liebe Hoffnung" natürlich eine Tragödie. Sie wird nur "komisch" durch das Unheimliche. Alle Figuren sind typisiert. Für Horváth können die Rollen nicht genug, übertrieben, in Maske und Kostüm auf realistischer Basis gespielt werden. Entsprechend werden die Nebenfiguren in unterschiedlichen Maskierungen auftreten. Dazu Stephanie Lubbe: "Die Schwierigkeit besteht darin, sich nicht kabarettistisch auf die Pointen draufzusetzen, sondern es scharf zu kriegen."

Glaube Liebe Hoffnung Premiere So 22.11., 20.00 Uhr, Schauspielhaus (U/ S Hbf.), Kirchenallee 39, Karten von 11 bis 55 Euro unter T. 24 87 13 oder unter www.schauspielhaus.de