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Kampnagel: Was Glühwürmchen über den Klimawandel denken

| Lesedauer: 3 Minuten
Annette Stiekele
Die Theatermachern Steffen Pop und Amelie Hensel auf einer Kampnagel-Probebühne.

Die Theatermachern Steffen Pop und Amelie Hensel auf einer Kampnagel-Probebühne.

Foto: Roland Magunia

Im Kampnagel-Livestream sagen auch der Schierlings-Wasserfenchel, die Elbe und der öffentliche Nahverkehr ihre Meinung.

Hamburg.  Ursprünglich wollten die Theatermacher Steffen Popp und Amelie Hensel vor Publikum eine Bühnen-Performance zum Thema Klimawandel kreieren, doch im Zuge der Pandemie mussten sie ein wenig umdenken. Frei nach einer Idee des Philosophen Bruno Latour („Das Parlament der Dinge“) inszenieren sie nun ein Plenum, in dem alle Stimmen – aller Lebewesen, aber auch Dinge – gehört und wirkmächtig werden sollen. Nicht nur die der Menschen, die lediglich 0,01 Prozent der Biomasse der Erde ausmachen.

Vom 20. bis 22. November tagt die „Gründungsversammlung eines Klimaparlaments sämtlicher Wesen und Unwesen“ als partizipatives Theaterprojekt auf Kampnagel – im digitalen Raum und für jedermann zugänglich. Geplant war die Performance eigentlich im Monsun-Theater, sie musste jedoch wegen der dortigen Bauarbeiten den Ort wechseln.

„Wir sind ja alle aufgeklärt, was den Klimawandel angeht, aber keiner ist bereit, seinen Alltag zu verändern“, sagt Amelie Hensel. Deshalb sei eine emotionale und persönliche Ansprache wichtig. Hensel ist Bühnenbildnerin und Ausstatterin. Den Theaterregisseur Steffen Popp kennt sie von einer klassischen Theaterproduktion, doch bald waren sich beide einig, dass sie stärker mit Formen experimentieren wollten.

Interessierte können auf YouTube kostenlos zuschauen

Freiwillige, sogenannte Botschafter, sollen nun mit Drei-Minuten-Beiträgen den unterschiedlichen (Un-)Wesen eine Stimme geben. Wesen wie einer Grille oder einem Kaktus. Oder eben Unwesen, die nicht organisch oder lebendig, dennoch von Einfluss sind wie etwa der öffentliche Nahverkehr. Insgesamt 35 Botschafter haben sich nach einem Aufruf gefunden und werden ihre Plädoyers etwa für den Schierlings-Wasserfenchel, das Glühwürmchen oder die Elbe digital vortragen.

Die Freiwilligen seien Künstler, Aktivisten, aber auch Menschen, die kein berufliches gesellschaftliches Engagement betreiben, erläutert Steffen Popp. Die Bühne wird als eine Art Studio eingerichtet, Kameras wechseln zwischen der Bühne, den beiden Machern Popp und Amelie Hensel als Moderatoren und den per Video zugeschalteten Botschaftern hin und her. Die Zuschauer können das Ganze auf YouTube ver­folgen.

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An jedem Abend treten zwölf Botschafter mit ihren Appellen auf

Das Projekt ist zwar eine Kunstsimulation, aber durchaus ernst gemeint. „Es geht ja darum, auszuprobieren, was passiert, wenn die unterschiedlichen Interessen aufeinandertreffen. Kann ein Klimaparlament Kompromisse zwischen den Wesen und Unwesen finden, sodass es sich als einigermaßen repräsentativ und überhaupt beschlussfähig behaupten kann?“, fragt Steffen Popp.

An jedem Abend treten zwölf Botschafter mit ihren Appellen auf. In zwei Diskussionsrunden und drei Abstimmungen werden drei Plädoyers ausgewählt. Am Ende der drei Abende sollen so zehn Beschlüsse herauskommen, die das Duo dann tatsächlich auch der Politik überreichen will. Das Büro von Hamburgs Zweiter Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) hat bereits Interesse signalisiert.

„Gründungsversammlung eines Klimaparlaments sämtlicher Wesen und Unwesen“ nur online Fr 20./Sa 21.11., jew. 19.00, So 22.11., 17.00, kostenloser Livestream unter www.kampnagel.de